
5G-Antennen: Wohlen hebt Sistierung auf – selbst US-Magazin berichtete über Widerstand der «Alpenstadt»

Über 4 Millionen Leser erreicht das renommierte amerikanische Magazin «Bloomberg Businessweek», das sich bei Geschäftsleuten weltweit grosser Beliebtheit erfreut. Diese über 4 Millionen Leser lasen in der Ausgabe vom 20. Januar über Wohlen, eine Gemeinde, von der sie vorher wohl noch nie etwas gehört hatten. Gleich zu Beginn des Artikels «5G Has a Health-Scare Problem», der sich mit den Ängsten der Bevölkerung wegen 5G-Antennen auseinandersetzt, nahmen die US-Autoren Bezug auf die Gemeinde aus dem Aargau: «In der kleinen Alpenstadt Wohlen droht der neuesten
Generation des Mobilfunks ein schwerer Rückschlag. Die Schweizer Gemeinde will Sunrise und anderen Telekommunikationsunternehmen nicht erlauben, 5G-Antennen zu bauen und beruft sich dabei auf Bedenken bezüglich der Gesundheitsrisiken von Strahlen.»
Wohlen hat begonnen, die Baugesuche zu prüfen
Die «Alpenstadt», wie die Amerikaner Wohlen bezeichnen, hat ihren Widerstand indes eingestellt. «Wir haben die Sistierung der Baugesuche von 5G-Antennen im Januar aufgehoben», sagt Gemeindeammann Arsène Perroud auf Anfrage der AZ. Er begründet diesen Schritt damit, dass der Expertenbericht des Bundes, den man habe abwarten wollen, jetzt vorliegt. Damit habe man nun mehr Grundlagen, um die Bedenken und Ängste aus der Bevölkerung im Rahmen der Baubewilligungen beurteilen zu können. Befürchtungen zu 5G seien einige an die Gemeinde herangetragen worden, sagt Perroud. Er bedauert weiterhin, dass die Gemeinden lediglich die Kompetenz haben, Baugesuche für Antennen baurechtlich zu prüfen, der Erlass und die Überprüfung der Vorschriften über den Schutz des Menschen vor schädlicher oder lästiger Strahlung aber nicht in ihrer Kompetenz liegt.
Das umstrittene Vorgehen der Gemeinde Wohlen stand von vornherein rechtlich auf wackligen Füssen. Wie der Kanton Aargau in einem Info-Flyer schreibt, besteht «keine rechtliche Grundlage für den Erlass von 5G-Moratorien, soweit geltendes Recht eingehalten wird.» Und die Swisscom machte nach Bekanntgabe der Sistierung geltend, dass Wohlen mit diesem Entscheid gegen geltendes Bundesrecht verstosse. Dennoch war Wohlen nicht die einzige Gemeinde, die das Mittel der Sistierung trotz allem ergriff. Auch Urdorf ZH ging gleich vor, inzwischen ist das Moratorium auch dort wieder aufgehoben.
Gemeinderat Wohlen hat zwei 5G-Gesuche bewilligt
Der Widerstand von Kantonen und Gemeinden führte dazu, dass Telekommunikationsfirmen ihr 5G-Netz nicht so schnell ausbauen konnten, wie geplant. So konnte Sunrise 2019 nur halb so viele 5G-Antennen in Betrieb nehmen, wie der damalige CEO Olaf Swantee zu «Bloomberg Businessweek» sagte.
In Wohlen geht es nun für Sunrise wieder vorwärts. Ihre zwei bisher sistierten Baugesuche für 5G-Antennen hat der Gemeinderat in der Zwischenzeit behandelt und gutgeheissen. Das dritte Baugesuch, das von der Sistierung betroffen war, stammt von Swisscom. Der Baubewilligungsentscheid zu diesem hängigen Gesuch werde ebenfalls in Kürze publiziert, teilt die Gemeinde mit.
Auch vor der Sistierung der Baugesuche war Wohlen nicht frei von Strahlen von 5G-Antennen. Bereits damals waren zwei solche Anlagen in Betrieb. Mittlerweile sind es fünf, wie der Online-Übersichtskarte des Bundes zu entnehmen ist.
Die Sistierung der 5G-Baugesuche ab September hat nicht nur dazu gesorgt, dass eine internationale Zeitschrift über die «kleine Alpenstadt» Wohlen schrieb, sondern auch in der kommunalen Politik für Diskussionen gesorgt. In erster Linie hat das Vorgehen der Gemeinde Wohlen in der Fraktion der FDP/Dorfteil Anglikon Unverständnis ausgelöst. Thomas Geissmann, FDP-Einwohnerrat, sagte an einer Sitzung des Wohler Gemeindeparlaments: «Der Gemeinderat soll der Bevölkerung sachlich die Fakten zu 5G erläutern und nicht Bauvorhaben stoppen und diese damit in die Länge ziehen.»
Ganz anders sah dies CVP- Einwohnerrat Harry Lütolf, der die Sistierung der Baugesuche lobte. «Damit hat der Gemeinderat sich vorbildlich verhalten. Er hält die Volksgesundheit als wichtigstes Gut hoch.»