Honoraraffäre: So hat der Chefarzt das Kantonsspital Aarau geschädigt

Wenn ein Chefarzt eine Behandlung auf sich abrechnet, obwohl er diese gar nicht erbracht hat, bezieht er ein unrechtmässiges Honorar. Patienten und Krankenkassen erleiden keinen finanziellen Schaden, die Leistung ist immer gleich teuer – egal, ob ein Chefarzt, ein Leitender Arzt, ein Oberarzt, oder ein Assistenzarzt sie vornimmt. Für das Kantonsspital Aarau und den internen Geldfluss ist es aber entscheidend, welcher Name auf der Rechnung steht. Grund sind Honorarpools, die neben dem fixen Grundlohn ein wichtiger Bestandteil des Gesamtlohns eines Chefarztes sind. Das zeigt die Antwort der Regierung auf einen Vorstoss von SVP-Grossrat Jean-Pierre Gallati.

Insgesamt verdienten die 42 Chefärzte am Kantonsspital Aarau im letzten Jahr gut 20,7 Millionen Franken. Rund die Hälfte davon, knapp 10,3 Millionen Franken, stammten laut dem Regierungsrat aus den Honorarpools. Die Regierung erklärt weiter, dass «alle eingebrachten Mittel nach einem festen Schlüssel an Chefärzte und Leitende Ärzte» verteilt werden. Für die Kontrolle der Pools ist der CEO des Kantonsspitals zuständig.

In der Gefässmedizin, deren Chefarzt Hunderte von Abrechnungen manipuliert hat, funktioniert das System laut Informationen der AZ grundsätzlich so: Die ganzen Erträge der technischen Leistungen – dazu zählt zum Beispiel die Ausstattung des Spitals – gehen ans KSA. Bei den ärztlichen Leistungen ist es komplizierter: Wenn ein Chefarzt oder Leitender Arzt eine medizinische Leistung erbringt, fliessen 82,5 Prozent des Honorars in den Pool, 17,5 Prozent gehen ans KSA. Nimmt ein Oberarzt oder ein Assistenzarzt die Behandlung vor, fliessen nur 9 Prozent in den Pool, die restlichen 91 Prozent erhält das Spital.

Pool «zu hoch gespeist»
Dazu ein fiktives Zahlenbeispiel: Ein Patient erhält für eine Behandlung eine Arztrechnung über 2000 Franken. Davon werden 1000 Franken als technische und 1000 Franken als ärztliche Leistung verrechnet. Ist auf der Rechnung ein Chefarzt oder Leitender Arzt aufgeführt, fliessen vom Ertrag der ärztlichen Leistung 825 Franken in den Honorarpool,
175 Franken gehen ans KSA. Ist auf der Rechnung ein Ober- oder Assistenzarzt aufgeführt, fliessen hingegen nur 90 Franken in den Honorarpool, 910 Franken gehen ans KSA.

Rechnet nun ein Chefarzt die Leistungen auf sich ab, die in Tat und Wahrheit ein Oberarzt erbracht hat, entgehen dem Spital Einnahmen. Dies ist am KSA passiert: Laut dem Revisionsbericht der externen Prüfer von AWB Aarau wurde der Honorarpool in diversen Fällen jeweils «um 73,5 Prozent zu hoch gespeist.» Das heisst im Klartext: Geld, das eigentlich dem Spital zusteht, floss in den Honorarpool und später aufs Lohnkonto des fehlbaren Chefarztes.

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