Verletzte bei Räumung des besetzten Bell-Schlachthofs – Polizeieinsatz beendet

Die Solothurner Polizei brachte am Mittwochabend sämtliche Aktivisten aus dem Bell-Gebäude. Um 20 Uhr ging der Einsatz zu Ende. Gegen Abend verhielten sich die verbliebenen Tierschützer zunehmend renitent. Lange sei der Einsatz geordnet verlaufen, sagt Polizeisprecherin Astrid Bucher. Danach habe sich «die Situation verschärft». Bucher sagt: «Durch den Polizeieinsatz gab es vereinzelt Leichtverletzte.» Die Verletzungen bewegten sich im Bereich von Nasenbluten und Schulterproblemen. Ein Ambulanzteam verarztete die Betroffenen vor Ort. Niemand wurde ins Spital gebracht.

Ein Video, das die Aktivisten auf Facebook veröffentlichten, zeigt eine Festnahme: Der Mann am Boden wehrt sich gegen die Polizisten, die ihn zu Boden drücken.

Die Polizei begleitete die 134 Aktivisten vom Gelände und nahm deren Personalien auf. Anschliessend wurden sie frei gelassen. Alle beteiligten Personen werden sich laut einer Mitteilung der Solothurner Polizei strafrechtlich verantworten müssen – unter anderem wegen Hausfriedensbruchs. 

Bolzenschneider gegen Ketten

Zuvor waren die Aktivisten aufgefordert worden, die besetzten Räume der Bell AG zu verlassen. Ohne Erfolg. Freiwillig wollte man den Posten nicht räumen. Am Mittag begann die Polizei dann mit der Räumung. Eine langwierige und mühsame Angelegenheit, hatten sich die Eindringlinge doch beispielsweise mit Ketten festgemacht. Die Polizei musste mit Bolzenschneidern ans Werk. Einmal losgelöst, werden die Aktivisten der Organisation 269 Libération Animale ins Feuerwehrmagazin gebracht, wo sie kurz befragt werden. Diese Räumung dauerte bis in den Abend hinein. Nach 15 Stunden harrten immer noch deren 20 Aktivisten aus. Die Polizei setzte auch Tränengas ein.

Die Tierschutzaktivisten aus England, Belgien, Frankreich, Italien und der Schweiz waren in der Nacht in den Teil der Liegenschaft eingedrungen, wo die Tiere zum Schlachten angeliefert werden – den «Todestrakt», wie ihn die Aktivisten nennen. Mit dieser Aktion wollte die Organisation gegen die Tierausbeutung- und tötung protestieren. Die Besetzungs-Aktion sei keine Wahl, sondern eine dringende Notwendigkeit, um glaubwürdig zu sein und zu politisieren, schreibt «269 Libération Animale». Gefordert wird Gerechtigkeit für die Tiere. «Tiere haben Gefühle wie Menschen», sagt Aktivistin Elisa Keller gegenüber TeleM1. Deshalb sei es nicht nötig, diese zu essen.

 

Ein Facebook-Video der Organisation zeigt die Aktivisten, wie sie sich im Anlieferungsbereich in den Gängen, durch die die Rinder getrieben werden, verschanzt haben. Zudem machen sie Lärm, in dem sie an die Gitterstäbe schlagen:

Gespräche geführt

Die Kantonspolizei Solothurn war um 2.15 Uhr über die Protestaktion informiert worden. Noch vor deren Eintreffen verschafften sich die über 100 Personen illegal Zutritt ins Firmengebäude. Die Polizei umstellte das Gebäude und suchte zusammen mit der Geschäftsleitung der Bell AG das Gespräch mit den Aktivisten. Das Ultimatum, das Gebäude bis 10 Uhr freiwillig zu verlassen, verging ohne Reaktion. «Sie verliessen trotz mehrfacher Aufforderung das Firmengelände nicht freiwillig und mussten daher von der Polizei geordnet vom Gelände geführt werden», heisst es vonseiten der Kantonspolizei. 

 

Bauern, die ihre Tiere anliefern wollten, mussten am Mittwoch wieder umkehren. Das werten die Tierschützer als Erfolg. «Es gibt heute kein Opfer im Schlachthof Bell, was einem Sieg gegen diese Industrie entspricht», schreibt die Organisation 269 Libération Animale nach der Räumung auf ihrer Facebook-Seite. 

Für die Bauern bedeute die Protestaktion Ärger. Viehhändler Gotthard Plüss war nicht über die Aktion informiert und fuhr vergebens nach Oensingen. «Mindestens dreieinhalb Stunden bin ich für nichts umher gefahren», erzählt der Roggwiler im TeleM1. Die Tiere hätten dadurch Stress gehabt.

Angaben über Schäden an der Fleischfabrik liegen derzeit noch nicht vor, wie es bei der Kantonspolizei vor Ort hiess. 

 

Das 1971 gebaute Produktionsgebäude von Bell wurde seit der Inbetriebnahme mehrfach erneuert und ausgebaut. Zuletzt im Jahr 2005, als der Betrieb vollständig auf die Verarbeitung von Rindfleisch ausgerichtet wurde.

Derzeit sind Investitionen für den Ersatzbau des bestehenden Rinderschlachthofs sowie die Ansiedlung der Schweinezerlegerei in Oensingen geplant. (ldu/mwa)