Wenn das Handy zur Waffe wird

Seit Silvester kennen Hunderttausende Schweizerinnen und Schweizer das Restaurant «Alpenrose» in Leukerbad. Auf einen Schlag berühmt gemacht hat das Lokal Christa Rigozzi – mit einem Pranger-Post. Weil mit einer Reservation etwas schief lief und Rigozzis keinen Platz mehr fanden, liess die ehemalige Miss Schweiz ihrer Wut auf Instagram freien Lauf: «Geht nicht in die Alpenrose», forderte sie ihre fast 45 000 Follower auf. Dass die Vorzeige-Tessinerin ihre Social-Media-Macht dazu missbraucht, einer bis anhin völlig unbekannten Walliser Wirtin einen Shitstorm anzuhängen, ist natürlich peinlich. Hat Rigozzi solch pubertäre Starallüren auf Kosten anderer wirklich nötig?

Interessant ist aber vor allem der zweite Teil des Schwanks um die «Alpenrose». Er macht Hoffnung, dass in den sozialen Medien doch nicht alles verloren ist, wie manche Kulturpessimisten denken. Der Schuss Rigozzis ging nämlich nach hinten los. Statt die «Alpenrose» mit Häme zuzudecken, solidarisierten sich unzählige Menschen im ganzen Land mit der Beiz. Auf Google hagelt es seit Tagen Rezensionen mit fünf Sternen, in den Kommentarspalten der Nachrichtenseiten steht nun plötzlich die Anprangerin am Pranger. Es gibt also tatsächlich so etwas wie Schwarm-Intelligenz, und in den sozialen Medien scheint sich eine Art digitale Nachbarschaftshilfe etabliert zu haben: Der unüberlegte Einsatz des Handys als Waffe wird schnell und entschlossen abgestraft.

Das, so finde ich, ist zu Beginn des neuen Jahrzehnt doch mal eine gute Nachricht.