Unternehmer weibeln heftig gegen die Konzernverantwortungsinitiative

Will auch Pflichten: SP-Präsident Michael Wacker.
Will auch Pflichten: SP-Präsident Michael Wacker.
WRZ-Vizepräsident Heinz Senn mit Moderator Philippe Pfister. (Bilder: Lorenz Frey)
WRZ-Vizepräsident Heinz Senn mit Moderator Philippe Pfister. (Bilder: Lorenz Frey)

Welche Spuren die Pandemie inzwischen im gesellschaftlichen Leben hinterlassen hat, sah man am Donnerstagabend schon beim Betreten des Stadtsaals: Dass die Stühle in Abständen von eineinhalb bis zwei Metern aufgestellt waren, nimmt man inzwischen schulterzuckend als sogenannte neue Normalität hin. Eingeladen hatte der Verband Wirtschaft Region Zofingen (WRZ), der hier eine Mitgliederversammlung abhielt. Im Vordergrund stand die Konzernverantwortungsinitiative (KVI), über welche die Schweizerinnen und Schweizer am 29. November an der Urne abstimmen. 

«Diese Initiative hätte derart einschneidende Konsequenzen für sehr viele grosse, mittlere und kleine Firmen, dass der Vorstand zum Schluss kam, dazu eine Versammlung durchzuführen», sagte Verbandspräsident Peter Gehler – Corona hin oder her. Gehler kämpft an vorderster Front gegen die KVI; er ist Co-Präsident des bürgerlichen Aargauer Nein-Komitees, dem auch die Ständeräte Hansjörg Knecht sowie Thierry Burkart angehören. Gehler räumt ein, dass er der der Initiative gute Chancen gibt, auch weil sich kirchliche Kreise dafür engagieren – ein Umstand, der den Verbandspräsidenten ärgert: Dass mit Geldern aus Kirchensteuern eine wirtschaftsfeindliche Initiative unterstützt werde, verstehe er nicht. 

Gehler duellierte sich auf dem Podium, das von ZT-Chefredaktor Philippe Pfister geleitet wurde, mit dem Zofinger SP-Präsidenten und Einwohnerrat Michael Wacker, der die Pro-Seite vertrat. Das war keine leichte Aufgabe für Wacker, die Versammlung war für ihn so etwas wie eine Höhle voller Löwen, denn im Saal sassen nur Gegnerinnen und Gegner der Initiative, wie die Parolenfassung zum Schluss zeigte. 

Unternehmen hätten eben nicht nur das Recht, Gewinne zu maximieren, meinte Wacker – sie hätten auch Pflichten, und diese Pflichten bedingten das, was die Initiative durchsetzen wolle: verantwortungsvolles Handeln in den Bereichen Menschenrechte und Umwelt. Betroffen seien grosse Unternehmen, rund 1500, und selbst von diesen hätten die allerwenigsten etwas zu befürchten. «99 Prozent arbeiten seriös. Es geht um die schwarzen Schafe», so Wacker. Der indirekte Gegenvorschlag, der zur Anwendung kommt, falls die Initiative abgelehnt wird, sei zahnlos und verwässert. 

Wacker wies auch darauf hin, dass es gar nicht zu dieser Abstimmung hätte kommen müssen – wäre ein griffiger Gegenvorschlag im Zuge der parlamentarischen Beratung nicht gescheitert. 

Für Peter Gehler dagegen ist klar, dass die Annahme der KVI zu Klagewellen und Klagedrohungen gegen Schweizer Unternehmen führen würde. Der WRZ-Präsident nennt die Vorlage konsequent nur «Unternehmenshaftungsinitiative». – «Darum geht es nämlich: Haftung. Das ist der zentrale Punkt»: Da diese weltweit einzigartige Haftung ausschliesslich für in der Schweiz ansässige Unternehmen gelten würde, könnten sich ausländische Konkurrenten dies zu Nutze machen, um Schweizer Unternehmen für angebliche Verstösse einzuklagen und diese so aus dem Markt zu drängen. Gehler bestreitet auch, dass nur grosse Unternehmen betroffen sind; diese würden versuchen, sich bei kleinen Zulieferern gegen Klagedrohungen abzusichern – so entstehe «ein Bürokratiemonster, das einer neuen Beratungsindustrie Tür und Tor öffnet.» (zt)