
Unbekannte leeren Zucht-Teich: Bei wem gabs Forellen als Festtagsschmaus?

Ratlos steht Ernst Zürcher neben seinem Fischteich direkt am Hardbach im Säget zwischen Rothrist und Strengelbach. Laub, Holz und Eisendrähte liegen im Wasser, wo sich normalerweise Forellen tummeln. Als er um den Teich geht, bewegt sich plötzlich etwas darin. Dreck wirbelt auf und ein Schatten schiesst vom einen Ende der Anlage zum anderen. «Was für ein Prachtstück, ein richtiger Torpedo», sagt Zürcher. Stolz, Bewunderung und Trauer schwingen gleichzeitig in seiner Stimme mit. Der Fisch ist der einzige, der ihm noch geblieben ist. Zehn Stück wurden in der Nacht vom 15. auf den 16. Dezember gestohlen, alles in allem zwischen 45 und 50 Kilo. Den Schaden zu beziffern ist wohl nicht möglich. «Das Futter war teuer und in den letzten zwei Jahren war ich bei Wind und Wetter jeden Tag am Teich, um nach dem Rechten zu sehen.»
Seit rund 50 Jahren zieht er in der Anlage Fische gross. Zuerst als Mitglied des Fischervereins Aarburg, der den Weiher gepachtet hatte und die Fische in der Aare auswilderte. Zuletzt nun alleine. «1913 war der Hardbach der beste Forellenbach weit und breit», erzählt Zürcher – das zumindest habe man sich früher so erzählt.
Fische wurden schon mehrmals aus Teich gestohlen
Als er am 16. Dezember wie jeden Tag zum Teich ging, habe er sofort bemerkt, dass etwas nicht stimmt. Um den Teich herum lag Laub und Holz am Boden. Im Teich sei es verdächtig ruhig gewesen. «Ich dachte mir aber nichts dabei und wollte die Fische füttern, um sie hervorzulocken.» Als trotz Futter keine Forellen angeschwommen kamen, war Zürcher klar, dass der Teich wieder leergeräumt worden war. «Das ist wahnsinnig brutal. Plötzlich stehst du vor dem Nichts.»
Fünf- oder sechsmal wurden ihm schon Forellen aus dem Teich gestohlen. Er ist überzeugt, dass es sich immer um dieselben Personen handeln muss, die ihn und seine Anlage kennen. «Wie jetzt auch wieder kamen die Fische immer vor Festtagen weg.» Zürcher ist überzeugt, dass die Tiere an den Festtagen aufgefallen sind, und hofft, dass sich jemand bei ihm meldet, der Forellen als Festtagsschmaus hatte. «Ich würde dem Dieb gerne einmal in die Augen sehen. Ich frage mich, was in dem ‹Grind› wohl vor sich geht», so der 85-Jährige. Ernst Zürcher ist sich sicher, dass der Dieb ein Profi oder zumindest jemand mit Erfahrung im Umgang mit Fischen ist. «Vermutlich wurde Strom verwendet.» Damit werden die Fische in eine Art Schockzustand versetzt. Sie drehen sich auf die Seite, treiben an der Wasseroberfläche und müssen nur mit einem Kescher eingesammelt werden. Vom Teich zum Parkplatz direkt am Strassenrand sind es nur einige Meter.
Noch ist unklar, ob Ernst Zürcher weitermacht
Der Schmerz über den jüngsten Verlust ist gross. Ob er noch einmal Fische aufzieht, weiss er nicht. «Wenn ich jeden Tag bei den Tieren bin, habe ich auch Mühe damit, sie schlussendlich zu töten, bevor sie auf dem Teller landen.» Dennoch wäre es ihm lieber, die Fische würden auf seinem statt auf fremden Tellern landen. «Jetzt hatte ich nur die Arbeit.»