Wegen Referendum wird die Zeit zu knapp: Kölliker Gemeinderat zieht Kauf von modularem Schulraum zurück

Der Gemeinderat Kölliken macht beim Thema Schulraum eine Kehrtwende. Und dies, bevor die Referendumsabstimmung vom 7. März über die Bühne ist. Er gibt das Vorhaben auf, für 3,7 Millionen Franken ein Schulraumprovisorium zu kaufen, wie Ammann Mario Schegner (parteilos) gegenüber der AZ sagt.

Ein Schritt, der aussergewöhnlich ist. Selbst vor dem Hintergrund, dass das Referendumskomitee um alt Ammann Fredy Gut und den ehemaligen Gemeinderat Guido Beljean 590 Unterschriften gesammelt hatten . An der Gemeindeversammlung vom 27. November hatten 35 von 72 Anwesenden mit Ja gestimmt. 

Die Abstimmung wird wie geplant durchgeführt. Ihr Ausgang hat aber keine Wirkung mehr. Fürchtet sich der Gemeinderat vor einer Blamage bei der Referendumsabstimmung? Nein, es handle sich um ein zeitliches Problem, sagt der Ammann. «Wir müssen bis nach den Sommerferien Schulraum bereitstellen. Durch das Referendum verzögert sich aber dieser Prozess, die zusätzlichen modularen Schulräume würden nicht rechtzeitig stehen.»

Das Schulhaus Farbweg wurde so konzipiert, dass bei Bedarf auf- oder angebaut werden kann.

Das Schulhaus Farbweg wurde so konzipiert, dass bei Bedarf auf- oder angebaut werden kann.

© Alex Spichale / AAR

Wegen vieler Kinder kurzfristig Pläne geändert

Dass es äusserst pressiert mit zusätzlichem Platz für Schulkinder, erfuhren die Kölliker und Köllikerinnen aus der Broschüre zur vergangenen Gemeindeversammlung. Dort schrieb der Gemeinderat, dass er die Projektierung von multifunktionalem Schulraum (eine bauliche Erweiterung des Schulhauses Farbweg) abgebrochen hatte, nachdem ihm Schule und Schulpflege signalisiert hatten, dass «bereits ab Schuljahr 2021/22 Schulraum notwendig ist und gestaffelt über voraussichtlich drei Jahre sechs Klassenzimmer, ein Kindergartenraum sowie Nebenräume benötigt werden». Abgebrochen wurde das Projekt «multifunktionaler Schulraum», weil dieses gemäss Plan erst auf Beginn des Schuljahrs 2022/23 fertig geworden wäre.

Für die Projektierung des Anbau hatte die Gmeind im Sommer 2019 einen Kredit von 392’000 Franken gesprochen. Dass Kölliken bereits für kommendes Schuljahr mehr Platz brauche, sei nicht geplant gewesen, sagt Bildungs-Gemeinderat Andreas Von Gunten (SP) der AZ. «Die Schülerzahlen werden immer auch durch nicht vorhersehbare Faktoren wie Zuzüger oder den Zeitpunkt der Realisierung von Wohnbauten beeinflusst.» Man hätte ein Provisorium fürs Provisorium gebraucht.

Kaum wäre die Referendumsfrist nach dem Ja zum Provisoriums-Kauf Anfang Januar (ungenutzt) verstrichen gewesen, hätte der Gemeinderat an Kauf und Aufstellung der neuen Räume gehen wollen. Da er das jetzt nicht kann, kommt er arg in Zeitnot: «Selbst wenn die Bevölkerung für den Kauf des modularen Schulraums stimmt, wäre die Zeit dann zu knapp, um ihn bis Schulbeginn im Sommer aufzustellen», so Andreas Von Gunten. «Wir müssten so oder so zur Überbrückung ein zweites Provisorium aufstellen. Damit würde nicht sinnvoll mit den finanziellen Mitteln der Steuerzahler umgegangen.»

Schon am 13. Januar reagierte der Gemeinderat Kölliken mit einer Medienmitteilung auf das eingereichte Referendum und warnte darin, es werde sehr schwierig, den auf Anfang August 2021 erforderlichen Schulraum termingerecht bereitzustellen. «Wir haben erwartet», sagt Von Gunten, «dass der modulare Schulraum nicht diskussionslos durchgehen wird. Wir haben aber nicht erwartet, dass ein Referendum ergriffen wird.

«Zur Notmassnahme verpflichtet»

Jetzt greift der Gemeinderat zum Plan B: Er hat entschieden, ein günstiges Provisorium zu mieten, das zum Schuljahresbeginn genügend Platz bietet. Die Konsultation der Bevölkerung sei nicht nötig gewesen, sagt Mario Schegner: «Aufgrund unserer Verantwortung, für genügend Schulraum zu sorgen, sind wir in der Pflicht, diese Notausgabe für das Provisorium zu tätigen.» Dort wird einzig die Schule untergebracht.

Die Kindergartenabteilung, die schon jetzt aus Platzgründen im Gemeindehaus einquartiert ist, bleibt vorläufig dort, wie auch der Schulsozialdienst. Der Pavillon bleibt nur solange stehen, bis der Erweiterungsbau, wie er ursprünglich geplant gewesen war, vollendet ist. Man rechnet mit etwa zwei Jahren. Über das Bauvorhaben entscheidet frühestens die diesjährige Wintergmeind.

 

Ob der stolze Preis von 3,7 Millionen Franken für den modularen Schulraum die Leute in Kölliken überzeugte, den Unterschriftsbogen fürs Referendum zu unterschreiben? «3,7 Millionen Franken für provisorischen Schulraum mag auf den ersten Blick nach viel aussehen», sagt Schegner. Langfristig wäre es für die Gemeinde aber gut eingesetzt gewesen, da die Module danach auch für andere Zwischenlösungen hätten verwendet werden können.

In der Tat stehen in Kölliken Bauprojekte an, für die es in absehbarer Zeit Pavillons braucht, damit der Betrieb aufrecht erhalten werden kann. Etwa während der Renovation des Bezirkschulhauses und des Gemeindehauses oder der Innensanierung der Villa Clara. Die Kritik vonseiten des Referendumskomitees, dass vorgängig der Gmeind keine Infoveranstaltung zum teuren Kredit-Traktandum gemacht wurde, weist der Ammann von sich: «Eine solche war wegen der Corona-Vorgaben schlicht nicht möglich.» Für Schegner ist aber auch klar: «Die 590 Referendums-Unterschriften sind für uns eine deutliche Stimme aus der Bevölkerung. Diese wollen wir ernst nehmen.»