
Schuljugend brachte «Bsetzisteine» zum Lehrlingsbrunnen
Die Ankündigung der Stadt Zofingen, den von den Lehrlingen der gewerblich-industriellen Berufschule gebauten Brunnen durch den Scholl-Brunnen zu ersetzen (ZT vom 8. Februar), hat die Leser des Zofinger Tagblatts zur Feder greifen lassen. Zahlreiche Leserbriefe und Erinnerungen an die Entstehung des Lehrlingsbrunnens CH91 sind auf der Redaktion eingetrudelt. So auch ein Mail von Vreni von Arx-Moor aus Wikon. «Die Schuljugend von Zofingen und den umliegenden Gemeinden hatte sich aufgemacht, die Pflastersteine herzubringen. Im Rucksack transportierte jedes Kind einen ‹Bsetzistei›», schreibt sie und schickt drei eingescannte Bilder mit. Diese zeigen Schüler, die Pflastersteine einem Arbeiter übergeben. Daneben zu sehen: der fertige Brunnen CH91, der mit roten Blumen geschmückt ist.
Dies sei ein spezieller Moment gewesen während der zahlreichen Anlässe zur 700-Jahr-Feier der Eidgenossenschaft. Noch heute, so schreibt Vreni von Arx, zähle sie beim Passieren der oberen Promenade den Stein ab, den ihre Tochter damals dem Pflästerer gereicht habe. Sie könne daher verstehen, dass der geplante Abbau des Brunnens bei vielen Bedauern auslöse. «Bestimmt wäre doch für den Scholl-Brunnen ein geeigneter Standort zu finden.» Er verdiene auch einen würdigen Platz, der aber nicht «vorbelastet» sei, ergänzt sie.
Scholl-Brunnen könnte nach Mühlethal
Auf die Frage, welcher Brunnen besser zur oberen Promenade passe, haben die Leser des Zofinger Tagblatts in einer nicht repräsentativen Online-Umfrage eine klare Meinung: der Brunnen CH91 der Lehrlinge. Knapp 50 Prozent stimmen dafür. Für den Scholl-Brunnen sprechen sich knapp 12 Prozent der Leser aus. Immerhin 22 Prozent könnten sich beide Brunnen an der oberen Promenade vorstellen – 17 Prozent hingegen keinen von beiden. Entsprechend bringen die Leserbriefschreiberinnen und -schreiber Vorschläge für Alternativstandorte sowohl für den Scholl-Brunnen als auch für den Brunnen CH91. Rainer Böni aus Zofingen beispielsweise schlägt vor, den Scholl-Brunnen beim alten Milchhüsli in Mühlethal aufzustellen. So komme auch Mühlethal in den Genuss von Stadtverschönerungen. Der Zofinger Jürgen Gehrken hat hingegen für den Brunnen CH91 der Gewerbeschüler einen neuen Platz gefunden: Er würde ihn in den leeren Kreisel bei den beiden Amtshäusern am oberen Stadteingang stellen.
Ein typisch schweizerischer Kompromiss
Ganz so einfach sei es nicht, die Brunnen an einen anderen Standort als dem nun vorgesehenen aufzustellen, sagt Stadtrat Andreas Rüegger auf Anfrage. Er ist zuständig fürs Ressort Tiefbau. Ausserdem habe der Brunnentausch eine längere Vorgeschichte, die bis zum alten Wasserrad bei der Landi zurückreiche: Weil das Wasserrad nicht erhalten werden konnte, muss die Stadt Zofingen die dafür vorgesehenen Gelder nun in andere Massnahmen für den Ortsbildschutz investieren. «Der kantonale Denkmalschutz und die Stadtbildkommission sind der Meinung, dass der Scholl-Brunnen besser in die Umgebung der Altstadt passt als der Lehrlingsbrunnen. Darum kommt es zu diesem Brunnentausch, der ein gut schweizerischer Kompromiss ist», erklärt Andreas Rüegger, und er betont, dass für den Lehrlingsbrunnen bestimmt ein passender Standort gefunden werde. Noch ist das aber nicht der Fall. Darum wird ein Teil des Brunnens eingelagert, der Brunnentrog aus Beton hingegen muss abgerissen werden.
Die Leserschaft des ZT hat bereits einige Standortvorschläge gemacht. Was hält Stadtrat Rüegger davon? In Mühlethal gebe es nicht viele Plätze, die der öffentlichen Hand gehörten und daher für einen Brunnen geeignet seien. Und im Kreisel beim oberen Stadteingang habe der kantonale Denkmalschutz bereits sein Veto gegen einen Kreiselschmuck eingelegt. «Ich persönlich finde den Standort im Kreisel eine gute Idee», sagt Rüegger. Der kantonale Denkmalschutz lege aber Wert auf eine freie Sicht auf die Altstadt. «Darum hat er sich schon gegen den ursprünglich geplanten Kreiselschmuck ausgesprochen und würde dies wohl auch beim Brunnen wieder tun.» Ausserdem sind bisher weder auf der Stadtverwaltung noch bei Rüegger oder Stadtammann Hans-Ruedi Hottiger Einwände gegen den Brunnentausch angemeldet worden. Darum bleibt es bei der Entscheidung des Stadtrats: Diesen Frühling wird der Lehrlingsbrunnen abgebaut und eingelagert und an seiner Stelle der Scholl-Brunnen aufgestellt.