
Reicht eine weisse Bodenmarkierung zur Signalisation einer Begegnungszone?
Yolanda Senn Ammann steht auf der Vorderen Hauptgasse beim Stadteingang, zu ihren Füssen die weisse Markierung, die auf Tempo 20 hinweist. Die Zahl macht Auto- und Velofahrer darauf aufmerksam, dass die Stadt eine Begegnungszone ist – nirgends darf schneller gefahren werden als mit 20 km/h. «Eine tolle Sache für Zofingen», sagt die eben wiedergewählte Einwohnerrätin. Allerdings: «Die Begegnungszone war bis vor kurzem völlig unzureichend signalisiert – und sie ist es immer noch.»
Sie hat sich am 24. August beim Stadtrat via Anwalt schriftlich über die Signalisation der Begegnungszone beschwert. Diese weise teilweise gravierende Fehler auf; sie sei an den meisten Stellen unübersichtlich. Es fehle an Massnahmen, um die Zone deutlich vom übrigen Strassenraum abzugrenzen – «auch Fussgänger sollten merken, dass sie in eine Begegnungszone kommen».
Besonders schlecht ist laut Senn Ammann die Signalisation beim Stadteingang Vordere Hauptgasse. Autofahrer, die vom Bahnhof herkommen, übersehen das entsprechende Schild leicht. «Es ist schlichtweg nicht erkennbar», sagt sie. Wer es sieht, kann leicht verwirrt sein, denn gleichzeitig ist da ein Töff-Fahrverbot von 19 bis 6 Uhr ausgeschildert.
Tatsächlich scheinen viele Autofahrerinnen und Autofahrer das Schild zu übersehen, wie eine Kontrolle der Regionalpolizei im August an der Hinteren Hauptgasse ergab. 104 Übertretungen registrierte die Polizei – ungewöhnlich viele. «Dies zeigt, wie unzureichend die Signalisation ist – und dass viele Verkehrsteilnehmer sie übersehen haben», sagt Senn Ammann.
Wichtiges Detail: Die weissen Bodenmarkierungen beim Oberen Stadteingang und an zwei anderen Orten wurden erst im September angebracht, also nachdem sich Senn Ammann beim Stadtrat beschwert hatte. Die 104 Gebüssten hatten gar keine Chance, die Markierung zu Gesicht zu bekommen – sie war noch gar nicht da. Yolanda Senn Ammann regt in ihrer Beschwerde an, der Stadtrat solle mit der Staatsanwaltschaft Kontakt aufnehmen – mit dem Hinweis, dass die Signalisation zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht rechtmässig war und die Bussen annulliert werden.
Davon will der zuständige Stadtrat Andreas Rüegger nichts wissen, die Ausschilderung der Begegnungszone sei aus rechtlicher Sicht überall und immer korrekt gewesen. «Da die Signalisation nach Ansicht des Stadtrates korrekt erfolgte, wurden keine Bussen widerrufen», sagt er. Die Bodenmarkierungen seien angebracht worden, um die Erkennbarkeit der 20er-Zone zu verbessern. Denn: «Auch Altstadtbewohnerinnen und Altstadtbewohner, Gewerbetreibende und Passanten stellten fest, dass sich die Mehrheit der Automobilisten aufgrund der ungenügenden Erkennbarkeit zu wenig an das neue Verkehrsregime gehalten hat.» Die Bodenmarkierung sei aber keine gesetzliche Vorschrift, sondern «lediglich eine Visualisierung zur Unterstützung».
In ihrer Beschwerde moniert Senn Ammann zudem, dass es gemäss Signalisationsverordnung nicht erlaubt sei, mehrere Signale auf einer Tafel zu vereinen – davon seien sämtliche Zone-20-Signale betroffen.
Rüegger widerspricht, aus Sicht des Stadtrates sei alles korrekt. «Als Grundsatz für die Signalisation galt: Bestehende Signalstandorte Tempo 30 wurden übernommen. Es wurden keine weiteren Signalstandorte vorgesehen. In der Altstadt sind zusätzliche Signale grundsätzlich unerwünscht, da sie das historische Altstadtbild stören.»
Stadt will jetzt eine Plakatkampagne starten
Auch bauliche Massnahmen sind laut Andreas Rüegger nicht vorgesehen. «Der Stadtrat verfolgte schon bei den anderen verkehrsberuhigten Zonen im Stadtgebiet die Politik, dass hier weniger mehr ist. Auf teure ‹Möblierungen› wird weitgehend verzichtet. Nur dort, wo es unumgänglich ist, wurden die berüchtigten Betonklötze gesetzt.»
Würden dereinst die Strassen oder Gassen saniert, so seien verkehrsberuhigende Massnahmen denkbar. «Auch in der Altstadt wird das sicher ein Thema werden. Dabei wird aber das geschützte Altstadtbild besonders zu berücksichtigen sein», sagt Rüegger.
Auch Yolanda Senn Ammann will keine hässlichen Betonklötze, wie sie sagt, verweist aber auf eine eidgenössische Verordnung zu Begegnungszonen: Ein- und Ausgänge seien so zu gestalten, dass die «Wirkung eines Tores» entstehe. Und wenn man das Altstadtbild schützen wolle, könne man auch gleich alle Parkverbote entfernen. «In Begegnungszonen ist das Parken ausserhalb der markierten Felder per se verboten.»
Die Stadt will jetzt kommunikativ tätig werden, wie Stadtrat Rüegger sagt. «Wir sehen eine Plakatkampagne und eventuell Flyer vor, welche nicht nur das Thema Begegnungszone, sondern auch das Miteinander von Fussgängern und Velofahrern in der Fussgängerzone und auf gemeinsam genutzten Velostreifen und Trottoirs beinhalten sollen.»