
Ab Montag impfen Hausärzte – legt jetzt auch der Kanton Aargau beim Impfen den Turbo ein?
1. Andere Kantone legen den den Turbo ein und impfen bereits junge, gesunde Leute. Wann macht der Aargau vorwärts?
Nächste Woche wird im Aargau die Zielgruppe 4 zur Impfung zugelassen. Dazu gehören zum Beispiel Institutionen für Menschen mit Behinderungen oder Insassen und Mitarbeitende von Gefängnissen. Sobald alle registrierten Personen, die zur Zielgruppe 4 gehören, einen Termin haben, erhalten auch im Aargau alle restlichen Personen zwischen 16 und 64 Jahren (Zielgruppe 5) Impftermine. Laut Impfchef Andreas Obrecht ist das noch im Mai der Fall. Wann genau, kann er noch nicht sagen. «Das hängt von der Impfbereitschaft der Zielgruppe 4 ab.»
2. Warum öffnet der Aargau die Zielgruppe 5 nicht früher – so wie andere Kantone?
«Wir öffnen die einzelnen Zielgruppe der Reihe nach, wie wir es versprochen haben», sagt Obrecht. Es sei nicht fair, die kommunizierten Spielregeln mitten im Spiel zu ändern. Obrecht ist aber überzeugt: «Am Schluss wird es keine grossen Unterschiede zwischen den Kantonen geben.»
3. Wie wahrscheinlich ist es, dass jemand, der zur Zielgruppe 5 gehört, bereits im Juni zweimal geimpft ist?
Eher unwahrscheinlich. Zur Zielgruppe 5 gehören laut Schätzungen des Kantons 250’000 Personen. Um sie alle zweimal impfen zu können, braucht es 500’000 Impfdosen. Die Chance auf einen der ersten Termine schon im Mai ist für jene Personen am grössten, die sich früh online registriert haben. Einige von ihnen sind möglicherweise im Juni bereits zweimal geimpft. Bei den allermeisten dürfte es länger dauern.
4. Wie viele Impfdosen erwartet der Kanton Aargau im Mai und Juni?
Impfchef Andreas Obrecht rechnet mit 430’000 Dosen im Mai und Juni. Damit hätte der Aargau bis Ende Juni insgesamt 680’000 Dosen erhalten. Das reicht, um ungefähr die Hälfte der Bevölkerung im Kanton zweimal zu impfen.
5. Das Bundesamt für Gesundheit empfiehlt den Kantonen, die zweite Impfdosis nicht mehr physisch zurückzuhalten. Der Aargau hält einen kleinen Prozentsatz trotzdem zurück. Warum?
Der Kanton argumentiert, dank dieser «vorausschauenden Planung» hätten bisher trotz Lieferengpässen keine bereits vergebenen Impftermine abgesagt werden müssen. Damit das auch in Zukunft nicht passiert, wird weiterhin ein Teil der Impfdosen zurückgehalten. «Wir sind mit dieser Strategie gut gefahren», sagt Impfchef Obrecht.
6. Der Kanton Waadt verimpft die zweite Dosis bei Lieferverzögerungen statt nach vier Wochen erst nach maximal sechs Wochen. Warum macht der Aargau das nicht so?
Es sei zwar theoretisch möglich, den Termin für die zweite Impfung nach hinten zu verschieben, sagt Obrecht. Aber im Aargau werde der Termin für die Zweitimpfung am Tag der ersten Impfung festgelegt. «Wenn wir Zweitimpfungen nach hinten verschieben, ist das gleich mühsam, wie wenn wir den ersten Termin verschieben müssen.» Deshalb halte der Aargau am Abstand von vier Wochen fest.

Der Aargauer Impfchef Andreas Obrecht.
7. Sind die Kapazitäten im Aargau vorhanden, um möglichst schnell möglichst viele Personen zu impfen, sobald der Impfstoff da ist?
Im Aargau wird schon heute von Montag bis Sonntag geimpft, wobei am Samstag und Sonntag deutlich weniger Impfungen stattfinden als wochentags. Letzte Woche sind 29’230 Impfdosen verimpft worden. In der Woche davor waren es 24’481 Dosen. Die Öffnungszeiten der neun Impfzentren in Aargau lassen sich noch weiter ausweiten. Ausserdem beginnen ab nächster Woche rund 170 Hausarztpraxen mit dem Impfen. Später sollen noch Apotheken dazukommen. So könnten die Kapazitäten laut Kanton innert kurzer Zeit auf über 50’000 Impfungen pro Woche ausgebaut werden.
8. Die 170 Hausarztpraxen erhalten für die Monate Mai und Juni nur 50000 Impfdosen. Lohnt es sich überhaupt sie einzubeziehen, wenn die Impfzentren diese Mengen in einer Woche schaffen?
«Ja, das lohnt sich», sagt Impfchef Andreas Obrecht. Die Hausärztinnen und Hausärzte seien ein Pfeiler der Aargauer Impfstrategie. Es gebe Menschen, die lassen sich lieber in der Hausarztpraxis anstatt im Impfzentrum impfen; beispielsweise, weil sie die Umgebung kennen oder die Hausärztin eine Vertrauensperson ist. «Das möchten wir ihnen ermöglichen», sagt Obrecht. Das Ziel sei schliesslich die Durchimpfung der Bevölkerung. Der Impfchef weist daraufhin, dass die Hausarztpraxen durchaus Kapazitäten für mehr Impfungen hätten. «Sollte sich zeigen, dass die Nachfrage grösser ist, werden wir Anpassungen vornehmen.»
9. Wie kann ich mich für die Impfung in der Hausarztpraxis anmelden?
Den Termin muss man direkt über die Hausarztpraxis abmachen. Die Arztpraxen sind nicht an das bisherige Online-Anmeldetool angebunden.
10. Werde ich schneller geimpft, wenn ich mich beim Hausarzt impfen lasse?
Das lässt sich nicht beantworten. Zugang zur Impfung beim Hausarzt haben die gleichen Zielgruppen, die auch in den Impfzentren geimpft werden. Die Hausärztinnen und Hausärzte werden also jüngere, gesunde Personen nicht früher impfen. An den Impfzentren stehen natürlich mehr Termine zur Verfügung als bei den Hausärzten. Für einen möglichst raschen Termin empfiehlt der Kanton bei der Registrierung mehrere Impfzentren auszuwählen. Wer sich nachträglich bei mehreren Impfzentren registrieren will, kann dies via E-Mail an covid-19-impfung@ag.ch melden.
11. Ich habe die erste Impfung in einem Impfzentrum erhalten. Kann ich für die zweite Impfdosis zum Hausarzt?
Nein. Die erste und zweite Impfung sollten am gleichen Ort stattfinden.
12. Kann ich meine Registrierung stornieren, wenn ich mich lieber in der Hausarztpraxis impfen lassen möchte?
Ja. Sobald jemand einen Termin in der Arztpraxis erhalten hat, braucht er keinen Termin im Impfzentrum mehr und kann die Registrierung löschen lassen. Dazu braucht es eine Meldung an covid-19-impfung@ag.ch.

Fast 70 Prozent der über 75-jährigen Aargauerinnen und Aargauer sind geimpft.
13. Im Aargau waren am Mittwoch 138’000 Personen mindestens einmal geimpft. Wie hoch ist der Anteil geimpfter Personen pro Altersklasse?
Der Kanton Aargau erhebt – anders als andere Kantone – keine Daten nach Altersklassen. Das Bundesamt für Gesundheit verlangt dies auch nicht. Eine Auswertung habe nur bei den über 75-Jährigen stattgefunden, teilt der Kanton mit. Dort sind inzwischen fast 70 Prozent geimpft – die meisten zweimal.
14. Wie steht es allgemein um die Impfwilligkeit?
Laut Gesundheitsdepartement sind bisher knapp 250’000 Personen entweder für die Impfung registriert oder schon geimpft. Das entspricht etwa 40 Prozent der Gesamtbevölkerung über 16 Jahren. Für eine Herdenimmunität braucht es eine Durchimpfungsrate von mindestens 70 Prozent. Um das zu erreichen, müssten sich also noch einmal deutlich mehr Aargauerinnen und Aargauer für die Covid-Impfung entscheiden und sich registrieren.
15. Werde ich geimpft, wenn ich bereits an Covid-19 erkrankt war?
Ja. Personen mit einer bestätigten Covid-19-Erkrankung erhalten die Impfung sechs Monate nach der Infektion. Besonders gefährdete Personen erhalten die Impfung bereits nach drei Monaten. Der Kanton folgt den Empfehlungen der Eidgenössischen Kommission für Impffragen. Die Impfkommission empfiehlt, bereits erkrankte Personen nur einmal zu impfen.
Am 16. April teilte das Gesundheitsdepartement mit, man werde auch diese Personen weiterhin zweimal impfen. Inzwischen heisst es auf der Website, dass genesene Personen nur eine Impfdosis erhalten. Nur immunsupprimierte Patientinnen und Patienten erhalten auch nach überstandener Covid-Infektion weiterhin zwei Dosen. Grund für die Anpassung der Praxis ist, dass die damals noch offenen Fragen bezüglich des Vorgehens und der Dokumentation inzwischen geklärt werden konnten.
16. Aargauer Firmen sind interessiert daran, ihre Mitarbeitenden vor Ort zu impfen. Wird das möglich sein, sobald die breite Bevölkerung Zugang zur Impfung hat?
Es sei noch zu früh, um Details bekannt zu geben, sagt Impfchef Andreas Obrecht. Aber es gebe ein Konzept für Firmenimpfungen. Bereits klar ist, dass diese erst möglich sein werden, wenn genug Impfstoff zur Verfügung steht.