«Wir wollen die Mitarbeitenden überzeugen und nicht kaufen»: So reagieren Aargauer Heime auf den Impf-Bonus in Zürich

Andre Rotzetter: Das ist kein Thema

«Das ist mir neu, ein Impfbonus für das Personal ist kein Thema bei uns», macht Andre Rotzetter, Mitte-Grossrat und Präsident des Spital- und Heimverbandes Vaka klar. Bei Debatten über die Impfquote sei zu bedenken, dass Pflegende, die Covid-19 hatten, quasi geimpft sind, dass sich Schwangere mit Grund nicht impfen liessen und es überall Leute gebe, die sich grundsätzlich nicht impfen lassen: «Wir versuchen, unsere Mitarbeitenden zu überzeugen. Bei uns arbeiten Gesundheitsfachleute, die sich bezüglich Impfung umfassend informieren. Sie fällen einen bewussten Entscheid und lassen sich gewiss nicht mit einem Bonus kaufen.» 

Im Kanton Zürich machte ein Behindertenheim Schlagzeilen, weil es Mitarbeitenden 200 Franken Prämie zahlt, wenn diese sich gegen Covid-19 impfen lassen. «Die Impfquote stieg schlagartig um 10 bis 15 Prozent», schreibt die NZZ. Im Heim betrage die Quote jetzt rund 70 Prozent, auf kantonaler Ebene liege sie bei 50 Prozent.

Könnte so ein Bonus auch im Aargau ein Mittel sein, Corona-Erkrankungen zu minimieren? Maya Bally, Mitte-Politikerin und Präsidentin des Aargauischen Verbandes der Unternehmen mit sozialem Auftrag (Avusa) ist überrascht über die Meldung aus Zürich:

«Ich habe keine Kenntnis davon, dass es dies in einer Einrichtung im Aargau gäbe.»

Auf den ersten Blick klinge eine Prämie verlockend, «aber wir wollen die Mitarbeitenden von der Sinnhaftigkeit der Impfung im Gespräch überzeugen und nicht ‹kaufen›. Ich glaube auch nicht, dass man sie kaufen könnte», betont Bally. Ihr würde es «extrem widerstreben, dafür eine Prämie auszuzahlen», macht Bally klar. Die Impfung sei freiwillig. Wenn sich jemand nicht impfen lassen wolle, sei dies zu akzeptieren. Das gelte für Klientinnen und Klienten genauso.

Maya Bally.

Maya Bally.

Michael Wuertenberg

Impfkampagne startet in Behindertenheimen nächsten Mittwoch

Bally fällt aber bald ein Stein vom Herzen, denn ab nächstem Mittwoch werden Klientinnen und Klienten sowie das Personal der Behindertenheime von mobilen Teams geimpft. Wo machbar, wird auch das Gesundheitspersonal der Einrichtungen im Team dabei sein. Die von Bally politisch vertretenen Organisationen hätten gleichzeitig wie die Pflegeheime in die Impfkampagne einbezogen werden wollen, sagt sie, «aber der Bund hat die Priorisierung zu Ungunsten der Betreuungseinrichtungen angepasst und der Kanton liess sich von uns leider nicht überzeugen, davon abzuweichen. Wir sind aber sehr froh, dass es jetzt zügig losgeht».

Auch Roland Meier, Geschäftsführer der arwo Stiftung in Wettingen, würde keine Impfprämie vergeben. Es sei an den Geschäftsleitungen, zu informieren, die Impfung sei ja freiwillig:

«Wenn jemand eine Prämie zahlen wollte, muss er oder sie das selbst wissen. Ich würde es nicht tun, es ist bei uns auch absolut kein Thema, und ich habe keine Kenntnis, dass es dies im Aargau gäbe.»

Meier hat den Mitarbeitenden in einem persönlichen Schreiben seine Haltung für eine Impfung dargelegt. Darauf erhielt er zwei, drei kritische Rückmeldungen, aber auch etliche positive: «Einige sagten mir gar, sie seien unschlüssig gewesen, jetzt seien sie überzeugt und liessen sich impfen.»

Die arwo Stiftung Wettingen kocht in Fislisbach Menüs für Mittagstische in der Region. (Archivbild)

Die arwo Stiftung Wettingen kocht in Fislisbach Menüs für Mittagstische in der Region. (Archivbild)

Sandra Ardizzone

Impfbereitschaft beim Personal beträgt rund 60 Prozent

Wie hoch ist denn die Bereitschaft zur Impfung? Bei den Mitarbeitenden schätzt Meier sie derzeit auf 60 Prozent, bei den Klientinnen und Klienten auf 70 Prozent. Was ist, wenn ein Klient sich nicht äussern kann? Man habe alle selbst gefragt, antwortet Meier. Hat jemand eine umfassende Beistandschaft, fragt man auch den Beistand bzw. die Beiständin. Und wenn diese unterschiedlicher Meinung sind? Es gab mehrere Fälle, wo sich der Klient impfen lassen wolle, der Beistand aber dagegen sei, sagt Meier. Im Gespräch bekam man bis auf einen Fall das Impfokay des Beistands. Falls es nicht noch zur Einigung komme, werde die Person nicht geimpft, so Meier.