Projekt «Wegbegleitung Aargau»: Sie schenkt ihre Zeit Menschen in Not

Margrit Loosli schenkt ihre Zeit Menschen in Not. Zum Beispiel, indem sie sich für das Projekt «Wegbegleitung» der Landeskirchen im Kanton Aargau engagiert. Im Jahr 2018 hat die 67-Jährige ein Inserat dafür in einer Zeitung gesehen und sich sofort entschlossen, eine freiwillige Helferin zu werden. Bei ihrem ersten Einsatz half sie einer Frau, die Deutsch lernen wollte. «Wir gingen zum Beispiel zusammen einkaufen und ich brachte ihr währenddessen Deutsch bei», erzählt Loosli und ergänzt lachend: «Sie verstand Grammatik sogar besser als ich, doch sie konnte das Gelernte schlecht im Alltag anwenden.»

Getrieben vom Wunsch, anderen zu helfen

Margrit Loosli hat 35 Jahre im Pflegeheim Sennhof in Vordemwald gearbeitet. Als ihre Pensionierung anstand, wusste sie, dass die wegfallende Tätigkeit im Pflegeheim ein Loch hinterlassen würde. Dieses galt es zu füllen. «Für mich war klar, dass ich mich sozial engagieren möchte», sagt Loosli. «Ich finde es etwas vom Schönsten, wenn man seine Zeit verschenken kann.» Davon habe sie mehr als genug. «Ich und mein Ehemann haben unsere Hündin Orina zu einem Sozialhund ausbilden lassen», erzählt Loosli. Mit ihr besuche sie regelmässig Heime und Veranstaltungen, wo Orina mit Menschen mit Einschränkungen spielen darf.

Nach fast einem Jahr kam die Zusammenarbeit mit der Frau, die Deutsch lernen wollte, erfolgreich zu ihrem Ende. Und die Vermittlungsstelle teilte Loosli den nächsten Auftrag zu. Neue Person, neues Problem: Es ging um eine junge Mutter, die schlicht überfordert war mit vier Kindern. Das Jüngste war wenige Monate alt, als die Zusammenarbeit begann. Loosli hütete das Kind jeden Freitag für ein paar Stunden. Hier spielte Looslis Hündin Orina eine wichtige Rolle. Sie spielte viel mit dem Jungen. Loosli erzählt lächelnd: «Ich bin irgendwann nach der Zusammenarbeit mal der Mutter und dem Kleinen auf der Strasse begegnet. Obwohl er während der Wegbegleitung vierjährig gewesen war, erinnerte er sich noch sehr gut an den Hund.» Und dies, obwohl die Zusammenarbeit wegen der Pandemie frühzeitig hatte beendet werden müssen. Im ersten Lockdown 2020 wurden alle Wegbegleitungen untersagt.

Aktuell begleitet Loosli ihren dritten Klienten, einen jungen Mann, der auf Stellensuche war. «Ich konnte ihm helfen. Aber nicht, indem ich ihm Anweisungen gab, wie er nach einer Stelle suchen soll, sondern indem ich einfach für ihn da war», sagt Loosli gerührt. «Mittlerweile hat er eine neue Stelle gefunden, was mich sehr freut. Wir treffen uns aber weiterhin jede dritte Woche, bis die Wegbegleitung zu Ende ist – um über Gott und die Welt zu reden.»

Wenn es sein muss, geht sie die Extrameile

Loosli stört es nicht, Dinge zu machen, die über die Vereinbarung hinausgehen. So sei sie auch mit dem Kleinen, den sie gehütet habe, oft in den Zoo gegangen. Wo es aber doch bei ihr aufhört, verrät sie: «Wenn die Wegbegleitung beendet ist, endet auch der Kontakt. Ich möchte dann weitergehen und meine Zeit einer neuen Person, die Hilfe braucht, schenken.»

Was braucht es, um ein Wegbegleiter oder eine Wegbegleiterin zu werden? «Die vier M: Man muss Menschen mögen», antwortet Loosli prompt. Und man darf nichts im Gegenzug erwarten. Loosli freut sich aber über ein Dankeschön für ihr Engagement.

Freiwillige sind immer willkommen

Für Menschen, die in einer schwierigen Lebenssituation sind und nicht mehr alles alleine meistern können, steht die «Wegbegleitung» zur Verfügung. Die Vermittlungsstelle lädt die hilfesuchende Person und eine hilfeleistende Person zu einem ersten Gespräch ein. Anschliessend unterschreiben beide Parteien eine Vereinbarung, in der die Wegbegleitung für eine Dauer von drei bis sechs Monate zugesprochen wird.

Das Projekt «Wegbegleitung Aargau» wurde vor neun Jahren von den Landeskirchen im Kanton Aargau ins Leben gerufen. Seit dem Jahr 2015 gibt es das Angebot auch in der Region. Beat Maurer von der Reformierten Kirchgemeinde Zofingen sagt, dass in der Region normalerweise 15 Projekte gleichzeitig laufen. Wegen Corona sind es aber nur acht bis zehn. «Die Probleme der Menschen rücken in den Hintergrund. Auch ist eine Ansteckungsgefahr vorhanden.» Zudem würden die Veranstaltungen ausfallen, die auf das Angebot aufmerksam machen.

Aktuell gebe es genügend Helferinnen und Helfer, so Maurer. Trotzdem werden Freiwillige gesucht. Nur so könne garantiert werden, dass für jeden Klienten eine freiwillige Person mit der passenden Stärke zur Verfügung steht. Die freiwilligen Helfer werden laut «Wegbegleitung Aargau» nicht ins kalte Wasser geworfen, sondern erhalten in einem Einführungsseminar grundlegendes Wissen und werden zudem von der Vermittlungsstelle weiterhin unterstützt.