Fabian Molina bricht alle Bundeshaus-Rekorde: Was die Vorstoss-Hyperaktivität des SP-Nationalrats kostet

Von tatkräftig bis hyperaktiv, von engagiert bis aktivistisch: Das sind die Charakterisierungen, die im Bundeshaus über Fabian Molina kursieren. Er, der 29-jährige Zürcher SP-Nationalrat, legt im Parlament einen nie gesehenen Eifer an den Tag. Gerade einmal ein Jahr und vier Monate ist diese Legislatur alt. Doch kein anderer Parlamentarier hat so viele Vorstösse deponiert wie Molina. Niemand hat so viele Fragen an den Bundesrat eingereicht wie er, niemand so viele Anstösse und Anregungen für neue Gesetze formuliert.

87 Vorstösse waren es bis dato. Wobei anzumerken ist, dass die grosse Kammer seit dem Legislaturstart im Dezember 2019 erst an 78 Tagen getagt hat. Zum Vergleich: Pro Kopf haben die Nationalrätinnen und Nationalräte bisher nicht mal 20 Vorstösse eingereicht.

Mit seiner Flut an Eingaben ist Molina auf dem besten Weg, frühere Vorstossköniginnen und Vorstosskönige zu verdrängen. Susanne Leutenegger Oberholzer (SP), Claude Béglé (CVP) oder Dominique Baettig (SVP) waren für ihre zahlreichen Eingaben berüchtigt. Sie alle hatten aber nach einem Drittel der Legislatur jeweils weit weniger abgeliefert als nun Molina. Auch den Spitzenreiter der vergangenen Legislatur, SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor, verweist er klar auf Rang zwei.

Die grosse Weltpolitik ist sein Spielfeld

Molina ist ein umtriebiger Politiker, gelinde gesagt. National bekannt wurde er als Juso-Präsident. Als er einst neu in den Zürcher Kantonsrat kam, dauerte es gerade mal drei Stunden bis zu seinem ersten Auftritt am Rednerpult. Im Frühjahr 2018 stiess Molina als Nachrücker in den Nationalrat. Die Themen, derer er sich annimmt, sind vielfältig. Sehr vielfältig sogar.

Zum Abschluss der Frühlingssession etwa: Molina brachte eine parlamentarische Initiative ein, mit der er den Bezug auf Gott, den Allmächtigen, aus der Bundesverfassung kippen will. In der gleichen Woche forderte er den Bundesrat auf, die Möglichkeiten eines Einfuhrverbots für Waren aus Zwangsarbeit aufzuzeigen. Und parallel verlangte er per Vorstoss, dass die Schweiz energieeffiziente Blockchain-Technologien fördert.

Sein wichtiges Spielfeld freilich ist die grosse Weltpolitik. Davon handeln die meisten seiner Vorstösse. Mal ruft er nach Gesetzen, die Reisesperren gegen hochrangige ausländische Menschenrechtsverbrecher ermöglichen. Dann moniert er Verletzungen der Genfer Flüchtlingskonvention.

Aber vor allen Dingen stellt Molina dem Bundesrat gerne und oft Fragen. Zu Rohstoff-Deals in Libyen und eingesperrten Bürgerrechtlern in Saudi-Arabien. Zu den Auseinandersetzungen in Belarus, Simbabwe und Haiti. Zu den Krisen in der Türkei, in Äthiopien und in Hongkong. Zum Nahen Osten natürlich. Und zu China. Molina sagt, als Mitglied der Aussenpolitischen Kommission sei er nun mal naturgemäss weniger mit der Gesetzgebung befasst:

«Das ist kein Dossier wie jedes andere.»

Deshalb seien Vorstösse mit die beste Möglichkeit, sich politisch einzubringen. «So kann ich etwa den Bundesrat dazu bewegen, eine öffentliche Stellungnahme zu einem Konflikt abzugeben.» Denn allzu oft, moniert Molina, sei die Exekutive von sich aus allzu schweigsam.

Vorstösse gehen auch ordentlich ins Steuergeld

Dass er verhältnismässig sehr viele Vorstösse macht, ist sich der Sozialdemokrat sehr wohl bewusst. Es entspricht seinem politischen Selbstverständnis. Er sagt:

«Ich mache einfach meinen Job.»

Vorstösse verursachen mitunter viel Aufwand für Beamte und gehen ins Steuergeld, auch das weiss Molina. Gerade die Eingaben in den Fragestunden seien allerdings unkompliziert und führten zu keinem grossen Aufwand, findet er.

Anders ist dies bei den aufwendigeren Interpellationen, Motionen und Postulaten (von denen Molina in dieser Legislatur auch schon über 20 eingereicht hat – deutlich mehr als andere). Auf 6120 Franken bezifferte der Bundesrat die Durchschnittskosten für deren Beantwortung. Die Zahl ist 13 Jahre alt, neuere Schätzungen gibt es keine.

Und schliesslich ist da noch die schärfste Waffe der Volksvertreter, eine, die gemeinhin sparsam eingesetzt wird: die parlamentarische Initiative. Damit können sie sogar eine eigene Verfassungsänderung einbringen. Viermal hat Molina dies seit 2019 getan; der Pro-Kopf-Schnitt liegt aktuell bei weniger als 0,5 Initiativen.

Andere Aussenpolitiker mögen sich wünschen, dass der SP-Mann sich mit Vorstössen etwas zurückhält. Aktionismus will sich ebendieser jedoch nicht vorwerfen lassen. Es sei die Aufgabe von Parlamentariern, etwas zu bewegen. «Wir müssen die Sorgen der Bevölkerung aufnehmen», zählt Fabian Molina auf, «der Regierung auf die Finger schauen.» Und, natürlich, schiebt er nach: Manchmal gehe es auch einfach darum, ein neues Thema zu setzen.