
Das Bundesamt für Gesundheit will bis im Sommer ein Impfzertifikat ausstellen – die wichtigsten Fragen
Was ist das Impfzertifikat?
Bis im Sommer will das Bundesamt für Gesundheit (BAG) dafür sorgen, dass «einheitliche, fälschungssichere und international anerkannte Covid-19-Impfzertifikate» ausgestellt werden können. Dies sagte BAG-Direktorin Anne Lévy am Mittwoch vor den Medien in Bern:
Man arbeite schon länger daran, aber eine gesetzliche Grundlage gebe es erst, seit das Parlament letzte Woche eine entsprechende Änderung des Covid-19-Gesetzes beschlossen hat. Das Impfzertifikat soll sowohl in digitaler Form als auch auf Papier erhältlich sein. Es soll einen «rechtssicheren Nachweis» einer erfolgten Covid-19-Impfung ermöglichen.
Wie wird das Impfzertifikat genau funktionieren?
Wie die gestrige Medienkonferenz zeigte, gibt es noch zahlreiche offene Fragen. Eine Projektgruppe mit Vertretern des BAG, des Bundesamts für Informatik, des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten und der Kantone hat ihre Arbeit aufgenommen. Sie klärt die technischen und inhaltlichen Anforderungen ans Impfzertifikat ab. Auch Vertreter der Privatwirtschaft sollen beigezogen werden.
Der Nachweis einer Impfung soll durch die verimpfende Stelle ausgestellt werden: Arztpraxen, Impfzentren oder Apotheker. Die Aufbewahrung des Zertifikats erfolgt dezentral bei der geimpften Person – digital auf dem Smartphone oder in Papierform. Für eine zentrale Speicherung der Daten, etwa in Form eines nationalen Impfregisters, fehlt die gesetzliche Grundlage.
Hingegen soll, wenn das Zertifikat fertig entwickelt ist, eine Übertragung der von den Kantonen in einem IT-Tool gesammelten Impfdaten mit Zustimmung der geimpften Person möglich sein. Klar ist: Das Impfzertifikat ist freiwillig
Wo kommt das Impfzertifikat zum Einsatz?
Schon heute zeichnet sich ab, dass der Nachweis einer Covid-19-Impfung im internationalen Reiseverkehr eine grosse Rolle spielen wird. Bereits jetzt sind Geimpfte in zahlreichen Ländern (z. B. Island) bei der Einreise von der Quarantäne- oder Testpflicht befreit.
Die Schweiz strebe deshalb eine international kompatible und anerkannte Lösung an. Das BAG befindet sich im Austausch mit der Luftfahrtbranche und koordiniert sich mit der EU, deren Mitgliedsstaaten ebenfalls bis zum Sommer einen gemeinsamen «Impfpass» ausstellen wollen. BAG-Direktorin Anne Lévy sagte dazu:
«Es ist aber klar, dass wir nicht auf eine europäische Lösung warten können, bis wir selber loslegen.»
Nebst dem Reisen könnte das Impfzertifikat auch beim Zutritt zu Veranstaltungen (z. B. Konzerten) zum Einsatz kommen. Die rechtlichen Grundlagen dafür bestehen im Prinzip. Zur konkreten Anwendung des Impfzertifikats im Kultur-, Veranstaltungs- oder auch Gastronomiebereich hat sich der Bundesrat bisher noch nicht geäussert.
Gilt das Zertifikat auch für negativ getestete Personen?
Nach dem Willen des Parlaments sollen sich mit dem Zertifikat geimpfte, negativ getestete und an Covid-19 erkrankte, aber wieder genesene Personen ausweisen können. Doch gemäss Anne Lévy hat der Impfnachweis Priorität. Ein Testnachweis sei «ungemein viel komplizierter» zu erbringen.
Beim Impfnachweis sei die Anzahl der Aussteller (Impfzentren, Apotheken, Arztpraxen) überschaubar. Beim Testen hingegen gebe es «sehr viele Player». Das Gleiche sei beim Nachweis der Genesung nach einer Erkrankung der Fall.
Diese Woche wurde ein Datenleck beim E-Impfbüchlein bekannt. Worum geht es?
Am Dienstag hatte das Online-Magazin «Republik» über schwere Sicherheitsmängel beim Portal meineimpfungen.ch berichtet, hinter dem eine gleichnamige Stiftung steht. Seit 2011 kann man dort seine Impfungen digital erfassen. Über die Jahre unterstützte der Bund die Stiftung mit 2,15 Millionen Franken. Zuletzt bewilligte er im Rahmen des Projekts MyCovidvac nochmals 450’000 Franken, um eine automatische Erfassung der Covid-19-Impfung auf der Plattform zu ermöglichen.
IT-Sicherheitsexperten gelang es aber, sich mit einfachen Tricks Zugang zu sensiblen Gesundheitsdaten der rund 450’000 registrierten Benutzer zu verschaffen. In der Folge leitete der Datenschutzbeauftragte ein Verfahren gegen die Betreiberin ein. Diese nahm die Seite vom Netz und teilte mit, die Schwachstellen würden überprüft.
Was heisst das für das geplante Impfzertifikat?
BAG-Direktorin Anne Lévy betonte, das digitale Impfbüchlein und das Impfzertifikat seien zwei unterschiedliche Projekte, die nichts miteinander zu tun hätten. Dem BAG sei es wichtig, dass die Bevölkerung Vertrauen in die Sicherheit ihrer Daten habe. Die Stiftung müsse dieses Vertrauen nun wiederherstellen: «Es ist klar, wo die Verantwortung liegt.»
Im Falle von MyCovidVac habe das BAG einen Vertrag mit der Stiftung, der Vorgaben bezüglich Datensicherheit umfasse: «Ob diese eingehalten wurden, müssen wir noch überprüfen.» Das BAG sei nur einer von mehreren Unterstützern der Stiftung gewesen.
Das Amt war in der Person von Virginie Masserey, Leiterin der Sektion Infektionskontrolle, bisher im Stiftungsrat vertreten. Sie zieht sich nun aus dem Gremium zurück, um «Unklarheit über ihre Rolle» zu vermeiden.