Impfungen in Aargauer Pflegeheimen abgeschlossen – im April startet ein Pilotprojekt in Hausarztpraxen

«Ich freue mich auf die Tagesreisli mit dem GA», sagt Margrit Bausenhart, kurz nachdem sie das zweite Mal gegen Covid-19 geimpft wurde. Sie wohnt in einer Alterswohnung des Seniorenzentrums Wasserflue in Küttigen. Am Donnerstag haben 58 Bewohnerinnen und Bewohner und 16 Pflegerinnen und Pfleger die zweite Impfung erhalten.

Damit sind die Impfungen in den 106 Aargauer Pflegeheimen abgeschlossen. Seit dem 5. Januar haben die mobilen Impfteams 5593 Bewohner und 3668 Mitarbeitende geimpft. Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati sagt:

«Es ist ein erstes wichtiges Etappenziel.»

Entsprechend gross war auch das Interesse der Medien. Zig Kameras und Augenpaare waren auf den nackten Oberarm von Margrit Bausenhart (Jahrgang 1935) gerichtet und verfolgten, wie sie gepikst wurde. Sie war selbst erstaunt, so viele Leute zu sehen, wo doch alles eingeschränkt sei.

Mit coronabedingten Einschränkungen werden wir weiterhin leben müssen. Ein Blick in die kantonale Impfstatistik zeigt, dass der Weg bis zur Herdenimmunität noch weit ist. Im Aargau leben schätzungsweise 177’000 Personen, die zur Gruppe der besonders gefährdeten Personen gehören. Sei es, weil sie älter als 65 Jahre sind oder Vorerkrankungen haben.

Bis Mittwoch haben 62’609 Aargauerinnen und Aargauer eine erste Impfung erhalten. 31’434 Personen sind zweimal geimpft. Es ist also noch nicht einmal die Hälfte der besonders gefährdeten Personen geimpft. Für jüngere und gesunde Menschen liegt der Piks angesichts des immer noch knappen Impfstoffs in weiter Ferne.

292 Pflegeheimbewohner sind seit Oktober an Covid-19 gestorben

Trotzdem ist es eine gute Nachricht, dass die Impfungen in den Pflegeheimen abgeschlossen sind und damit jene Personengruppe geschützt ist, die von der Pandemie besonders betroffen war.

Seit dem 1. Oktober sind in den Aargauer Pflegeheimen 292 Menschen gestorben, die an Covid-19 erkrankt waren. Die Impfung schützt sie nun vor einer Ansteckung oder zumindest vor einem schweren Krankheitsverlauf.

«Über Nebenwirkungen hat niemand geklagt»

Sowohl die erste als auch die zweite Impfung im Seniorenzentrum Wasserflue seien ohne Zwischenfälle verlaufen, sagt Zentrumsleiter Markus Greuter. Auch über Nebenwirkungen habe niemand geklagt. «Die Bewohnerinnen und Bewohner haben das alle sportlich genommen», sagt er.

Im Aargau machte seit Beginn der Impfkampagne nur ein Fall Schlagzeilen. Am 27. Januar teilte das Gesundheitsdepartement mit, dass ein Bewohner eines Pflegeheims nach einer Covid-19-Impfung verstorben sei.

Resultat der Obduktion liegt noch nicht vor

Kantonsärztin Yvonne Hummel hat eine Obduktion und rechtsmedizinische Untersuchung in Auftrag gegeben, um einen möglichen Zusammenhang mit der Impfung abzuklären. Diese Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen. Der Kanton wird die Öffentlichkeit aktiv über das Resultat informieren.

Fällt die Maskenpflicht für geimpfte Pflegeheimbewohner?

In den Aargauer Pflegeheimen verändert sich durch die Impfung vorerst gar nichts. Das sagt auch Wasserflue-Leiter Markus Greuter. Noch hat der Bundesrat keine Lockerungen für geimpfte Personen beschlossen.

Letzte Woche schlug er vor, dass für geimpfte Bewohnerinnen und Bewohner von Alters- und Pflegeheimen die Maskenpflicht aufgehoben werden soll. Ob diese Lockerung kommt, wird sich morgen Freitag zeigen.

Gallati sagt, man sei daran interessiert, Lockerungen für geimpfte Pflegeheimbewohner erreichen zu können. Es brauche «praktische Lösungen, die trotzdem genug Schutz bieten». Der Kanton werde aber nicht gezielt abweichen von dem, was der Bund vorgebe.

 

Markus Greuter würde sich wünschen, dass zumindest die Gastronomie wieder aufgenommen werden könnte. «So könnten die Bewohnerinnen und Bewohner wenigstens wieder einmal zusammen einen Kaffee trinken», sagt er.

Mobile Impfteams fahren jetzt Heime für Menschen mit Behinderungen an

Die mobilen Impfteams haben zwar alle Aargauer Pflegeheime zweimal besucht. Der Einsatz in den Pflegeheimen geht aber weiter. Es gehe nun darum, neue Bewohnerinnen zu impfen oder solche, die zunächst auf eine Impfung verzichtet haben und sich inzwischen umentschieden haben, sagt Impfchef Andreas Obrecht.

Nebst den Pflegeheimen fahren die mobilen Teams auch Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen an. Dort werden vorerst nur Personen geimpft, die schwere Vorerkrankungen haben oder älter als 65 Jahre sind sowie das Pflegepersonal, das sich um diese Personen kümmert.

Impfzentren Leuggern, Menziken und Laufenburg öffnen wieder

Der Impfstoff ist weiterhin knapp. Bisher hat der Aargau 105’600 Impfdosen erhalten. Am Dienstag sind 1950 Dosen des Herstellers Pfizer/Biontech eingetroffen. Eine Lieferung des Herstellers Moderna verzögert sich.

Deshalb mussten diese Woche die drei Impfzentren in Leuggern, Menziken und Laufenburg geschlossen werden. Erstmals mussten auch Termine für Erstimpfungen abgesagt werden. Betroffen waren 204 Personen, die im Impfzentrum Menziken einen Termin hatten.

Die drei Impfzentren sollten den Betrieb nächste Woche wieder aufnehmen können, sagt Impfchef Andreas Obrecht. Die Impfstofflieferung sollte am Wochenende – mit einer Woche Verspätung – im Aargau eintreffen.

Ab April ist Impfen in acht Hausarztpraxen möglich

Sich bei der Hausärztin impfen zu lassen ist im Aargau weiterhin nicht möglich. Wer über 65 Jahre alt ist oder Vorerkrankungen hat, sollte sich online auf für einen Termin in einem der Aargauer Impfzentren registrieren.

Ansonsten muss man sich bis im Mai gedulden. Dann soll eine Impfung beim Hausarzt möglich sein. Bereits im April startet ein Pilotprojekt mit acht Hausarztpraxen. Laut Impfchef Andreas Obrecht geht es beim Pilotprojekt vor allem darum, die Abläufe zu testen.

Impfstoff wird gefroren in Apotheken gelagert

Einmal aufgetaut, ist der Moderna-Impfstoff 30 Tage haltbar. Damit die Hausarztpraxen besser planen können und der Impfstoff nicht verfällt, werde er gefroren bei ausgewählten Apotheken gelagert, wo ihn die Hausärzte beziehen können, sagt Jürg Lareida, Präsident des Aargauischen Ärzteverbandes.

Nebst der Logistik gehe es auch darum, abzuschätzen, wie gross der Aufwand für die Hausärztinnen und Hausärzte sei, sagt Jürg Lareida. Der Kanton und die Hausärzte müssen nämlich noch aushandeln, wie sie für die Impfung entschädigt werden. Der vom Bund vorgeschlagene Tarif ist nicht kostendeckend. Der Kanton hat aber bereits eingewilligt, den Hausärztinnen und Hausärzten die Differenz auszugleichen.

Grosse Mengen werden die acht Pilotpraxen aber nicht verimpfen können. Laut Lareida sollen sie je Impfdosen für ungefähr 100 Patienten erhalten. Für eine Impfung in der Hausarztpraxis gelten die gleichen Kriterien, wie in den Impfzentren. Geimpft werden aktuell nur besonders gefährdete Patientinnen und Patienten. Jürg Lareida stellt klar: «Wer sich impfen will, weil er verreisen möchte, muss warten.»