Ladestation für E-Lastwagen an der A1 eröffnet: Aargau macht sich bereit für den elektrischen Schwerverkehr

Kürzlich besuchte Bundesrätin Simonetta Sommaruga das Designwerk in Winterthur – die Firma stellt elektrisch angetriebene Lastwagen her. Diese würden bestellt wie verrückt, sagte die Verkehrs- und Energieministerin bei ihrem Besuch in Winterthur. Dennoch fährt der weitaus grösste Teil der Camions auf Schweizer Strassen heute noch mit Diesel, denn die Reichweite der E-Lastwagen ist mit 250 bis 300 Kilometern beschränkt.

Damit auch der Schwerverkehr elektrisch werden kann, braucht es entlang der Autobahnen mehr Ladestationen. Auf dem Autobahnrastplatz Oftringen Ost an der A1 steht seit kurzem eine Stromtankstelle mit insgesamt acht Hochleistungsladeplätzen für Elektroautos. Die Verantwortlichen des Unternehmens Gofast haben dabei bereits an die zukünftige Elektrifizierung des Schwerverkehrs gedacht.

Auch ein 40-Tonnen-Sattelzug kann hier Strom tanken

«Wir haben bei der Konzeption der Anlage miteinbezogen, dass in den nächsten Jahren immer mehr auch grössere gewerbliche Fahrzeuge elektrisch unterwegs sein werden, und zwar vom normalen Lieferwagen bis zum 18 Meter-Lastwagen», lässt sich Domenic Lanz, der CEO von Gofast, in einer Mitteilung zur Eröffnung zitieren.

So könne in Oftringen auch ein 40-Tonnen-Sattelzug problemlos seinen Akku laden. «Es mag einfach klingen, aber in der Realität war das bislang an den meisten E-Ladestationen nicht möglich», sagt Lanz. Das Projekt in Oftringen ist Teil der sogenannten Roadmap Elektromobilität des Bundes, bei der bis 2030 insgesamt 100 Rastplätze am Nationalstrassennetz mit Schnellladeparks bestückt werden sollen.

Auf dem Dach der E-Tankstelle wird Solarstrom produziert

Laut der Mitteilung von Gofast wurde am Rastplatz Oftringen das schweizweit grösste Dach einer Stromtankstelle errichtet. Die fünf Meter hohe Konstruktion bietet Wetterschutz beim Tanken und soll künftig einen Wiedererkennungswert schaffen, wie die Firma schreibt. Zudem ist auf dem Dach eine Fotovoltaikanlage installiert, die pro Jahr rund 40’000 Kilowattstunden Solarstrom erzeugt. Gofast betont, dass bei all ihren Schnellladestationen ausschliesslich Ökostrom aus der Schweiz fliesse.

Die neue Stromtankstelle in Oftringen bietet Platz für acht gleichzeitige Ladevorgänge. Die mit allen gängigen Steckertypen ausgerüsteten Ladesäulen versorgen Fahrzeuge mit Leistungen bis zu 150 Kilowatt. Abhängig von Fahrzeugtyp, Temperaturen und Batterieladestand kann hier laut Gofast in 10 Minuten genügend Strom für 150 Kilometer zusätzliche Reichweite getankt werden.

Grossräte von Die Mitte und GLP wollen Ladestationen fördern

Gleich zwei Grossräte haben sich in den letzten Monaten mit der Infrastruktur zum Aufladen von E-Autos im Aargau beschäftigt. Werner Müller (Die Mitte) und Gian von Planta (GLP) wollten vom Regierungsrat unter anderem wissen, ob sich dieser steuerliche Anreize oder gesetzliche Vorgaben zur Installation von Ladestationen vorstellen kann.

Bei einem Einfamilienhaus könnten die Eigentümer selber entscheiden, ob sie einen Anschluss einbauen liessen, bei Mehrfamilienhäusern, Mietwohnungen und Geschäftsliegenschaften sei dies nicht der Fall, hielt Müller fest. Von Planta forderte von der Regierung gesetzliche Grundlagen, um die Installation von Elektroladestationen bei Neubauten und Garagensanierungen zu forcieren.

 

Der Regierungsrat teilt die Ansicht der beiden Grossräte, dass genügend Ladestationen ein Treiber für mehr Elektromobilität sind. Derzeit reiche die Abdeckung, die Regierung beurteilt die Situation aber «grundsätzlich als ausbaufähig», wie sie zu beiden Vorstössen festhält. Eine wichtige Rolle komme dabei Mehrfamilienhäusern zu. «Investitionsentscheide fallen dort nicht immer zu Gunsten des Einbaus von Ladestationen oder der vorbereitenden Arbeiten aus», räumt die Regierung ein.

Regierung gegen gesetzliche Vorgaben für private E-Ladestationen

Prinzipiell wäre eine gesetzliche Pflicht zur Erstellung und zum Betrieb von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge möglich. Der Regierungsrat bezweifelt aber, ob dies nötig ist: Das öffentliche Ladenetz in der Schweiz umfasse über 2000 Ladestationen, neue kämen laufend dazu. Deshalb ist die Regierung zurückhaltend, den Ausbau im privaten Bereich gesetzlich zu forcieren. Geeigneter seien Anreize, die Bauherren und Eigentümer zur Installation von Ladeinfrastrukturen animieren.

Die Gemeinden könnten bei der Nutzungsplanung zudem strengere energetische Anforderungen für Gebäuden festlegen, hält die Regierung fest. Möglich sei eine Verpflichtung für Bauherren, die bauliche Vorbereitung von Elektroladestationen bei Neubauten und Garagensanierungen zu prüfen. Der Kanton werde die Aufnahme dieser Vorgabe in das Musterformular prüfen, das er den Gemeinden für ihre Bau- und Nutzungsordnung zur Verfügung stellt.

Ladestation kann nicht bei den Steuern abgezogen werden

Derzeit kann die Installation einer Ladestelle bei einer Liegenschaft nicht von der Einkommenssteuer abgezogen werden. Wenn der Bau von Ladeinfrastrukturen «generell als energiesparende und dem Umweltschutz dienende Kosten abzugsfähig sein sollten», wäre laut Regierung eine Gesetzesänderung nötig. Dies müsste zunächst auf Bundesebene passieren, erst danach könnten die Kantone nachziehen.

Der aktuellen Entwicklung hin zu mehr Elektromobilität stehe man positiv gegenüber, hält der Regierungsrat zusammenfassend fest. Gleichzeitig ist die Regierung aber der Ansicht, «dass sich eine zukunftsfähige Entwicklung an den Marktgegebenheiten orientieren soll».