
Daniel Gubler: «Die Ungewissheit macht mich nervös»
Bei tiefen Temperaturen versammelte sich an diesem Morgen eine Gruppe junger Menschen in den Rebbergen der Kellerei Weinbau Hartmann in Remigen. Acht Lernende aus der Gastrobranche sind an diesem Tag zu Gast bei Winzer Bruno Hartmann, um beim Schneiden der Reben erste Erfahrungen zu sammeln und auszuhelfen.
Mit dabei ist auch Daniel Gubler aus Oftringen. Ursprünglich wollte der 19-Jährige Maurer werden. Er merkte aber schnell, dass er lieber drinnen arbeiten würde – so gelangte er schlussendlich zum Gastrogewerbe.
Pandemie macht Abschluss Strich durch die Rechnung
Gubler steht nach einer dreijährigen Lehre kurz vor seinem Abschluss als Restaurationsfachangestellter. Derzeit hofft er darauf, die Abschlussprüfungen absolvieren zu können, denn die Coronakrise droht dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung zu machen. «Zurzeit weiss niemand, wie die Prüfung aussehen wird. Es wird sicher keine normale Prüfung werden», erklärt er. «Üblicherweise bedient man beim Abschlussexamen vier Gäste an zwei Tischen, mit dabei ist jeweils ein Prüfer. Mit allen anderen Absolventen im Raum kann die Prüfung auf diese Weise nicht coronakonform abgehalten werden.» Bis zu den Examen bleiben noch einige Wochen. In dieser Zeit muss die Ausbildung weitergeführt werden. Der angehende Servicefachmann arbeitet im Restaurant Bären in Suhr, dieses ist wegen der Pandemie jedoch geschlossen.
Durch die Schliessung hat die Praxis der Lernenden stark gelitten. «Wir konnten wegen der Coronakrise insgesamt schon etwa fünf Monate gar nicht arbeiten. Gerade im letzten Lehrjahr sind solche Ausfälle verheerend», schildert Gubler die schwierige Lage. «Es kann sein, dass wir nochmals ein Jahr anhängen müssen, um die fehlenden Kenntnisse aus dieser Zeit nachzuholen. Es ist nicht einfach und macht mich nervös, nicht zu wissen, wie die nächsten Wochen aussehen.»
«Ich war froh, als ich wieder arbeiten gehen konnte»
Um weitere Ausbildungslücken zu vermeiden, kann er seit Anfang Januar im Hotel Aarau West aushelfen. Über die Festtage im letzten Jahr musste er jedoch nochmals pausieren. «Die Schliessung des Restaurants im Dezember und die entstandene Pause bis im Januar machte sich stark bemerkbar. Unser Beruf ist anstrengend und kann sehr stressig sein. Wenn man da aus dem Rhythmus kommt, braucht man Zeit, um wieder hineinzufinden», erzählt Gubler. «Ich habe über diese freien Tage versucht, auszuschlafen und mich zu erholen. Aber durch die fehlende Auslastung habe ich Schlafprobleme entwickelt. Ich war froh, als ich wieder arbeiten gehen konnte.»
Einen Ausgleich schaffe er sich sonst durch seine Leidenschaft, das Motorradfahren, fügt er hinzu. «Nur musste ich mein Billett vorübergehend abgeben, das erhalte ich aber zum Glück im März wieder zurück», meint der 19-Jährige schmunzelnd.
Remiger Winzer lädt zu Schulungsprojekt ein
Nun wird von Gublers Ausbildungsbetreuer Mario Wieser gemeinsam mit Bruno Hartmann ein Schulungsprojekt durchgeführt. Eigentlich hätten die Tage im Rebberg erst im Sommer stattfinden sollen, diese konnten aber vorverlegt werden. «Die schwierige Lage betrifft beide Seiten im ähnlichen Mass, die der Zulieferer sowie die der Gastrobetriebe. Da wir dieselben Konsumenten haben, ist hier Solidarität und gegenseitige Unterstützung gefragt», erklärt Wieser. «Die Schulung im Rebberg ist eine willkommene Abwechslung für alle und fördert die Zusammenarbeit mit unserem Weinlieferanten.»
Auch Winzer Bruno Hartmann zeigt sich erfreut über den Besuch der Lernenden. «Bei uns können die angehenden Servicekräfte Produkterkenntnisse erwerben. Zudem können wir auf diese Weise eine Beziehung aufbauen, was für die spätere Arbeit wichtig ist. Ausserdem haben sie den Gästen etwas zu erzählen bei der Weinempfehlung.»
Im Sommer ist dann ein erneuter Besuch angedacht, dann steht nebst der Einführung zur Weinproduktion auch eine Degustation an. Um die Weinprobe zu ergänzen, bringen die Lernenden die passenden Häppchen mit, erklärt Hartmann. Daniel Gubler wird dann vermutlich nicht mehr dabei sein. «Ich finde es aber cool, so etwas mal gemacht zu haben», sagt er. «Es ist spannend, einen Einblick in die Arbeit der Winzer zu erhalten.»