
Wie lange muss ich auf die Impfung warten? Und 10 weitere Fragen zum Impfstart im Aargau
Ruhige Festtage hatten die Mitarbeitenden im Departement Gesundheit und Soziales nicht. Zumindest Barbara Hürlimann, Leiterin der Abteilung Gesundheit, und der neue Aargauer Impf-Chef Andreas Obrecht hatten alle Hände voll zu tun. Genau am Dienstag in einer Woche soll im Aargau die erste Person gegen Covid-19 geimpft werden. Und die beiden sind zuversichtlich, dass der Termin eingehalten werden kann. Schon klar ist, dass wohl eine Bewohnerin oder ein Bewohner eines Pflegeheims die erste Impfung bekommt. Und sonst? Hier gibt es die wichtigsten Fragen und Antworten.
1. Wie läuft der Impfstart?
Am 5. Januar nehmen die beiden Impfzentren an den Kantonsspitälern in Aarau (KSA) und Baden (KSB) ihren Betrieb auf und ab dann sind auch zwei mobile Teams unterwegs, die den Impfstoff in die Aargauer Heime bringen. Am KSA wird das Impfzentrum wahrscheinlich in einem Container-Dorf eingerichtet. Am KSB wird vorerst in einem bereits bestehenden kleinen Impfzentrum im Spital geimpft. Aber auch dort soll noch ein grösseres Impfzentrum entstehen.
2. Wie kann ich mich für die Impfung anmelden?
Wer sich impfen lassen will, muss sich online anmelden. Im Moment ist das noch nicht möglich. Ab Montag, 4. Januar, 8.00 Uhr sei das Buchungssystem bereit, sagt Obrecht. Der Kanton wird vorher informieren, wo genau es zu finden ist und wie eine Anmeldung funktioniert.
3. Können ab dem 4. Januar alle impfwilligen Personen einen Termin buchen?
In einer ersten Phase nicht, weil der Impfstoff knapp ist. Der Aargau erhält in einer ersten Lieferung nur gerade 8000 Impfdosen. Das würde knapp reichen, um alle Bewohnerinnen und Bewohner in den Aargauer Heimen zu impfen. Es findet deshalb eine Priorisierung gemäss Impfempfehlung des Bundes statt, so Barbara Hürlimann. Zuerst sind besonders gefährdete Personen über 75 Jahre sowie Risiko-Patientinnen und -Patienten an der Reihe. Je mehr Impfstoff verfügbar ist, desto lockerer werden die Kriterien und desto mehr Personen können sich impfen lassen.
4. Ich bin jung und gesund. Wie lange muss ich warten?
Das hängt davon ab, wie schnell der Impfstoff in grösseren Mengen verfügbar ist; und ob neben dem bereits zugelassenen Impfstoff von Pfizer/Biontech bald auch ein zweiter Impfstoff (Moderna oder Astra Zeneca) zugelassen wird. Das Ziel sei, dass sich ab Frühling auch gesunde Aargauerinnen und Aargauer, die nicht zur Risikogruppe gehören, impfen lassen können, sagt Impf-Chef Andreas Obrecht.
5. Wer bekommt die erste Impfung?
Eine Bewohnerinnen oder ein Bewohner in einem Pflegeheim. Im Aargau sind mehrere Pilotpflegeheime bestimmt worden – grosse und kleine –, in denen die ersten Impfungen stattfinden. In diesen Heimen sollen auch die geplanten Abläufe in der Praxis überprüft werden.
6. Wie kommt der Impfstoff in die Pflegeheime?
Das ist eine logistische Herausforderung, da der derzeit verfügbare Impfstoff von Pfizer/Biontech bei minus 75°C gelagert werden muss und die Haltbarkeit bei 2-8°C lediglich fünf Tage beträgt, sagt Barbara Hürlimann. Der Impfstoff wird von der Armeeapotheke an das Transportunternehmen Planzer geliefert. Von dort werden die Impfdosen an die beiden Kantonsspitäler verteilt, wo sie bei minus 75°C in den Spitalapotheken gelagert werden. Die mobilen Teams, die den aufgetauten Impfstoff in die Pflegeheime bringen, starten von den Spitälern aus. In den Pflegeheimen muss der Impfstoff noch mit Kochsalzlösung gemischt werden, bevor er schliesslich aufgezogen und gespritzt werden kann.
7. Wer impft die Aargauerinnen und Aargauer?
Die mobilen Teams bestehen aus drei Personen: einer Gesundheitsfachperson, einem Fahrer und einer Person für die Administration. Die Pflegeheime müssen dafür sorgen, dass am Impftag eine fachkundige Person vor Ort ist, welche im Notfall – also zum Beispiel bei einer allergischen Reaktion – eingreifen könnte. Das mobile Team wird die Bewohnerinnen und Bewohner aber nicht selbst impfen. Das mobile Team ist nur etwa einen halben Tag vor Ort, damit an einem Tag zwei Pflegeheime mit Impfstoff beliefert werden können. In den drei bis vier Stunden leitet die Fachperson des mobilen Teams die Mitarbeitenden in den Pflegeheimen an. «Das Ziel ist, dass die Gesundheitsfachpersonen des Pflegeheims ihre Bewohnerinnen und Bewohner selbst impfen», sagt Barbara Hürlimann. Die Pflegeheime könnten das.
In den Impfzentren der Kantonsspitäler und den mobilen Teams setzt der Kanton auf die Mithilfe von Freiwilligen, beispielsweise pensionierten Ärzten, sowie auf die Unterstützung durch den Zivilschutz. Die Spitalmitarbeitenden sollen mit dem Impfen nicht zusätzlich belastet werden. Für den Start habe man genug Leute rekrutieren können, sagt Hürlimann. «Aber Interessierte können sich gerne per E-Mail (covid-19-impfung@ag.ch) melden, wenn sie impfen können oder anders helfen möchten.»
8. Was ist mit den älteren Menschen, die nicht in einem Pflegeheim leben und keine Möglichkeit haben, einen Termin online zu buchen?
Um auch diese Personen zu erreichen, arbeitet der Kanton mit den Hausärztinnen und Hausärzten sowie den Spitex-Organisationen zusammen. Die Idee ist es, dass diese Menschen auch über ihren Hausarzt einen Termin zum Impfen buchen können. Sollten sie nicht nach Aarau oder Baden in eines der Impfzentren reisen können, sind laut Hürlimann auch Impfungen zu Hause, zum Beispiel durch die Spitex, denkbar. «Zentral ist eine gute Koordination zwischen den Hausärzten und den Spitex-Organisationen.»
9. Warum gibt es im Aargau nur zwei Impfzentren in Aarau und Baden?
Das bleibt nicht immer so. Sobald mehr Impfstoff verfügbar ist – und möglicherweise auch ein Impfstoff, der nicht bei minus 75°C gelagert werden muss –, soll an weiteren Aargauer Spitälern geimpft werden. Später sollen auch Hausarztpraxen und in einem weiteren Schritt Apotheken folgen. «Das Impf-Angebot soll – ähnlich wie bei den Coronatests – immer weiter ausgebaut werden», sagt Hürlimann.
10. Kann ich mich auch in einem anderen Kanton impfen lassen?
Nein. Laut BAG muss man sich in seinem Wohnkanton impfen lassen. Einzige Ausnahme: Mitarbeitende mit Patientenkontakt werden wohl auch an ihrem Arbeitsort geimpft, wenn sie nicht im Aargau wohnen. Zumindest im Aargau ist der Plan, dass in den Pflegeheimen nicht nur die Bewohnerinnen und Bewohner, sondern gleichzeitig auch das Pflegepersonal geimpft werden.
11. Befreit mich eine Impfung von der Maskenpflicht, dem Abstandhalten und anderen Schutzmassnahmen?
Nein. Bis auf die Schutzmassnahmen ganz verzichtet werden kann, dauert es. Das ist erst möglich, wenn ein Grossteil der Bevölkerung durchgeimpft ist. Und jede Person muss sich zweimal im Abstand von 21 bis 28 Tagen impfen lassen. «Wir müssen sicher noch sechs bis neun Monate durchhalten. Aber das Ziel sind normale Weihnachten 2021», sagt Andreas Obrecht.
Der Impfchef
Andreas Obrecht (41) leitet die Aargauer Impfkampagne. Er hat erst vor zwei Wochen angefangen. Aufgrund eines personellen Ausfalls musste – oder wie er sagen würde – durfte er kurzfristig einspringen. Obrecht ist Wirtschaftsmathematiker. Er war lange im Risiko- und Notfallmanagement tätig. Die letzten drei Jahre war er Geschäftsleitungsmitglied der Orell Füssli Sicherheitsdruck AG, die unter anderem Banknoten herstellt. Obrecht hat im Militär Karriere gemacht und war gut zehn Jahre für die Nationale Alarmzentrale des Bundes zuständig und hat sich dort um das Ressourcenmanagement gekümmert. Im Kanton Aargau betritt er aber kein Neuland. Der Fahrwanger ist im Kantonalen Führungsstab eingeteilt und hat bereits die erste Coronawelle militärisch begleitet. Das medizinische Know-how, das es zum Aufgleisen der Impfkampagne braucht, holt er sich in seinem Team. Einerseits bei der Abteilung Gesundheit, andererseits bei den zwei Chef-Infektiologen und Spitalapothekern der beiden Kantonsspitäler, mit denen die Abteilung Gesundheit beim Impfen eng zusammenarbeitet. (nla)