Lehrlinge bauen in Eigenregie ein Mehrfamilienhaus

Seit Anfang Juni engagieren sich Lehrlinge, die fast ausschliesslich der Hallwyler-Gruppe angehören, unter der Leitung eines erfahrenen Poliers beim Bau eines Mehrfamilienhauses in Rothrist.

Während der gesamten Bauzeit werden 50 Lernende aus 28 Betrieben und diversen Berufen wie zum Beispiel Maurer, Elektriker, Haustechniker, Gärtner, Zimmermänner, Fensterbauer, Gipser, Maler, Schreiner und Metallbauer auf der Baustelle arbeiten. Plakate mit ihren Konterfeis in Lebensgrösse zieren die Baustellenabsperrung und sind so gefertigt, dass jeder Lernende sein Plakat am Schluss der Arbeiten nach Hause nehmen kann.

Die 8 Wohnungen an zentraler Lage am Bahnhof Rothrist werden voraussichtlich ab Herbst 2021 vermietet werden. Manuel Hallwyler hat bei seiner Premiere als Bauherr beim Innenausbau auf schlichte Eleganz geachtet, um günstigen Wohnraum zu schaffen.

Die Bauherrin des Mehr­familienhauses, die Hallwyler Liegenschaften AG, gehört zur Hallwyler-Gruppe. Die Firmengruppe mit zwei Baugeschäften, einer Gartenbauunternehmung und einer Spezialfirma für Unterhalts- und Sanierungsarbeiten ist einer der wichtigsten Ausbildner der Baubranche im KantonAargau.

Auf der Lehrlingsbaustelle dürfen Fehler passieren

Die Idee für die Lehrlingsbaustelle hatten Roland und Kurt Hallwyler. Ausser Polier Remo Nyffeler und Kranführer Sascha Schmied arbeiten ausschliesslich Lernende am Mehrfamilienhaus in Rothrist. Bauen braucht Mut, wenn man es noch nicht kann und zum ersten Mal macht. Die Lernenden können fragen und sich gegenseitig helfen. Die Maurerkelle müssen sie aber selber in die Hand nehmen und auch die Wand- und Deckenschalung selbständig einsetzen.

Im November haben die Lernenden der Zimmerei, mit leichtem Rückstand auf das Bauprogramm, den Dachstuhl aufgerichtet.

«Fehler passieren und sind auf der Lehrlingsbaustelle auch vorgekommen», sagt Ivan Kym, Lehrlingsbeauftragter der Gebr. Hallwyler AG. «Die Lernenden haben eine schiefe Mauer zurückgebaut, die Steine gereinigt, palettiert und die Mauer neu gemauert», sagt Kym. Er hätte nicht gedacht, dass alles so gut klappe.

«Wir lernen hier viel, weil wir alle Arbeiten selber ausführen», erklärt Lucas Schürch, Lernender im 2. Lehrjahr. Julio Cardoso, ein weiterer Lernender, fügt an: «Ich bin jetzt seit 10 Wochen auf der Lehrlingsbaustelle. Aufgrund meiner schlechten Leistungen in der Schule musste ich meine Ausbildung von EFZ auf EBA umstellen.» Seit er aber an dem Haus arbeite, gehe es ihm sehr gut. Auch seine schulischen Leistungen hätten sich verbessert.

Kym spricht denn auch von einer eigentlichen Leistungsexplosion, die er bei den Lernenden beobachtet. Das Selbstwertgefühl bei den jungen Männern ist gestiegen. Die gute Leistung der Lernenden hat sich in den Baubetrieben der Hallwyler-Gruppe und bei den Polieren herumgesprochen. Heute werde Kym für Maurer-Einsätze seiner Schützlinge angefragt, weil die Poliere wissen, dass sie etwas leisten können.

Die Lernenden führen auf Instagram einen Blog über ihren Baustellenalltag. Der Werbeeffekt für den Maurerberuf in der Generation Z ist dabei enorm. «Ich gehe fast unter in den Anfragen für Schnupperlehren», sagt Kym.

Ein Experiment, welches die Hallwyler-Gruppe bereits zum zweiten Mal startet, ist die Integrations-Lehre. Filimon Oqubay, Solomon Hagos und Filmon Andemariam aus Eritrea haben inzwischen ihre Ausbildung zum Maurer EBA begonnen.