Die Klasse meiner 15-jährigen Tochter behandelt im Fach Biologie momentan das Thema Sucht. Die Sucht ist laut Definition entweder «eine krankhafte Abhängigkeit von einem bestimmten Genuss- oder Rauschmittel» oder «ein übersteigertes Verlangen nach etwas, einem bestimmten Tun». So vielfältig die Menschen, so vielfältig ihre Süchte. Ich möchte nicht behaupten, dass es diesbezüglich keine «gesunden» Personen gibt, aber bei genauerem Studieren kommt mir niemand in den Sinn, der ohne Laster ist. Ich selber bin unter anderem sportsüchtig – früher aktiv, heute passiv. Ich kann mich nicht an einen einzigen Tag in den letzten 30 Jahren erinnern, in denen ich weder als Protagonist noch als Zuschauer  mit Sport zu tun hatte. Am liebsten bin ich heute als vielseitig interessierter Beobachter unterwegs und lasse die einzigartige Stimmung eines Wettkampfs auf mich wirken. Momentan ist das aber kaum möglich und ich behelfe mir mit Fernsehen und Internet. Und trotzdem: Ich fühle mich, als wäre ich auf Entzug.