
Das Chaos mit der Sperrstunde
Als der Bundesrat seine Beschlüsse bekannt gibt, wie der die Schweiz durch Feiertage steuern will, komme ich gerade von einem Interviewtermin in Murgenthal. «Restaurants müssen um 19 schliessen», höre ich die Stimme aus dem Autoradio sagen. Murgenthal ist wie kaum eine andere Gemeinde mit ihren Berner, Solothurner und Luzerner Nachbarn verhängt. Man pendelt zur Arbeit oder zum Einkauf in die Nachbarkantone, oder auch nur, um Freunde zu treffen – soweit das noch möglich ist. Soll den MurgenthalerInnern nun jemand erklären, was der Bundesrat genau beschlossen hat: Kantonen mit einer «günstigen epidemiologischen Entwicklung» ist es erlaubt, die Sperrstunde bis auf 23 Uhr auszuweiten. «Die Voraussetzung hierfür ist, dass der Reproduktionswert während mindestens 7 Tagen unter 1 und die 7-Tagesinzidenz während mindestens 7 Tagen unter dem Schweizer Schnitt liegt.» Aha. Gut möglich also, dass man bald in Wolfwil oder Fulenbach bis 23 sitzen bleiben kann, während in Murgenthal schon um 19 Uhr Schluss ist. Und wenn nicht, hat ja vielleicht noch eine Beiz in Pfaffnau auf. Und was ist eigentlich mit Roggwil? Manche sagen, die Pandemie zeige brutal die Schwächen des föderalen System auf. Das stimmt so nicht. Das Virus setzt die Regeln in vielen Systemen ausser Kraft – dass heisst nicht, dass in diesen Systemen grundsätzlich etwas faul ist. Föderalismus ist grundsätzlich gut. Bei der Bekämpfung der Pandemie hinterlässt er aber zunehmend Chaos und ratlose BürgerInnen.