Der «Held des Alltags» ist bescheiden geblieben

Über 150 Stunden ehrenamtliche Arbeit investierte Kevin Hirt 2015 in die «Aktion 72 Stunden». Dafür erhielt der Oftringer den Titel «Held des Alltags». Seit 2011 führt SRF die Aktion durch, um Menschen zu würdigen, die sich in ihrer Freizeit freiwillig engagieren. Auch nach fünf Jahren denkt Kevin Hirt gerne an den Preis zurück: «Es war eine schöne Geste. Ich bin heute noch fasziniert, dass es geklappt hat.» Damit spricht er die grosse Konkurrenz an: Aus rund 300 Kandidatinnen und Kandidaten wurde er gemeinsam mit zwei anderen für die Wahl nominiert. Als erster Aargauer überhaupt erhielt er schliesslich die Auszeichnung.  

Der heute 30-Jährige sieht im Titel keine Genugtuung. «Ich habe ja nicht auf den Preis hingearbeitet», so Hirt. Vielmehr sei die Auszeichnung stellvertretend für alle, die genauso viel in die Jugendarbeit investiert hatten. Auch deshalb habe er die Trophäe seinem Team der Cevi Staufen geschenkt, als er als Leiter aufhörte. «Ich habe meinen Namen gestrichen und Cevi Staufen draufgeschrieben. Heute steht er im Jugendraum», sagt der dreifache Familienvater in gewohnt bescheidener Manier. 

Der gelernte Koch ist heute als Arbeitsagoge tätig 

Aufgewachsen ist Kevin Hirt zusammen mit drei Schwestern in Schafisheim. Nach der Kochlehre und ersten Arbeitserfahrungen absolvierte er eine Zusatzausbildung zum Arbeitsagogen und arbeitete im «Ländli» Zürich mit psychisch beeinträchtigten Menschen. Heute ist er Projektleiter und Arbeitsagoge bei Blindspot, der sich durch Inklusionsprojekte in diversen Feldern wie Freizeit, Schule und Arbeit für eine Vielfaltsförderung in der Schweizer Gesellschaft einsetzt. Während der Corona-Krise habe er auf der Arbeit viel Solidarität verspürt. «Wir haben innerhalb kurzer Zeit ein Crowdfunding von knapp 40 000 Franken auf die Beine gestellt», erzählt er. Im privaten Bereich habe er die Zeit mit seiner Familie genossen, obwohl die sozialen Kontakte gefehlt hätten. Werden wir etwas aus der Pandemie lernen? «Das ist schwierig zu sagen. Ich denke, der Lockdown war dafür zu kurz», so Hirt. Eines nimmt er aber trotzdem mit: «Obwohl die Massnahmen notwendig waren, ist es erstaunlich, wie schnell es gehen kann, bis man fremdbestimmt wird.» 

Der «Held des Alltags» aus dem Jahr 2015 ist heute nicht mehr gleich engagiert wie früher. «Es geht nicht darum, dass es mir weniger wichtig wäre. Aber ich habe heute nicht die gleichen Ressourcen wie damals», so Hirt. Er sträubt sich gegen die Aussage, Eltern hätten keine Zeit, sich freiwillig zu engagieren. «Es kommt darauf an, wie man die Prioritäten setzt. Wir leiten jede zweite Woche eine Krabbelgruppe, das ist auch eine Art Freiwilligenarbeit», so Hirt. Daneben ist er der Cevi Staufen als Coach erhalten geblieben. Mit seiner grossen Erfahrung unterstützt er junge Leiterinnen und Leiter, vor allem beim Planen von Lagern. Er sieht keinen Negativtrend, wenn es um die Bereitschaft zur Freiwilligenarbeit geht. «Etwas gratis zu machen, war noch nie attraktiv», sagt er mit einem Lachen. «Ich kenne Cevis, bei denen viele Freiwillige im Einsatz stehen und die grösser werden.» 

Serie

Im Rahmen der Serie «Was macht eigentlich …?» haben Redaktorinnen und Redaktoren dieser Zeitung mit Menschen gesprochen, die Schlagzeilen gemacht haben. Wir fragen nach, was sie heute machen – und schwelgen mit ihnen in Erinnerungen.