Wer wird neuer Swiss-Chef: Ein GC-Fan, ein Lufthansa-Liebling oder ein Genfer?

Wer übernimmt den Steuerknüppel von Thomas Klühr? Obwohl der Franke offenbar schon früher abtreten wollte, hat die Swiss keinen Nachfolger präsentiert. Dies überrascht. Immerhin: Die Frage könnte am 18. November entschieden werden. Das vermutet Klühr selbst, wie er in einer Videobotschaft an das Personal am Dienstag durchblicken liess. An diesem Tag findet eine Verwaltungsratssitzung statt unter der Leitung von Swiss-Präsident Reto Francioni.

Das Gremium wird den Entscheid aber nicht alleine fällen. Die Lufthansa wird bei ihrer profitabelsten Tochterairline ein gewichtiges Wort mitreden, wenn es um die Klühr-Nachfolge geht. Am häufigsten fällt in Branchenkreisen der Name von Markus Binkert, dem aktuellen Finanzchef der Airline. Er wäre der erste Schweizer Swiss-Chef seit André Dosé, der die Airline seit ihrer Gründung 2002 bis 2004 führte.

Markus Binkert. (Bild: Keystone)

Markus Binkert. (Bild: Keystone)© Keystone

Binkerts Ernennung würde aufgrund seines Werdeganges keine Überraschung darstellen. Der 48-jährige Zürcher war bereits von 2005 bis 2018 bei der Swiss, unter anderem als Kommerzchef, bevor er von der Lufthansa nach Frankfurt berufen wurde. Dort war er für das Marketing zuständig. Im April, mitten in der Coronakrise, wurde er nach Kloten als Finanzchef zurückbeordert, wohl auch angesichts der Verhandlungen mit dem Bund. Da dürfte es der Swiss geholfen haben, einen Schweizer in der Geschäftsleitung zu haben.

Wie die «Bilanz» kürzlich schrieb, ist Binkert verheiratet, hat zwei Kinder im Teenageralter und lebt in Erlenbach ZH. Er ist Fan des Schweizer Fussball-Rekordmeisters GC und spielt Cello, Gitarre und E-Bass. Zudem gilt Binkert als sportlich: Er spielt Tennis, fährt Ski und Velo und geht regelmässig joggen. Binkert liess sich an der Hotelfachschule Lausanne zum Hotelier ausbilden und arbeitete unter anderem in den Fünf-Sterne-Betrieben «Mandarin Oriental Hong Kong» und im «Ritz» in London.

Nach einer Management-Ausbildung startete er 2001 bei der Beratungsfirma Bain, welche auch die neue Swiss und ihren CEO André Dosé unterstützte. Dosés Nachfolger Christoph Franz holte ihn dann 2005 an Bord.

Möglich wäre aber auch, dass wie in der Vergangenheit ein deutscher Lufthansa-Gesandter das Erbe Klührs antreten wird. In guter Erinnerung ist vielen Swiss-Leuten Michael Niggemann. Er war von 2017 bis 2019 Finanzchef und überzeugte derart, dass ihn die Lufthansa als Personal- und Rechtschef in den Vorstand berief. Allerdings könnte für ihn die Swiss bereits eine Nummer zu klein sein. «Viele halten ihn zu Höherem berufen», sagt ein Insider.

Der abtretende CEO Thomas Klühr mit Michael Niggemann an einer Medienkonferenz.

Der abtretende CEO Thomas Klühr mit Michael Niggemann an einer Medienkonferenz. © CH Media

Bernd Bauer hat in den letzten Jahren die Edelweiss erfolgreich geführt. Dass er nun zur grossen Schwester Swiss wechselt, gilt jedoch als unwahrscheinlich. Ihm behage der «KMU-Groove» der Edelweiss besser, wo er bei jedem Detail mitreden könne. Dies wäre bei der Swiss nicht möglich.

Edelweiss-Chef Bernd Bauer.

Edelweiss-Chef Bernd Bauer. © CH Media

Ähnlich ist der Fall bei Lorenzo Stoll. Der ehemalige Nestlé-Manager leitet das Geschäft der Swiss in Genf. Ihm gelang es nach Anfangsschwierigkeiten, in der Romandie dem Platzhirsch Easyjet Paroli zu bieten. Stoll gilt als umgänglich und kreativ. «Aber er ist kein klassischer Aviatiker», sagt der Insider. «Und in Genf hat er sein eigenes Gärtchen aufgebaut, wo er Freiheiten geniesst.»

Lorenzo Stoll, Leiter des Swiss-Geschäfts in Genf.

Lorenzo Stoll, Leiter des Swiss-Geschäfts in Genf. © Keystone

Oder es wird ein Mr. oder eine Ms. X. «Im Lufthansa-Konzern gibt es viele Leute, die auf den Chefposten bei der profitabelsten Airline scharf wären», sagt ein Firmenkenner. Eine grosse Überraschung wäre allerdings, wenn eine Frau neue Swiss-Chefin würde. Denn die männerdominierte Aviatikbranche hat es bisher verschlafen, Frauen zu fördern.