
Das Kino ist seine Familiengeschichte — Konrad Schibli eröffnet ein Oltner Kinomuseum
Das Virus ist noch immer der Regisseur in der Kinobranche. Er würde im Schnitt nur noch 30 Prozent seiner üblichen Kinoumsätze machen seit der Wiedereröffnung Anfang Juni nach dem Lockdown, sagt Konrad Schibli. Der Oltner Kinounternehmer rechnet damit, dass die Baisse noch länger andauern wird – bis Ende 2021, vielleicht sogar bis 2022. Nur die Hälfte der Plätze im Kino stehen zum Verkauf, damit die Abstände eingehalten werden können. Eine Maskenpflicht, um alle Sitze besetzen zu können, lehnt der 51-Jährige ab. «Es ist unangenehm, einen Film damit zu schauen», glaubt er. Er hofft nun auf den Kinoherbst mit dem neuen James-Bond-Film – obwohl der Blick in die USA nicht nur Gutes verspricht. Weil die Kinos in New York und Los Angeles weiterhin geschlossen sind, lancieren die grossen Studios noch keine neuen Blockbuster. Sein Team ist derzeit in 50 bis 60 Prozent Kurzarbeit, ein Covid-Kredit des Bundes sichert die nötige Liquidität.
Lockdown hatte auch gute Seite
Der Lockdown hatte für Schibli auch sein Gutes. Er konnte ein Projekt umsetzen, das er mit dem Start des neuen Kinokonzepts Kinokoni eigentlich noch vor Corona realisieren wollte: Ein Museum über die Oltner Kinogeschichte, das für Besucher kostenlos ist. Im Untergeschoss, im Foyer vor dem Kinosaal 4, hat er zusammen mit seiner Tochter Jana Schibli (Texte und Recherche sowie Interviews mit Zeitzeugen) und seiner Lebenspartnerin Karin Wyser (Design) die Entwicklung des Kinos in der Stadt nachgebildet. Es gibt einen 35-mm-Kinoprojektor zu sehen aus dem Jahr 1905, einen alten Ticketautomaten oder ein 10-minütiges Video. Hauptbestandteil des Museums ist die Geschichte seit dem ersten Oltner Kino in einem Saal des Hotels Gotthard im Jahr 1910, illustriert als Zeitachse an einer Wand mit Fotos, alten Zeitungsausschnitten und Erstausstrahlungsdaten von Filmklassikern in den Oltner Kinos.
In dritter Generation unterwegs
1998 ist dann Konrad Schibli, die dritte Generation, ins elterliche Unternehmen eingestiegen und hat gleich für erste Veränderungen gesorgt. So führt er im gleichen Jahr das erste Open-Air-Kino in der Schützi durch. Weitere Anpassungen folgen: Einzelkinos werden abgestossen (Kino Lichtspiele, 2009) oder geschlossen (Camera, 2006, Palace soll nächstes Jahr folgen), neue Liegenschaften dazugekauft (Kino Capitol, 2007; Fun Maxx Center, 2012, heute You event center in Oftringen). Aus dem Kino Tiffany wird zuerst das Youcinema und dann das Kinokoni, die Anzahl Säle steigt von einem auf vier. Die Zeiten ändern sich: Die Videotheken verschwinden, die ersten Onlineplattformen entstehen: Netflix findet man aber vergeblich auf dem Zeitstrahl an der Wand. Trotz Digitalisierung und Coronakrise ist Schibli nämlich überzeugt, dass sich die Leute das Kinoerlebnis – mit anderen in einem Saal gemeinsam bei Popcorn zu lachen, zu hoffen und zu weinen – nicht nehmen lassen wollen.
In Basel am weitesten fortgeschritten
Kinoerlebnisse sammeln – das ist ein weiteres Anliegen seines neuen Kinomuseums. Ein Gästebuch soll dafür sorgen, dass genügend Erfahrungen zusammenkommen. Ihm schwebt vor, daraus ein Buch entstehen zu lassen.
Eine weitere Idee, die der Kinounternehmer hat, wird vorläufig nicht umgesetzt: Sein Loungekino-Format mit breiten Sesseln und Häppchen-Food kann er wegen Corona nicht in andere Städte übertragen. In Basel war sein Expansionsprojekt am weitesten fortgeschritten: Er hatte rund ein Jahr für eine interessante Liegenschaft verhandelt. Der Mietpreis war dann aber doch zu hoch.
Hinweis:
Mit einer Eröffnungswoche wird die Lancierung des Oltner Kinomuseums gefeiert. Ab Donnerstag, 24. September, bis zum 30. September ist das Kino täglich ab 12 Uhr bis 22 Uhr geöffnet, es gibt ein Willkommensgetränk, eine Trailershow und 25 Prozent Rabatt auf die Kinotickets.
Weitere Veranstaltungen: Vortrag des Alt-Stadtarchivars Martin Eduard Fischer zur Oltner Kinogeschichte am 26. September um 18.30 Uhr. Infos: www.kino- koni.ch.