
«Bauhaus»-Eröffnung in Oftringen: Ein Ort der Versuchung für Heimwerker
Heimwerker, die nach einem Besuch in einem Baumarkt oft mehr Geld ausgeben als ursprünglich geplant, seien gewarnt: Bald gibt es für sie einen Ort der Versuchung mehr. Gleich bei der Autobahnausfahrt Oftringen eröffnet der Baumarkt-Gigant Bauhaus am nächsten Samstag seinen fünften Standort in der Schweiz.
Dabei hatte der Gründer des Unternehmens, der gelernte deutsche Schreiner Heinz-Georg Baus, gar nicht so recht daran geglaubt, dass die Schweizer zum Heimwerken neigen. Baus hatte 1960 in Mannheim den ersten Baumarkt gegründet, eine Pioniertat. Was damals nach amerikanischem Vorbild auf 250 Quadratmetern begann, ist heute zu einem Imperium mit über 270 Baumärkten in 19 europäischen Ländern angewachsen. In die Schweiz kam Bauhaus erst vor rund 15 Jahren; Heinz-Georg Baus musste beim Besuch bei der Konkurrenz feststellen, dass er sich getäuscht hatte: Die Schweizer sind sehr wohl dem Heimwerken zugeneigt. Dann ging es ruckzuck: 2006 eröffnete das erste Center in Niederwangen BE, es folgten Filialen in Schlieren ZH, Mels SG und im freiburgischen Matran. Heinz-Georg Baus verstarb 2016, das Unternehmen blieb in Familienbesitz. Bei Umsatzzahlen gibt es sich zurückhaltend; 2015 betrug der Brutto-Umsatz rund 6 Milliarden Euro; im Jahr 2018 beschäftigte Bauhaus fast 25000 Mitarbeitende.
Der 12 Juni war der «Point of no Return»
Und nun also Oftringen. Der Luzerner Peter Heussi, der viele Jahre lang mit dem Patron Baus zusammengearbeitet hat, ist erstaunlich entspannt, als er mit Daniela Maslic am Donnerstagmorgen durch das riesige Gebäude führt. Heussi ist Geschäftsführer der Bauhaus Fachcentren AG und Verwaltungsrat diverser Bauhaus-Holdinggesellschaften mit Sitz in Belp BE; Maslic ist Geschäftsleiterin vor Ort. «Wir sind eigentlich bereit», sagt Heussi, als wir uns dem «Stadtgarten» nähern, jener Abteilung also, die urbane Gartenfreunde anziehen soll. «Hier fehlen nur noch die Pflanzen. Die kommen ganz zum Schluss.»
Beim Rundgang nennt Heussi ein paar eindrückliche Zahlen. 16 000 Quadratmeter gross ist die Verkaufsfläche in Oftringen, zwischen 70 000 bis 80 000 Artikel gibt’s vor Ort in 15 Fachabteilungen, über 100 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden eingestellt. Viele davon sind Berufsumsteiger: Sie arbeiteten auf dem Bau oder in einem Handwerksbetrieb. Bald beraten sie Oftringen Leute, die in ihrem Heim selbst Hand anlegen wollen. «Kleinunternehmer, die bei uns einkaufen, weil sie selber kein Lager führen wollen, brauchen in der Regel keine Beratung. Privatpersonen dagegen schon», sagt Daniela Maslic. Ein Novum in der Schweiz ist die Reparaturwerkstatt – für den Fall beispielsweise, dass der Rasenmäher streikt. «Wir haben festgestellt, dass in diesem Bereich die Nachfrage sehr gross ist», so Maslic.
Sie kennt das Geschäft von der Pike auf und hat im Unternehmen eine eindrückliche Karriere hingelegt. Sie fing im ersten Schweizer Bauhaus-Markt als Kassiererin an, wurde in Mels erst zur Kassenleiterin, dann zur Personalassistentin und schliesslich zur stellvertretenden Geschäftsleiterin befördert. Seit dem 9. März managt sie den Standort Oftringen. Die Vorbereitungsarbeiten fielen also mitten in den Lockdown. «Irgendwann kam der Point of no Return, der Punkt also, an dem es kein Zurück gibt.» Konkret war dies der 12. Juni, zu einer Zeit also, als sich die Lage an der Corona-Front wieder entspannt hatte. Ab diesem Stichtag mussten Bestellungen raus, damit die Regale rechtzeitig zur Eröffnung gefüllt sind. Inzwischen stapeln sich Waren im Wert von rund zehn Millionen Franken im neuen Baumarkt. Die Breite und Tiefe des Sortiments sei ziemlich unvergleichlich, sagt Peter Heussi beim Rundgang nicht ohne Stolz. Wenn er sieht, wie die Kundinnen und Kunden mit glänzenden Augen vor den Regalen stehen, freut er sich – in der Kunst des Verführens kennt man sich bei Bauhaus aus. Wichtig ist auch, immer genug Ware an Lager zu haben. «Für den Kunden gibt es nichts Schlimmeres, als mit dem Auto 15 Kilometer zum Baufachmarkt zu fahren und ohne Ware nach Hause zurückzukehren.» Und klar, wichtig seien auch faire Preise. Die seien inzwischen auf einem Niveau, bei dem die Konkurrenz im nahen Ausland keine Rolle mehr spiele. «Der Einkaufstourismus macht mir keine Sorgen, meint Heussi trocken.
Baufachmärkte gehören zu den Gewinnern der Corona-Krise
Bis zur Eröffnung am nächsten Samstag herrscht im Gebäude für alle Mitarbeitenden, Bauleute und Handwerker strikte Maskenpflicht. «Auch bei Ihnen mache ich da keine Ausnahme», sagt Heussi. Kundinnen und Kunden werden Masken erhalten und ermuntert, diese überzuziehen – an einigen Hotspots im weitläufigen Markt könne es halt gerade in den ersten Tagen eng werden, sagt Daniela Maslic. Dass die Pandemie das Geschäft wieder drosselt, ist zwar immer noch die grösste Sorge des Bauhaus-Managements. Insgesamt blickt es aber einigermassen entspannt auf die Marktsituation. Baumärkte seien vielleicht nicht so sexy wie andere Branchen, dafür aber extrem krisenresistent. Den Trend, sein Haus, seinen Garten, seine Terrasse zu verschönern, hat das Corona-Virus nicht infizieren können, im Gegenteil. Viel des im Lockdown verlorenen Umsatzes konnte in den letzten Wochen und Monaten wieder wettgemacht werden. «Wir sind insofern systemrelevant, als dass die Leute beim Heimwerken eine sinnvolle Beschäftigung suchen und finden», sagt Heussi. Die Baumärkte als Gewinner der Krise? «Das kann man so sagen», meint Heussi. Von der Krisenresistenz haben im Lockdown auch die Angestellten – rund 500 in der Schweiz – profitiert: Sie mussten trotz Kurzarbeit keine Lohneinbussen in Kauf nehmen.
Gespannt blicken Maslic und Heussi nun dem nächsten Freitag und Samstag entgegen. Am Freitag ist Soft-Opening: Eine Art Testtag, an dem Kunden bereits einkaufen können. Die offizielle Eröffnung – mit rotem Band und Scheren – steht dann am Samstag auf dem Programm. Die eine oder andere Überraschung gebe es zwar immer, weiss Heussi. Trotzdem: «So stresslos wie diese Eröffnung war bis jetzt noch keine.»