Angeheitert durch drei Jahrzehnte – «Arbeit» und Spass auf dem Zofinger Hausberg

Achtzehneinhalb Jahre war ich alt, als das Heitere Open Air im Jahr 1991 Premiere feierte. Gekostet hat der Spass damals nichts – die Eidgenossenschaft wurde nämlich 700 Jahre alt. Von den fünf Bands, die an diesem Samstag auftraten, waren drei aus der Region. Ich sass an einer Festbank und tat im Grunde dasselbe, was ich an den darauf folgenden 29 Heitere Open Airs tat, nämlich Bier trinken und dummes Zeug schwätzen. Erfreulicherweise blieb daneben immer genug Zeit, um ein wenig Geld zu verdienen. Das Wort «Arbeit» möchte ich im Heitere-Kontext lieber vermeiden. Ich gestehe, dass ich wenige der Aufgaben, für die ich Geld kassierte, wirklich gewissenhaft ausgeführt habe. Zum Aufbauen der Bühne war ich ehrlich zu schwach, aber auch zu faul. Zum Bewachen des Künstlereingangs, der damals aus einem Gitter bestand, das man, wenn jemand kam, der wie ein Künstler aussah, etwas zur Seite schob, war ich eindeutig zu labil. Ein Gratiseintritt an meiner Pforte kostete meine Bekannten und alle, die es werden wollten, bald nur noch ein grosses Bier und als es eindunkelte, war ich froh, hatte ich das Gitter im Rücken – aus Stabilitätsgründen. Den Job als Barmann – jedenfalls, was das Technische angeht – hatte ich noch am ehesten im Griff. Schöne Biere zapfen, das ist ja auch ein wenig Ehrensache. Es waren viele, viele Biere, die ich gezapft habe. Das Kassieren hingegen war mir immer ein wenig lästig, weshalb ich oft und gerne auf runde Beträge abgerundet habe. Dasselbe hat man dann auch folgerichtig mit meinem Lohn gemacht. 

Im Jahr 2007 trat ich den Dienst beim Zofinger Tagblatt an. Ich gab mir den Namen Reto Porter und bekam ein Mikrofon in die Hand. Zusammen mit Kollege Adi, der die damals noch sauschwere Kamera schleppen und bedienen musste, stolperte ich fortan ziemlich planlos über das Festgelände und noch lieber über den Zeltplatz, nervte die Leute mit einfältigen Fragen und liess mich zum Bier einladen (man hat ja nicht umsonst immer eine Hand frei als Reporter). Heimlicher Favorit von Kameramann Adi und mir war von Anfang an der Volksschlager- Abend am Donnerstag. Da durfte man unangemeldet in die Künstler-Zone und echten Schlagerstars Fragen stellen, auf die sie normalerweise wohl keine Antwort geben würden. Wenn man richtig nett fragte, konnte man sogar ein silbernes Bühnenoutfit anprobieren, mit ihnen Liegestützen machen oder etwa ein lustiges Quiz zum Thema «Künstlernamen». Mit den Jahren wurde das Unterfangen leider immer schwieriger. Unser Ruf eilte uns voraus und führte dazu, dass wir manchmal schon am Vortag informiert wurden, dass wir zum Beispiel die Beatrice Egli doch bitte in Ruhe lassen sollten. Oder die Frau Jordi. Zwei Freunde fürs Leben fanden wir allerdings auch unter den Playback-Spezialisten: den Bernd und den Karl Heinz, besser bekannt als «die Amigos». Niemand trägt synthetische, farbige Anzüge mit mehr Stil als die beiden Herren, die gefühlte zehn Mal auf dem Heitere auftraten. Nur eine Sache nehme ich den beiden Brüdern immer noch etwas übel: Vor ein paar Jahren haben sie tatsächlich einen «Amigos-Prosecco» in einer Minidose lanciert. Einen Prosecco! Und das, obwohl Bernd gelernter Bierbrauer ist. Pfui! 

heitere@home

Am Mittwoch würde die Heitere-Woche mit der Magic Night starten. Doch wegen Corona gibt es keine Bühnen auf dem Zofinger Hausberg, keine Zeltler, keine Künstler, keine Zuschauer. Was sagen die Menschen, die sonst immer am Heitere Open Air sind, zu dieser Situation? Eines ist klar: Zu Hause sitzen und Trübsal blasen tun sie nicht.