Choschtbar mit neuem «Lieferanten»: «Unglaublich, wie viel da zusammenkommt»

Aufbackgipfeli, Käse, Gemüse, Früchte und Milchprodukte: Es hat für alle etwas dabei. (kpe)
Aufbackgipfeli, Käse, Gemüse, Früchte und Milchprodukte: Es hat für alle etwas dabei. (kpe)

Laut Bundesamt für Umwelt (Bafu) produzieren Schweizer Haushalte jährlich eine Million Tonnen Lebensmittelabfälle, was in etwa dem Gewicht von 100 Eiffeltürmen entspricht. Als Gründe für den Food Waste sieht das Bafu in einem 2019 veröffentlichten Bericht die geringe Wertschätzung von Lebensmitteln durch die Bevölkerung. Auch fehlendes Wissen über Haltbarkeit und Lagerung von Lebensmitteln führe dazu. Mindestens die Hälfte der Lebensmittelabfälle wäre laut Bafu vermeidbar. 

Seit 2016 kämpft die Choschtbar Zofingen gegen Lebensmittelverschwendung. Täglich holen zuverlässige Helferinnen und Helfer in Geschäften der Altstadt überschüssige Esswaren ab und stellen sie an der Bifangstrasse 1 gratis zum Abholen bereit. Jetzt gehen die Verantwortlichen noch einen Schritt weiter. Seit dieser Woche retten sie jeweils am Dienstag- und Donnerstagnachmittag Lebensmittel aus dem Aldi in Rothrist. 

«Das ist organisatorisch noch einmal eine ganz andere Liga», sagt Vorstandsmitglied Alexandra Fischer-Ruf. Es brauche nicht nur mehr Helferinnen und Helfer, sondern es bedeute auch einen enormen Mehraufwand für Vorstandsmitglied Eliane Gut, die die ganze Helferplanung organisiert. Gemeinsam mit Delia Folghera übernahm Alexandra Fischer-Ruf die erste Aldi-Tour am Dienstag. Die Ausbeute: Vier Kühlboxen voll mit Fleisch, Aufbackwaren, Teigen sowie Milchprodukten und drei grosse Plastiksäcke mit Gemüse und Früchten. Alles einwandfreie Nahrungsmittel, die ansonsten entsorgt worden wären. «Es ist unglaublich, wie viel zusammenkommt», so die 50-jährige Sozialarbeiterin, die für die erste Tour extra frei nahm. Und es lohnte sich: Sobald die Ware in den Schränken eingelagert war, warteten bereits die ersten glücklichen Abnehmer. Bis am Abend war bis auf wenige Sachen alles weg. 

Die Anfrage vom Aldi in Rothrist kam vor knapp drei Wochen 

Bereits vor einem Jahr startete die Choschtbar beim Aldi in Oftringen eine Anfrage – vergebens. «Sie hatten bereits Abnehmer für ihre Ware», so Fischer-Ruf. Vor knapp drei Wochen kam schliesslich eine Anfrage vom Rothrister Aldi, dessen Regionalleiter unter anderem auch die Filiale in Olten und Oensingen führt. Weil er mit der Oltner Restessbar gute Erfahrungen gemacht hatte und seit kurzem auch die Restessbar Oensingen versorgt, war er für die Filiale in Rothrist auf der Suche nach einer ähnlichen Lösung. Durch eine ehemalige Helferin der Zofinger Choschtbar, die sich nun in Oensingen engagiert, bekam er den Tipp, die Choschtbar anzufragen. 

Choschtbar rettet nicht nur Essen, sondern auch alte Kühlschränke 

Nach einem Aufruf auf Facebook ging alles ziemlich schnell. Acht Kühlboxen wurden angeschafft, von denen immer vier in Rothrist bleiben und von den Aldi-Mitarbeitern vorneweg abgefüllt werden. Von der Restessbar in Olten erhielt die Choschtbar einen kleinen Kühlschrank, der neu als Helferkühlschrank für Waren fungiert, die laut Lebensmittelgesetz nicht mehr an Dritte abgegeben werden dürfen, jedoch noch verzehrbar sind. Der alte, grössere Helferkühlschrank steht nun im öffentlichen Bereich. Ende Monat gesellt sich ein dritter hinzu, der ebenfalls vor der Entsorgung gerettet wird. Ausserdem erhielten die Verantwortlichen eine grosszügige Spende über 1000 Franken von einem treuen Sponsor. «Mit diesem Geld haben wir zusätzlichen Spielraum, um das nötige Material anzuschaffen», sagt Fischer-Ruf. 

Noch sei das Choschtbar-Team auf der Suche nach einem abschliessbaren Schrank, in dem es die Kühlboxen und Ähnliches lagern könne. Zusätzlich brauche es noch eine Lösung für verdorbene Ware. «Bis wir uns für eine definitive Variante entscheiden, müssen wir zuerst schauen, wie gross die Nachfrage ist und wie viel jeweils übrig bleibt.» 

Essen zu retten, sei ein wichtiges Thema. Doch es komme immer auch darauf an, wie viele zuverlässige Helferinnen und Helfer sich zur Verfügung stellen. «Ich könnte mir gut vorstellen, täglich beim Aldi Essen abzuholen. Aber nur, wenn wir genug helfende Hände beisammenhaben», sagt Alexandra Fischer-Ruf. Für die Aldi-Touren seien die Helfer jeweils von 13 bis 15 Uhr unterwegs. Die täglichen Touren in die Altstadt dauern knapp eine Stunde, vor und nach Ladenschluss. «Die zwei wöchentlichen Aldi-Touren sind ein guter Start. Jetzt hoffe ich einfach, dass die neuen Helfer nicht gleich nach dem ersten Mal wieder abspringen», sagt Fischer-Ruf schmunzelnd. 

Würde alles im Abfall landen: Gemüse und Früchte aus dem Aldi Rothrist (kpe)
Würde alles im Abfall landen: Gemüse und Früchte aus dem Aldi Rothrist (kpe)