Stephan Wullschleger: «Den Platz nutzen, aber die Spielregeln einhalten»

Herr Wullschleger, Sie sind jetzt seit dem 1. Januar 2014 Gemeindeammann von Strengelbach. Damals ist ein komplett neuer Gemeinderat angetreten. Wenn Sie zurückblicken: Was ist Ihnen besonders gut gelungen?

Uns war es wichtig, ein Gremium zu sein, in dem man sich gegenseitig akzeptiert und das von der Bevölkerung akzeptiert wird. Und eines, das Kritik annehmen kann. Für die Arbeit im Gemeinderat ist uns der Zusammenhalt sehr wichtig und das gegenseitige Vertrauen. Das ist uns sicher sehr gut gelungen. Unser Zusammenhalt ist vielleicht einer der besten in der ganzen Region. Wir konnten einige Projekte erfolgreich aufgleisen. Wir haben den Sozialdienst, der zuvor in Zofingen war, wieder in Strengelbach angesiedelt. Er läuft sehr erfolgreich und wir können die Fälle effizienter bearbeiten. Wir sahen aber auch: Politische Abläufe gestalten sich anders als unternehmerische. Der Gemeinderat musste lernen: In der Politik geht es länger, bis Entscheide gefällt werden können und bis man für eine Frage eine entsprechende Antwort aus den verschiedenen Abteilungen geben kann. Die Zusammenarbeit mit dem Kanton ist manchmal schwerfällig. Wir hatten Projekte, von denen wir dachten, wir könnten sie zügig umsetzen. Das Projekt Dalchenbach beispielsweise (siehe Box): Ich hatte noch nie ein Projekt, bei dem ich wir so oft auf Feld eins zurück mussten, wie bei diesem.

Was beschäftigt sie zurzeit am meisten?

Wir haben einige wichtige Projekte, die anstehen, das Projekt Gemeindesaal beispielsweise. Da stellen sich schwierige Fragen: Schauen wir da nur auf die Finanzen oder schaffen wir auch ein Werk für die nächste Generation? Beim Dalchenbach hatten wir ein Hin und Her. Wir wünschen uns eine Lösung, bei der wir konkret planen können.

Sie mussten – wie alle Gemeinden – Massnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus ergreifen. Was würden Sie heute anders machen? 

Einerseits haben wir sehr schnell massive Massnahmen eingeleitet. Wir haben den Empfangsbereich im Gemeindehaus komplett geräumt. Wir konnten zudem früh Mitarbeiter ins Homeoffice schicken. Wir haben im Gemeindehaus noch Glasscheiben, diese konnten wir geschlossen halten. Wir werten jetzt aus, was wir anders machen müssen. Wir haben die Öffnungszeiten während der ganzen Zeit eingehalten und die Dienstleistungen für die Bevölkerung vor Ort aufrecht erhalten. Wir werden überprüfen, wie wir in einem solchen Fall das Dienstangebot zukünftig noch effizienter machen können.

Die Oberstufe geht voraussichtlich ab Schuljahr 2024/25 in Zofingen zur Schule. Ist das ein Problem für die Attraktivität der Gemeinde?

Das Schulhaus muss ja erst noch gebaut werden. Uns wird das etwas kosten. Wir sehen aber auch klar: Wir erhalten einen Mehrwert. Für unsere Schülerinnen und Schüler wird es in Zofingen mehr Angebote geben als dies in Strengelbach möglich ist; ich denke an einige Nebenfächer, die wir gar nicht anbieten können, weil es zu wenig Teilnehmende gibt. Attraktivitätsverlust? Nein. Mehr Möglichkeiten für die Schülerinnen und Schüler sind ein klarer Vorteil. Es ist eher ein Vorteil. Die Bezirksschülerinnen und – schüler gehen ja bereits nach Zofingen. Wenn die gesamte Oberstufe nach Zofingen geht, schafft das auch klarere Verhältnisse.

Die Gemeinde ist in den letzten Jahren ziemlich stark gewachsen. Wie hat sich das auf die Infrastruktur ausgewirkt?

Unser Wachstum war nicht so stark wie wir zunächst angenommen hatten. Auch die Zunahme bei den Kindern hielt sich in Grenzen, so dass wir nicht mehr Schulraum planen müssen; ein gewisses Wachstum können wir auch noch auffangen mit den bestehenden Räumlichkeiten.

Der Schulpavillon stand seit seit längerem leer. Er konnte offenbar inzwischen verkauft werden. Wie ist da der Stand der Dinge?

Die Kreisschule Entfelden hat Interesse angemeldet, wir sollten in den nächsten Tagen definitiven Bescheid erhalten, wie der Terminplan ist. Es müssen beispielsweise noch Werkleitungen gelegt werden. Nach den Herbstferien sollte der Pavillon für die Klassen bezugsbereit sein.

Wieviel erhalten sie noch für den Pavillon?

Mit der Kreisschule wurde der Preis von 50‘000.- vereinbart

Projekt Gemeindesaal: Was ist der Stand der Dinge, wo steht das Dossier zur Zeit?

Wir haben die Projekte des Wettbewerbs bewertet und ein Siegerprojekt ausgewählt. Wir sind jetzt daran, die Kosten zu berechnen. Dieses Projekt ist eines von insgesamt drei Varianten. Es gibt noch zwei weitere Varianten, die wir prüfen. Einerseits die Sanierung und Umnutzung der alten Turnhallen, andererseits der Abbruch der bestehenden Gebäude bei gleichzeitiger Umnutzung der Sporthalle in einen Mehrzweckraum. In dieser letzten Variante bräuchte es einen Anbau, in dem man Dinge unterbringen kann, die für den Betrieb eines Gemeindesaals nötig sind. Wenn die drei Projekte stehen und die Kosten berechnet sind, wird sich der Gemeinderat für eine Variante entscheiden und diese der Bevölkerung vorschlagen. Damit gehen wir an die Gemeindeversammlung. Wir werden aber die anderen Projekte auch aufzeigen, damit Transparenz herrscht. Auch den Projektwettbewerb werden wir der Öffentlichkeit vorstellen.

Was ist der Zeithorizont?

Ich bin nicht sicher, ob es reicht, den Variantenentscheid an die Gemeindeversammlung vom November zu bringen. Sicher im Frühjahr 2021 soll aber der Entscheid fallen.           

Thema Littering: Da hat die Gemeinde eingegriffen und entlang des Weissenbergwegs ein 60-tägiges Parkverbot erlassen. Wie geht es weiter?

Während des Lockdowns häufte es sich leider, dass sich vor allem junge Leute dort trafen. Dagegen ist ja noch nichts einzuwenden. Aber viele schmissen den Abfall einfach in die Felder oder in den Wald. Sie benutzen nicht einmal die Abfallkübel. Das war der Grund, ein Parkverbot zu erlassen. Wir schauen jetzt, wie sich die Situation in den Sommerferien entwickelt und ob wir weitere Massnahmen ergreifen müssen.

Littering scheint ein Phänomen zu sein, das sich überall ausbreitet.

Ja, leider, vor allem an den Wochenenden. Wir haben bei uns im Dorf eine Gruppe von Pensionierten, die sich um die Sauberkeit im Dorf kümmert. Sie leistet einen grossen Beitrag an die Attraktivität Strengelbachs. Überall Überwachungskamera aufzustellen wäre auch nicht die richtige Lösung.

Sie haben eben ein Verbot von Lautsprechern auf dem Schulhausplatz erlassen. War es so schlimm?

Wir hatten viele Reklamationen aus der Nachbarschaft. Mit Kindergeschrei können die Leute noch umgehen, aber wenn überall leistungsfähige Lautsprecher laufen, wird die Ruhe definitiv gestört. Wir setzen um, was im regionalen Polizeireglement steht. Turnvereine beispielsweise können Gesuche stellen, wenn sie zu Musik turnen wollen, sie werden problemlos eine Bewilligung erhalten. Aber wir wollen unterbinden, dass generell und vor allem samstags und sonntags dauernd und laut Musik läuft. Der Platz soll und darf genutzt werden – unter Einhaltung der Spielregeln.

Sie hatten für den 20. und 21. März eine so genannte Zukunftskonferenz geplant, die abgesagt werden musste. Gibt es ein neues Datum?

Ja, der findet neu am 18. und 19. September statt. Es ist ein wichtiges Anliegen, die Zukunftsplanung gemeinsam mit der Bevölkerung anzugehen. Die Einladung wird in den nächsten Wochen in alle Haushaltungen verteilt.                 

Wenn Sie vor der Hauptausgabe der Tagesschau einen kurzen Werbespot für Strengelbach machen könnten: Was wäre Ihre Botschaft?

Strengelbach ist ländlich geblieben, verfügt aber gleichzeitig über eine sehr gute Infrastruktur und ist sehr gut an die Grossstädte angebunden – dank der Nähe zum Bahnhof Zofingen und dem Autobahnkreuz in Oftringen. Und wir haben ein tolles Naherholungsgebiet!

Zurück auf Feld eins beim Projekt Dalchenbach

Strengelbach möchte verhindern, dass der Dalchenbach in die Abwasserreinigungsanlage (ARA) fliesst, was jährliche Kosten von rund 50 000 Franken verursacht. Entsprechende Pläne verfolgt der Gemeinderat schon seit geraumer Zeit. Die bis jetzt veranschlagten 1,2 Millionen Franken für ein Projekt seien eine Annahme des Gemeinderates, schreibt dieser in einer Mitteilung. Je nach Ausführung könnten die Kosten erheblich variieren. So wollte der Gemeinderat zunächst eine Versickerungslösung des Dalchenbaches in der Nähe des Dalchenweihers realisieren. «Dies wäre die günstigste Lösung gewesen. Diese ist gemäss den kantonalen Behörden nicht bewilligungsfähig», heisst es dazu.

Damit stehe die vom Kanton vorgeschlagene und bewilligungsfähige Bachführung unter der Autobahn hindurch und mit der Einleitung in die Wigger im Vordergrund. Diese Lösung wurde vom Bundesamt für Strassen in diesem Frühling infolge zu geringer Überdeckung des Bachdurchlasses zum Strassenkoffer der Autobahn abgelehnt. Damit steht wieder die Lösung mit der offenen Bachführung parallel der Autobahn entlang mit der Einleitung in die bestehende Unterstossung im Vordergrund. Die Durchflusskapazität für das zusätzliche Wasser aus dem Dalchenbach werde noch geprüft. «Anschliessend wird eine Kostenschätzung erstellt und mit dem Kanton das Gespräch gesucht.» (zt)