Das Politisieren liegt bei der künftigen Pfaffnauer Gemeindepräsidentin in der Familie

Zur Person

Sandra Cellarius-Wyser ist am 30. Dezember 1985 in Basel geboren und in Zofingen (Mühlethal) aufgewachsen. Das politische Engagement liegt in der Familie: Mutter Vina Wyser politisierte für die SVP im Einwohnerrat Zofingen. Ihr Grossvater väterlicherseits, Alfred Wyser (der 2010 im Alter von 88 Jahren verstorben ist), war FDP-Regierungsrat und Erziehungsdirektor im Kanton Solothurn. Sandra Cellarius ist Juristin. Aktuell absolviert sie eine Weiterbildung zur eidgenössisch diplomierten Fachfrau für Finanz- und Rechnungswesen. Beruflich führt sie ein Weinhandelsunternehmen mit fünf Mitarbeiterinnen. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten mit Hund Spike, ihren Pferden Dolceto (8) und Ginger (16) sowie beim Skifahren in den Bergen. (ben)

Die 34-jährige Sandra Cellarius ist Ende März zur ersten Gemeindepräsidentin in der Geschichte von Pfaffnau gewählt worden und tritt am 1. September ihr Amt an. Ihre Wahl kann durchaus als historisch bezeichnet werden. «Eine junge, kinderlose Frau und dazu erst noch eine Liberale», sagt Cellarius selbstironisch. Sie staunt manchmal immer noch, dass es tatsächlich geschehen ist. «Ich bin aber überzeugt, dass meine Wahl im Dorf gewollt war.»

Cellarius legte einen politischen Blitzstart hin. Denn sie lebt erst seit 2016 im Dorf. Sie trat der FDP bei. «Ich wollte mich politisch engagieren.» Weil sie als Geschäftsführerin eines Weinhandelsunternehmens im Homeoffice arbeitet, hatte sie Zeit für die Kommunalpolitik. Als FDP-Gemeinderat Urs Christen aus gesundheitlichen Gründen zurücktrat, rutschte sie 2018 nach. 

Ende März ist sie von den Pfaffnauerinnen und Pfaffnauern damit das erste Mal offiziell gewählt worden – als Kandidatin fürs Gemeindepräsidium mit 482 Stimmen im ersten Wahlgang. «Ich habe mich wahnsinnig über die Unterstützung gefreut», sagt Cellarius. Sie wird am 1. September die Nachfolge des langjährigen CVP-Gemeindepräsidenten Thomas Grüter antreten. Er tritt nach 20 Jahren im Gemeinderat zurück. «Es wird nicht einfach, in Thomas’ Fussstapfen zu treten», sagt seine Nachfolgerin. Die Amtsübergabe geschehe «fliessend», Cellarius nimmt bereits an gewissen Sitzungen teil und Grüter führt sie in ihre neue Aufgabe ein.

Sie leitet seit 2018 Finanzen und Bildung

Die Gemeinderätin leitet seit dem Sommer 2018 den Bereich Bildung und Finanzen. «Wir haben einige schwierige Jahre mit roten Zahlen hinter uns», sagt sie ernst. Vom AFR18 profitiere Pfaffnau enorm, «aber nicht auf unfaire Weise». Ihr Ziel sei eine ausgeglichene Rechnung präsentieren zu können. «Lieber mit einer Steuererhöhung, als in die Schulden zu kommen.» Pfaffnau habe momentan eine gute Eigenkapitalbasis, betont die Finanzvorsteherin.

Einen politischen Kurswechsel strebt die künftige Gemeindepräsidentin nicht an, sagt sie. Die CVP hatte bisher mit drei von fünf Sitzen die Mehrheit im Gemeinderat und behält diese auch in der nächsten Legislatur. «Wir betreiben eine ausgeprägte Mitte-Politik. CVP- und FDP-Vertreter politisieren praktisch auf einer Linie», sagt Cellarius. «Vielleicht bin ich als FDP-Vertreterin eine Spur wirtschaftsorientierter», fügt sie an. Die beiden Parteien hatten bei den Wahlen ein Wahlbündnis. 

Zu den Zielen des nächsten Gemeinderats will und kann sich Cellarius noch nicht äussern. «Wir müssen erst den zweiten Wahlgang vom 28. Juni abwarten», sagt sie. Der bisherige Gemeinderat Walter Eberhard (IG UPS), der im ersten Wahlgang nicht das absolute Mehr erreichte, wird herausgefordert durch den Parteilosen Herbert Wüest. Neu in den Gemeinderat gewählt wurde bereits Andreas Müller (CVP). So viel kann Cellarius aber schon sagen: «Wir hatten bisher ein gutes Einvernehmen und arbeiteten kameradschaftlich zusammen, um Lösungen für die Gemeinde zu finden. Das will ich auch weiterhin pflegen.» 

An Pfaffnau gefällt Cellarius vor allem die Ländlichkeit. «Ich bin ein Landei. Deshalb ist es mir sehr wohl hier», sagt sie, «mich stört es auch nicht, wenn es einmal nach Säuli riecht.» Sie läuft täglich mit Hund Spike durchs Dorf. Die Klosterkirche von St. Urban hat es ihr ganz besonders angetan. Als Kraftort. «Ich glaube, dass jede Person, die in dieser Kirche ein Orgel-Konzert hört, gestärkt wieder hinausgeht.» Die künftige Gemeindepräsidentin bezeichnet sich als spirituell. «Ich bin übrigens daran, meine innere Ruhe zu finden», sagt die lebhafte und positive junge Frau verschmitzt.

Vom Kanton Luzern würde sich Sandra Cellarius wünschen, dass er Pfaffnau in der Dreiländerecke Luzern–Bern–Aargau manchmal mehr wahrnehmen würden. Die Gemeinde liege so peripher, dass jeder Behördengang nach Luzern eine Tagesreise sei. Handkehrum darf Pfaffnau in Anspruch nehmen, einen Luzerner Regierungsrat – Guido Graf – zu seinen Bürgern zu zählen. «Ich schätze ihn und finde es toll, dass er sich immer noch für die Gemeinde interessiert», sagt die künftige Gemeindepräsidentin.

 

Was sagt die neue Gemeindepräsidentin zu …

Frauen & Politik: «Wir brauchen mehr Frauen in der Politik und es ist unsere Verantwortung, uns einzubringen. Es ist nicht damit getan, die gleichen Rechte zu haben – wir müssen sie auch wahrnehmen.»

Frauen untereinander: «Meine härtesten Kritikerinnen sind Frauen»

dem Verhältnis von Frauen und Männern: «Ich habe nie erlebt, dass man mir Steine in den Weg legt. Männer haben mich oft unterstützt und schätzten es, dass ich mich einsetze.»

«Me too»-Debatte: «Ein Nein ist ein Nein, Grenzen sind zur respektieren. Ich bin in einer sicheren Zeit aufgewachsen. Als Studentin in Basel habe ich mir nie Sorgen gemacht, nachts alleine herumzulaufen. Ich weiss nicht, ob ich es heute noch täte.»

Michaela Tschuor, Gemeindepräsidentin von Wikon und bald ihre Amtskollegin: «Eine ganz tolle Frau»

ihrem Beruf als Weinhändlerin: «Er führt zu einem sehr hohen Beliebtheitsgrad. Und bei Apéros in der Gemeinde fragt man sich, ob mir der Wein wohl schmeckt.» (ben)