Militärische Hallen in Brugg werden Notfall-Asylzentrum

Per sofort werden die militärischen Hallen am Ländiweg in Brugg so aufgerüstet, dass ab Juli Asylsuchende einziehen könnten. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat in Absprache mit dem Kanton Aargau und der Stadt Brugg entschieden, die Ländi-Hallen für die Nutzung als Bundesasylzentrum vorzubereiten. Um die Asylsuchenden vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen, schafft der Bund mehr Platz in seinen Bundesasylzentren, damit Massnahmen wie Abstandhalten auch dort möglich sind. In den Ländi-Hallen sind vorerst maximal 230 Unterbringungsplätze vorgesehen.

Das Zentrum in Brugg wird laut SEM aber nur in Betrieb genommen, wenn die bestehenden Unterbringungsstrukturen des Bundes nicht ausreichen. Ob im Juli tatsächlich Asylsuchende in Brugg einquartiert werden, ist also noch nicht klar. Das hänge von der weiteren Pandemie-Entwicklung und den damit verbundenen Hygiene- und Verhaltensmassnahmen ab, sagt SEM-Sprecher Reto Kormann. Ausserdem sei die Entwicklung der Asylgesuche zu berücksichtigen, die sich relativ rasch verändern könne. «Wenn wir aus der Asylkrise von 2015/16 einen Erkenntnisgewinn hatten, dann den, dass wir mit der Suche nach Unterbringungskapazitäten für Asylsuchende nicht erst dann beginnen können, wenn die Menschen bereits bei uns Zuflucht suchen», sagt Kormann.

Bundeszentren in Muttenz BL und Boltigen BE schon in Betrieb

Neben den Ländi-Hallen hat das Staatssekretariat für Migration in den letzten Monaten auch in anderen Kantonen zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen. Im ehemaligen Bundesasylzentrum in Muttenz BL wurden 250 Plätze vorbereitet, in der Kaserne Boltigen BE weitere 50. Die beiden Bundeszentren seien inzwischen in Betrieb und beherbergten auch bereits Asylsuchende, sagt der SEM-Sprecher.

Mit dem Betrieb des Zentrums in Brugg und der Betreuung der Asylsuchenden hat der Kanton Aargau wenig zu tun. Wie in allen Bundesasylzentren ist die Betreuung und die Sicherheit im Zentrum Sache des Bundes. Das SEM beauftragt damit externe Dienstleister. «Die Kantonspolizei beziehungsweise die Regionalpolizei sind jedoch zuständig für die Sicherheit im öffentlichen Raum und für eine allenfalls notwendige Intervention im Bundesasylzentrum», sagt Stefan Ziegler, Leiter des Kantonales Sozialdienstes. Trotzdem profitiere der Aargau von einem Bundesasylzentrum auf Kantonsgebiet,
betont Ziegler. Die Asylsuchenden, die im Bundesasylzentrum in Brugg wohnen, werden dem Kanton an sein Kontingent angerechnet. Das heisst, der Aargau muss entsprechend weniger Asylsuchende in seinen kantonalen Unterkünften aufnehmen.

Dass das Staatssekretariat für Migration ausgerechnet die Ländi-Hallen als Bundesasylzentrum vorbereitet, ist kein Zufall: Die Hallen waren bereits 2017 im Rahmen der Notfallplanung Asyl von Bund, Kantonen, Städte- und Gemeindeverband befristet auf drei Jahre für die temporäre Unterbringung von Asylsuchenden vorgesehen. Damals war die Rede von bis zu 550 Asylsuchenden, die in den Hallen hätten wohnen können. Dieser Vertrag wäre Ende Juni ausgelaufen und sei nun um drei Jahre verlängert worden, sagt Ziegler. Anders als bisher werden die Ländi-Hallen aber so eingerichtet, dass ab Juli tatsächlich Asylsuchende einziehen könnten. Die letzten drei Jahre seien die Hallen anderweitig genutzt worden.

Befürchtungen der Bevölkerung sollen ernst genommen werden

Der Bund sei vor ein paar Wochen mit seinen Plänen auf den Kanton und die Stadt Brugg zugekommen, sagt Stefan Ziegler weiter. Kanton und Stadt hätten Hand geboten, erläutert er, «damit Asylsuchende nicht in den unterirdischen Notspitälern oder Zelten untergebracht werden müssen, wie dies 2016 teilweise der Fall war». Es gehe klar um eine Lösung für Notlagen, sagt auch die Brugger Frau Stadtammann Barbara Horlacher. «Es ist mit dem Bund klar abgemacht, dass die Ländi-Hallen nur als Bundesasylzentrum in Betrieb genommen werden, wenn die Kapazitäten der anderen Zentren des Bundes ausgeschöpft sind.»

Die Bevölkerung werde auf jeden Fall informiert, bevor die ersten Asylsuchenden einziehen. «Das ist mit dem Bund so abgemacht und war dem Stadtrat auch sehr wichtig», sagt Horlacher. Es gelte, die Befürchtungen der Bevölkerung, die im Zusammenhang mit Asylunterkünften fast immer laut werden, ernst zu nehmen. «Insbesondere weil die Ländi-Hallen in unmittelbarer Nähe zu einem Wohn- und Naherholungsgebiet liegen.» Aus diesem Grund ist laut Horlacher auch eine Begleitgruppe geplant, welche die Anliegen der Anwohnerinnen und Anwohner einbringen kann.