Ist nach Corona nun wieder fertig mit Home Office – oder geht es jetzt erst richtig los?

1. Macht es Sinn, dass nun alle aufs Mal wieder zurück aus dem Homeoffice ins Büro beordert werden?

Eine gestaffelte Rückkehr ist auf jeden Fall besser. Es geht immer auch darum, dass nicht zu viele Menschen gleichzeitig die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. Die Aufforderung, nicht zu Stosszeiten zur Arbeit zu fahren, ist schwieriger umzusetzen, als es klingt, denn nicht alle sind in der Lage, ihr Privat- und Sozialleben entsprechend anzupassen. Abgesehen davon: Der Bund empfiehlt nach wie vor, wenn immer möglich im Homeoffice zu arbeiten.

2. Ich arbeite in einem Grossraumbüro. Habe ich dadurch ein grösseres Risiko, angesteckt zu werden?

Ein Einzelbüro wäre sicher besser, aber das ist für die wenigsten Realität. Entscheidend ist die Bürosituation an sich: Sobald die Abstände nicht auf Dauer eingehalten werden können, ist es fahrlässig, als Unternehmen auf physische Präsenz zu pochen. Es kann erforderlich sein, die Schreibtische anders anzuordnen, Abtrennungen anzubringen oder die Laufwege einzugrenzen, sodass sie nur in eine Richtung begangen werden– Massnahmen dieser Art liegen in der Verantwortung der Firma.

3. Im Homeoffice musste ich meinem Chef wöchentlich berichten, was ich in der Woche erledigt habe. Nun, wieder zurück im Büro, bin ich davon befreit. Glaubt mein Chef insgeheim, ich sei faul?

So ist es nicht nur Ihnen ergangen. Es empfiehlt sich, nachsichtig gegenüber dieser zugegeben unsympathischen Geste zu sein, wenn Sie ansonsten mit der Führung klarkommen. Mitarbeitende aus der Distanz zu führen, stellt andere Herausforderungen an die Vorgesetzten. Jene, die in ihrem Team bis anhin keine Erfahrungen mit Homeoffice gemacht haben, sind oft erst einmal überfordert. Führungskräfte sollten sich aber bewusst sein, dass es als Misstrauensvotum ankommt, wenn sie solche Rapporte einfordern.

Statt sich darüber aufzuregen, haben Sie hoffentlich Ihren Chef mit Ihren Leistungen davon überzeugt, dass er Ihnen künftig vertraut. Entscheidend ist doch der Output. Die alleinige Präsenz im Büro war noch nie ein Indiz dafür, dass tatsächlich gearbeitet wird.

Grossraumbüros mit vielen Angestellten sind plötzlich in Frage gestellt.

Grossraumbüros mit vielen Angestellten sind plötzlich in Frage gestellt.

© Keystone

4. Werden die ständigen Videokonferenzen nun endlich verschwinden?

Ob man mit dieser Kommunikationsform warm wird oder nicht, ist keine Frage des Alters. Klar ist aber, dass Videokonferenzen in der Arbeitswelt künftig häufiger vorkommen werden. Was vielen Menschen Mühe bereitet, sind fehlende nonverbale Informationen: Soziale Interaktionen sind stark geprägt von der Mimik und der Gestik, diese Signale werden in einer Videokonferenz zwangsläufig reduziert wahrgenommen. Hinzu kommt der fehlende Augenkontakt. Viele sind unsicher, ob sie auf etwas Gesagtes reagieren sollen.

Deshalb ist es wichtig, dass jemand die Fäden in der Hand hat und die Sitzung moderiert – sonst ist peinliches Schweigen programmiert. Für Erheiterung sorgen bisweilen die Spielereien mit Filtern: Die Chefin einer politischen Organisation in den USA hatte einen externen Filter installiert, der ihr Gesicht in eine Kartoffel verwandelte. Weil sie nicht mehr wusste, wie sie den Filter wieder loswird, musste sie die ganze Konferenz über verfremdet als Kartoffel ausharren. Intern wird sie nun vermutlich nur doch «die Kartoffel-Chefin» genannt.

5. Ich habe Gefallen am Homeoffice gefunden und würde dies gerne auch in Zukunft vermehrt praktizieren. Kann ich ein Anrecht darauf geltend machen?

Nein, von Gesetzes wegen besteht kein Anspruch. Es gilt, was Sie entweder im Arbeitsvertrag vereinbart haben oder was Ihre Firma in einem entsprechenden Reglement festhält – zum Beispiel, bis zu welchem Pensum wie oft Homeoffice geleistet werden kann. Gut möglich, dass manche Firma nach den positiven Erfahrungen in der Coronakrise das Reglement überarbeiten wird. Dass Sie die Vorzüge des Homeoffice für sich entdeckt haben, verwundert nicht: Viele haben es schätzen gelernt, dass Ihnen der eingesparte Arbeitsweg mehr Freizeit bringt.

6. Warum wollen Firmen die Homeoffice-Frage überhaupt regeln?

Das hat damit zu tun, dass diese Arbeitsform eben nicht bereits seit Jahrzehnten erprobt ist, sondern für viele Neuland darstellt. Manche Firmen wollen mit offiziellen Regelungen auch einem Missbrauch vorbeugen und eine Gleichbehandlung aller Mitarbeitenden sicherstellen – obwohl das dort, wo viele verschiedene Berufe koexistieren, nicht wirklich Sinn macht. So oder so gilt: Sprechen Sie sich immer mit der vorgesetzten Person ab. Homeoffice ist am Ende immer auch eine Vertrauensfrage.

7. Kann ich jetzt wieder mit den Teamkollegen über Mittag joggen?

Joggen in der Gruppe stellt in Pandemiezeiten in der Tat ein Ansteckungsrisiko dar. Laut einer Untersuchung der Universitäten Eindhoven und Leuven sollte man sich nicht im Windschatten einer joggenden Person befinden. Wenn diese niest, hustet oder keucht, besteht die Gefahr, in eine Tröpfchenwolke hineinzulaufen. Die Forschenden empfehlen einen Abstand von mindestens zehn Metern – mit gemeinschaftlichem Joggen hat das allerdings nichts mehr zu tun. Da die Studie auf Simulationen und nicht auf Experimenten beruht, ist sie mit Vorsicht zu geniessen – aber Vorsicht ist nach wie vor das Gebot der Stunde: Wer nebeneinander joggt, muss einen Abstand von zwei Metern einhalten. Aber auch das funktioniert nur bedingt in der Gruppe, denn so breit sind die Wege nun auch wieder nicht.

8. Und wie sieht es mit dem gemeinsamen Mittagessen aus?

Sofern die Abstände eingehalten werden, ist das kein Problem. Grundsätzlich gilt: Die Ansteckungsgefahr ist in geschlossenen Räumen am grössten. Jetzt, wo die Tage wieder wärmer werden, bietet es sich entsprechend an, draussen zu essen. Die Abstandsregeln gelten aber auch da.

9. Können die Kosten für den Arbeitsplatz von den Steuern abgezogen werden?

Das ist schwierig. Wer für private Arbeitszimmer einen Anteil für Miete und weitere Infrastrukturkosten von den Steuern absetzen will, muss strenge Voraussetzungen erfüllen. Im Grundsatz gilt: Zum einen muss ein für Homeoffice genutztes Zimmer hauptsächlich dem beruflichen Zweck dienen. Ein besonderer Arbeitsplatz, der vorwiegend den Charakter eines Arbeitszimmers hat, muss auch ausgeschieden worden sein. Ein Steuerexperte erklärte dazu jüngst gegenüber CH Media: «Ein Laptop auf dem Küchentisch oder in einem Durchgang zwischen zwei Zimmern genügt nicht, um als Arbeitszimmer zu gelten.» Zum anderen muss ein wesentlicher Teil der Erwerbstätigkeit ausserhalb des Arbeitsortes erledigt werden, weil der Arbeitgeber das notwendige Arbeitszimmer nicht zur Verfügung stellt oder weil dessen Benützung nicht möglich oder zumutbar ist.

10. Ich kann künftig selber entscheiden, ob ich weiterhin Homeoffice mache oder nicht. Kann das meiner Karriere schaden, wenn ich weiter von zu Hause arbeite?

Diese Bedenken sind nachvollziehbar, gerade wenn sich Homeoffice im Unternehmen noch nicht etabliert hat und das Leistungsvermögen über Präsenz definiert wird. Umfragen haben gezeigt, dass vor allem jene mit der Homeoffice-Lösung zufrieden sind, die dies schon vor der Coronakrise praktizierten. In den eigenen vier Wänden zu arbeiten, ist nicht jedermanns Sache. Setzt die grosse Mehrheit auf Präsenz im Büro, können jenen, die vermehrt zu Hause arbeiten, tatsächlich Nachteile erwachsen, da sie sich automatisch weniger einbringen können und auch vom berühmt-berüchtigten Flurfunk abgeschnitten sind. Ausschlaggebend ist einmal mehr das Vertrauensverhältnis zwischen Ihnen und der vorgesetzten Person. Aber man kann es gar nicht genug betonen: Wenn es der Job zulässt, sollte noch immer von zu Hause gearbeitet werden.