Enges Rennen von Solidarität und Egoismus

Ich bin sicher, die meisten von Ihnen kennen Lionel Messi, Angela Merkel, Prinz Charles und Kim Kardashian. Wie aber sieht es mit Suzanne Hoylaerts aus? Sie steht für eine Reihe älterer Menschen, die in den letzten Wochen trotz Ansteckung mit dem Coronavirus zugunsten eines Fremden auf ein Beatmungsgerät verzichtet haben. «Gebt es den Jüngeren», soll die 90-jährige Belgierin gesagt haben, «ich hatte ein gutes Leben.» Ob diese Geschichte wahr ist oder nicht, spielt gar keine grosse Rolle, denn ich bin überzeugt, dass es solche Fälle tatsächlich gegeben hat. Sie sind ein kaum nachvollziehbarer Akt von Nächstenliebe. Auch sonst haben sich viele in der Coronakrise von ihrer besten Seite gezeigt, haben geholfen und das ICH für einmal hinten angestellt. Wo Licht ist, ist aber bekanntlich auch Schatten. Ein wahrscheinlich ähnlicher grosser Teil der Menschen hat bewiesen, dass in ihren Gedanken so etwas wie Solidarität nicht vorkommt. Sie haben sich nicht an die elementarsten Regeln gehalten, an keinem der Entscheidungsträger ein gutes Haar gelassen oder sich gar am Leid anderer bereichert. In den letzten Wochen war oft zu hören und lesen: «Wir schaffen das zusammen» oder «Zusammen sind wir stark». Ich möchte noch so gerne daran glauben, aber ich befürchte, dass wir in ein paar Jahren die Coronakrise wieder vergessen haben. Der Egoismus der Menschen ist grenzenlos, die Solidarität hingegen nicht.