
Das Lego-Mysterium
Die Coronakrise hat bei mir eine alte Leidenschaft geweckt: Lego. Als Kind konnte ich mich stundenlang mit den farbigen Kult-Bausteinen beschäftigen. Gemeinsam mit meinem Bruder habe ich riesige Städte zum Leben erweckt, Eisenbahnen im Kreis fahren lassen oder mit Rittern und Königen gegen Drachen gekämpft.
Mit Beginn der Pubertät rückte das Interesse für Dänemarks Exportschlager in den Hintergrund. Bald einmal verschwanden die Legosteine auf dem Dachboden des Elternhauses und waren so dem Staub gnadenlos ausgesetzt. Ganz aus meinem Gedächtnis schafften es die Steine aber nie. Letztes Jahr nahm ich mir fest vor, sie wieder aus ihrer Versenkung hervorzuholen. Nur fehlte mir die Zeit, mich ausgiebig der alten Liebe zu widmen.
Und dann kam Corona. Plötzlich hatte ich mehr als genug Zeit und packte die Gelegenheit beim Schopf. Nachdem meine Eltern das gesamte Material in Taschen bereitstellten, holte ich meine Legosammlung nach Hause und zerlegte alles in seine Einzelteile. Drei Waschmaschinengänge später lagen die unzähligen Bausteine blitzblank vor mir und schliesslich fein säuberlich nach Farbe getrennt in verschiedenen Boxen. Endlich konnte der Wiederaufbau beginnen. Aber irgendwie schien es wie verhext: Immer wieder war das Teil, das ich benötigte, genau in diesem Moment unauffindbar. Nachdem ich es nach einer gefühlten Ewigkeit doch noch gefunden habe, suchte ich das nächste Element und die Geschichte begann von vorne. Komischerweise tauchte dabei aber das vorherige Stück wie von Geisterhand aus allen Ecken auf.
Schon als Kind habe ich mich gefragt, was es mit diesem Lego-Mysterium auf sich hat. Gerade jetzt, in diesen unruhigen Tagen, finde ich es aber einfach nur schön, dass sich manche Dinge auch nach all den Jahren kein bisschen geändert haben.