Massnahme aus dem Giftschrank

Eine Massnahme im Kampf gegen Corona sorgt für Stirnrunzeln. Ab sofort darf die Kantonspolizei im Aargau auf jede Überwachungskamera zugreifen und selber neue Kameras aufstellen. So sieht es die entsprechende, auf ein halbes Jahre befristete Sonderverordnung der Regierung vor.

Dass «virtuelle Patrouillen» ein nützliches Mittel sind, die Massnahmen des Bundes durchzusetzen, steht ausser Frage. Echtzeitüberwachungen von Hotspots ermöglichen es der Polizei, ihre knappen Kräfte gezielt und effizient einzusetzen. Aber ist eine solche Massnahme auch verhältnismässig? Wie viele neue Kameras will die Polizei aufstellen? Lassen sich dadurch Ansteckungen verhindern? Oder wird nur Misstrauen in der Bevölkerung geschürt? Der Schutz der freiheitlichen Grundordnung darf auch in Notsituationen wie diesen nicht zur leeren Floskel verkommen, das Prinzip der Verhältnismässigkeit gilt– eingeschränkt– nach wie vor. Die Kritik, die Regierung nutze die Krise, um den Überwachungsstaat einzuführen, geht zwar zu weit – er will diese möglichst schnell hinter sich bringen, zum Wohl von uns allen. Aber man muss aufpassen, dass jetzt nicht Tatsachen geschaffen werden, die nach der Krise kaum mehr aus der Welt zu schaffen sind. Hoffentlich stellt die Regierung die Sonderverordnung vor Ablauf der sechs Monate dahin zurück, wo sie hingehört: in den Giftschrank.