Die Tell-Tex GmbH in Safenwil schenkt ausgemusterten Kleidern ein zweites Leben

Im Sortierwerk wird die Spreu vom Weizen getrennt.
Im Sortierwerk wird die Spreu vom Weizen getrennt.

Bestimmt hat es fast jeder schon einmal erlebt: Man hat Kleider, die einem nicht mehr gefallen oder vielleicht auch nicht mehr passen. Man sortiert sie aus und packt sie in einen Kleidersack. Diesen wirft man bei Gelegenheit in einen Altkleidercontainer, wie man ihn an vielen Orten findet. Doch was geschieht danach mit den Kleidern?

Hat man sie in einen Container der Firma Tell-Tex GmbH geworfen, dann landen sie in Safenwil. Mehrere hundert Kleidersäcke liegen in der dortigen Lagerhalle. «Im vergangenen Jahr wurden in der Schweiz etwa 50 000 Tonnen Kleider gesammelt. Davon sind rund 18 800 Tonnen Kleider bei unserer Firma eingegangen», sagt Roland Tegtmeyer. Er ist Leiter Kundenbetreuung und Kommunikation sowie für die Romandie zuständig. Und die Tendenz sei steigend. «Die schnelllebige, billige Mode führt dazu, dass wir immer mehr Kleider sammeln.»

Die Container der Tell-Tex GmbH stehen an vielen Orten. Etwa vor Coop- oder Volg-Läden oder auf dem Gemeindewerkhof. Wenn sie voll sind, holt ein Sub-Unternehmer die Kleidersäcke ab und bringt sie nach Safenwil. Am dortigen Hauptsitz sind rund 35 Personen tätig. Sie arbeiten im Lager, in der Administration oder im Aussendienst. «Gesamthaft sind rund 70 Personen für uns im Einsatz», sagt Tegtmeyer. Daneben würden sie seit 2011 auch Langzeitarbeitslose oder Menschen mit leichten Behinderungen anstellen.

Zwischen den Kleidern ist auch immer wieder Abfall

Nachdem die Kleidersäcke in Safenwil angekommen sind, gelangen sie ins Sortierwerk. Dort sind im Schnitt acht Mitarbeiter damit beschäftigt, sozusagen die Spreu vom Weizen zu trennen. Die Kleidersäcke werden aufgemacht, ihr Inhalt ausgeleert. Dabei zeigt sich schnell, ob auch Abfall zwischen den Klamotten ist. «Die Leute entsorgen in den Containern auch immer wieder ihren Elektroschrott oder auch Alteisen», sagt Tegtmeyer. Davon zeugen zwei Container. Dort liegen Mixer, Kochtöpfe und sogar ein alter Staubsauger. Auch Kleiderbügel werden immer wieder fälschlicherweise mitentsorgt.

80 bis 90 Prozent der Kleider verkauft die Tell-Tex GmbH nach Osteuropa. «In der Schweiz herrscht schlichtweg kein Markt für Altkleider», sagt Tegtmeyer. In Osteuropa würden die Kleider sortiert und in Secondhand-Läden geliefert, sie würden also wieder getragen. «Uns ist wichtig, dass die Kleider möglichst lange im Kreislauf bleiben.» Von den gesammelten Kleidern sind 65 Prozent wieder tragbar. Nur aus rund 15 Prozent der Altkleider werden Putzlappen gemacht. Aus weiteren 15 Prozent werden Fasern, wie sie etwa in der Automobilindustrie verwendet werden. Die restlichen fünf Prozent müssen schliesslich entsorgt werden.

Neben dem Export führt die Tell-Tex aber auch die offizielle Kleiderkammer der Schweizer Berghilfe und der Coop Patenschaften für Berggebiete. Familien oder Einzelpersonen mit Wohnsitz in einer Bergregion, die finanziell nicht gut dastehen, sind berechtigt, kostenlos Kleider zu beziehen. Dazu können sie ein Formular ausfüllen und der Tell-Tex GmbH schicken.

Herrin über diese Kleiderkammer ist Natascha Landheer. Die 56-Jährige nimmt die Bestellungen entgegen und füllt danach Päckchen um Päckchen, rund 400 bis 600 sind es jährlich. Jetzt liegen saisonbedingt noch Mützen und Handschuhe ganz vorne. «Die werde ich aber schon bald wieder wegräumen», sagt Landheer. Sie steht inmitten der bis oben hin mit Kleidern gefüllten Regale. Alles ist fein säuberlich nach Grösse, Geschlecht und Alter sortiert. «Wir haben hier praktisch alles. Von Babysachen bis zur Grösse 60, von Skianzügen bis zu Bikinis», sagt Landheer. Auch Umstandsmode oder Bettanzüge liegen bereit. Besonders beliebt seien Helly-Hansen-Jacken oder auch Überhosen für Kinder, sagt Landheer. «Ich musste sogar mal eine Frau für eine Hochzeit einkleiden.» Auch das hat dank des umfangreichen Lagers reibungslos geklappt.

Für die Kinder gibts Spielsachen

Die Kleider für das Berghilfe-Lager werden in der Regel explizit für die Berghilfe gespendet. Wenn etwas nicht mehr vorrätig ist, geht Landheer ins Sortierwerk und hält nach passenden Kleidern Ausschau. Manchmal können sie auch Kleider aus Konkursen oder Restposten übernehmen. Landheer zeigt auf einen Stapel roter Jacken. «Diese Firma hat ein neues Logo, deshalb konnten wir ihre alten, aber ungebrauchten, Jacken übernehmen.» Was nicht ins Lager aufgenommen wird, sind Kleider, die aus pflegeintensiven Stoffen, wie Kaschmir, bestehen. «Am liebsten haben wir neue oder kaum getragene Kleider», sagt Landheer.

Neben den Kleidern gibt es auch ein Regal voller Spielsachen und Plüschtieren. Packt Landheer einen Karton, der an eine Familie geht oder stehen Weihnachten oder Ostern vor der Tür, legt sie ein kleines Geschenk mit hinein. «Die Reaktionen darauf sind immer wieder toll», sagt Landheer.

Die Tell-Tex GmbH Die Tell-Tex GmbH in Safenwil ist eine der grössten Kleidersammler der Schweiz. Im ganzen Land werden rund 3500 Kleidercontainer betrieben. Nach dem Prinzip «Sachspenden werden zu Geldspenden» zahlt die Tell-Tex GmbH den wohltätigen Geschäftspartnern wie zum Beispiel der Stiftung Theodora oder der Coop Patenschaft für Berggebiete einen Erlös von 20 Rappen pro Kilogramm gesammelter Kleider. 2019 wurden 3 470 000 Franken ausgezahlt. Getragen wird die Tell-Tex GmbH zu 54 Prozent von den drei Schweizer Hilfswerken Schweizer Berghilfe, Stiftung Kinderdorf Pestalozzi und Vereinigung der Gelähmten, zu 36 Prozent von Loacker Swiss Recycling AG und zu 10 Prozent von der TellTrade-Swiss GmbH.