Aargauer Polizei meldet Junglenker-Unfälle, um weitere zu verhindern – braucht es eine PS-Beschränkung?

In der Nacht auf Sonntag verursachten Neulenker im Aargau zwei Unfälle. Im ersten Fall prallte ein 18-Jähriger beim Einschwenken nach einem Überholmanöver in Baden in das eben überholte Fahrzeug. Es blieb beim Blechschaden. Der Unfallverursacher musste seinen Führerschein auf Probe abgeben, den er erst seit drei Wochen besass.

Zum zweiten Unfall kam es auf der A1 bei Oberentfelden. Bei einem Überholmanöver verlor ein 19-jähriger Neulenker die Herrschaft über sein Auto und prallte in die Mittelleitplanke. Durch herumliegende Trümmerteile wurde ein weiteres Auto beschädigt. Der Unfallverursacher gab an, am Radio hantiert zu haben. Die Polizei geht Hinweisen nach, dass er mit stark übersetzter Geschwindigkeit unterwegs war. Ihm wurde der Führerausweis auf Probe abgenommen. Zudem wurde er bei der Staatsanwaltschaft angezeigt.

Schon am Donnerstag gab es einen Junglenker-Unfall: In Baden wollte ein Mann, der seinen Ausweis erst wenige Tage hatte, in eine Seitenstrasse abbiegen. Das Heck des BMWs brach aus, das Auto kam ins Schleudern und der 19-Jährige prallte in ein Absperrgitter und ein parkiertes Auto. 

Gestern Sonntag verlor ein Junglenker die Herrschaft über seinen Audi S5 und landete in Holziken in einem Garten.

Polizeisprecher: «Wir wollen die Junglenker nicht blossstellen»

Häufen sich solche Unfälle mit Junglenkern im Aargau? Nein, sagt Kantonspolizei-Sprecher Bernhard Graser, die Veröffentlichung solcher Meldungen sei Teil einer Präventionsstrategie: «Die Idee dahinter ist es nicht, verunfallte Junglenker blosszustellen, sondern andere Junglenker dazu zu ermahnen, dass sie Sorge tragen sollen.»

Mike Egle, Kommunikationschef bei der Verkehrssicherheits-Stiftung Road Cross, kann dieses Vorgehen der Kantonspolizei nachvollziehen. «Die Erfahrung zeigt, dass die Androhung von Strafe und auch deren Umsetzung eine präventive Wirkung hat.» Dies nutze Road Cross auch bei Präventionsveranstaltungen, erklärt Egle. «So zeigen wir neben dem menschlichen Leid bewusst auch auf, welche Strafen und welche finanziellen Kosten bei selbstverschuldeten Vergehen drohen.» Ein Jugendlicher oder junger Erwachsener könne sich sein Leben auf diese Art ziemlich verbauen, sagt Egle.

Polizeisprecher Graser sagt, man dürfe nicht generalisieren: Die meisten Junglenker könnten sich keine übermässig teure und PS-starke Autos leisten. «Ausserdem fährt die breite Masse der Junglenker korrekt.» Die Kombination von Neulenkern und leistungsstarken Autos sei ein Phänomen für sich. «Fehlende Fahrpraxis, gekoppelt mit übermässiger Beschleunigung und Selbstüberschätzung – diese Kombination ist fatal und birgt höchste Unfallgefahr», sagt Graser. Glücklicherweise komme es meist nur zu Selbstunfällen, ohne dass Dritte verletzt würden.

Mike Egle von Road Cross sieht dies ähnlich. «Gerade Junglenkern fehlt die Erfahrung und sie sind anfälliger für Fehler, dies zeigen auch die Unfallstatistiken.» Seien zusätzlich PS-starke Autos im Spiel, also solche mit mehr Kraft und höherer Geschwindigkeit, steige die Gefahr eines Fehlers weiter. Egle hat auch einen Lösungsvorschlag: «Wir könnten uns deshalb eine Abstufung wie bei den Motorrädern vorstellen.» Dort muss man mit schwächeren Motoren seine Erfahrungen sammeln, bevor man auf leistungsstärkere umsteigen darf. Diese Möglichkeit hält Road Cross auch bei Autolenkern für durchaus prüfenswert.

Raser und Schnellfahrer gibt es in allen Alterskategorien

Die Kantonspolizei legt ihren Fokus darauf, Raser, Schnellfahrer und Personen aus dem Verkehr zu ziehen, die in nicht fahrfähigem Zustand am Steuer sitzen. Dafür werden zivile Videofahrzeuge eingesetzt, sowie Radar- und Lasermessungen durchgeführt: «Letztere sind zwar mit erheblichem Personalaufwand verbunden, aber das effektivste Mittel», sagt Graser. Dass die Verkehrssünder bei groben Verstössen den Führerschein abgeben müssen, soll sie abschrecken: «Damit will man eine gewisse Schockwirkung erzielen.»

Ein Blick auf die Polizeimeldungen der letzten Wochen zeigt, dass Fahrzeuglenker im Aargau regelmässig mit stark übersetzter Geschwindigkeit unterwegs sind. Am 12. Januar erfasste die Polizei auf der A1 bei Spreitenbach einen 23-Jährigen, der mit 211 statt der erlaubten 120 km/h unterwegs war, am 26. Januar am selben Ort einen 21-jährigen Autolenker, der 195 km/h fuhr.

Doch es gibt nicht nur junge Raser und Schnellfahrer, wie Polizeisprecher Graser sagt. Hinter solchen massiven Geschwindigkeitsverstössen steckten in der Regel Personen aus allen Alterskategorien. So hielt die Kantonspolizei in der Nacht auf den 25. Januar auf der A1 bei Othmarsingen einen 37-jährigen Mann an, der statt der erlaubten 120 km/h mit 174 km/h fuhr. Und der Mann, der Anfang Januar in Aarburg mit einer Geschwindigkeit von über 100 km/h in eine Hausmauer fuhr und verstarb, war 52 Jahre alt.