
Kirchenglocken ausser Betrieb: Ungewohnte Ruhe in Strengelbach

Seit gestern schweigt Strengelbach. Bis Ende Februar verkündet am Samstagabend kein Glockengeläute das Wochenende mehr. Beerdigungen und Gottesdienste werden auf unübliche Weise leiser.
Grund dafür ist das Ersetzen der Stahlseile, die den 30 Meter hohen Kirchturm stabilisieren. «Die Kirchenglocken sowie die Uhr müssen während den Arbeiten abgestellt werden», so Marc Zangerl, Bauverantwortlicher der reformierten Kirchgemeinde. In jeder Ecke des mittlerweile 51-jährigen Kirchturms verlaufen acht Stahlseile vom Boden bis hoch in die Turmspitze. Sie stabilisieren den Betonturm und gleichen die Schwingungen der fünf Kirchenglocken aus, die zusammen rund neun Tonnen wiegen.
Als es 2016 zu einem heftigen Knall kam
2010 liess die reformierte Kirchgemeinde die Stahlseile erstmals teilsanieren. Laut Zangerl hat diese Teilsanierung bewirkt, dass sich der Druck auf die Kabel veränderte. Als die natürliche Korrosion ihren Teil dazu beitrug, kam es am Morgen des 4. August 2016 zu einem lauten Knall.
Die Stahlkabel waren infolge geänderter Umstände gerissen. Das Geräusch ausgelöst hatte der plötzliche Druckabfall und die Entlastung der Stahlkabel. Die Kirche schaltete die Glocken umgehend aus. Stahlbautechniker kappten die Seile in den anderen drei Turmecken, damit der Bau nicht in Schieflage geraten konnte. Die Kirche liess den Turm daraufhin durch Statiker prüfen. Eine Expertise ergab: Der Kirchturm ist ohne die fehlenden Stahlseile nicht stabil genug, um das Glockengeläut im gewohnten Rahmen zu betreiben. Also passte die Kirchgemeinde das Glockenspiel an. «Wir mussten schauen, dass die grosse Glocke nicht gemeinsam mit den anderen vier Glocken läutet», so Zangerl. Dadurch konnte man die Sicherheit stets gewährleisten, obwohl der Kirchturm nicht gespannt war. Der diplomierte Bauingenieur betont: «Der Turm war nie einsturzgefährdet.» Knapp ein halbes Jahr später, am 21. Dezember 2016, ertönte das angepasste Glockenspiel wieder.
Kirchgemeinde muss Kosten übernehmen
Nach dem Zwischenfall im 2016 musste zuerst geklärt werden, wer für den Schaden aufkommen muss. «Bis vor kurzem verhandelten unsere Anwälte noch», so Zangerl. Weil sechs Jahre zwischen der Teilsanierung der Stahlton AG und dem Vorfall liegen, ist dieser kein Garantiefall mehr. Die Garantiefrist beläuft sich auf fünf Jahre. Obwohl sich die Firma Stahlton anfangs hilfsbereit äusserte, wollte sie am Schluss nichts mehr mit der Sache zu tun haben, obwohl die Art und Weise der Teilsanierung ihre Idee war. «Aus unserer Sicht verhält sich eine kulante Firma anders», so Zangerl. Marcel Züger, Produktmanager Vorspanntechnik der Stahlton AG, betont: «Wir haben unsere Pflicht erfüllt und sind weiterhin bereit, partnerschaftlich zusammenzuarbeiten.» Nichtsdestotrotz wird die Kirchgemeinde für die Kosten zwischen 50 000 und 70 000 Franken aufkommen müssen. Diese wurden in den vergangenen Jahren glücklicherweise zurückgestellt.