«Dann habe ich ihn gewürgt»: Einbrecher auf frischer Tat ertappt und festgehalten – darf man das?

«Halt, da ist ein Einbrecher», rief Romy Loosli (60), als sie in der Nacht auf Montag einen Einbrecher in ihrer Wohnung antrifft. «Ich bin gleich nachgerannt und sie hatte ihn bereits an der Jacke gepackt», erzählt ihr Ehemann Benjamin Loosli (65) gegenüber «Blick», wie er und seine Frau den Mann vor der Flucht abhalten konnten. Es sei zu einem kurzen Kampf gekommen, bevor das Trimbacher Paar den Einbrecher runterringen und festhalten konnte. Benjamin Loosli rief anschliessend gleich die Polizei.

Am Montagmorgen nimmt die Kantonspolizei in Trimbach den mutmasslichen Täter, einen 32-jährigen Kosovaren fest. Bis zu ihrer Ankunft hielt Frau Jeker den Einbrecher, der unbewaffnet war, in Schach. Im Videointerview mit «Blick» erzählt sie, der Täter habe sich gewehrt und ihr weh getan. «Dann habe ich ihn immer wieder richtig gewürgt», sagt sie. Als er ihr sagte, dass er kaum atmen könne, «habe ich ihm gesagt, er soll sich ergeben und still halten.»

Darf Frau Loosli das?

Den Schilderungen von Romy Loosli nach, habe sie den unbewaffneten Täter also kräftig würgen müssen, um ihn unter Kontrolle halten zu können. Darf sie als Privatperson soweit gehen? «Das ist eine Art der Selbsthilfe, die grundsätzlich zulässig ist, solange man die Polizei ruft», weiss der Solothurner Rechtsanwalt Konrad Jeker. Die Strafprozessordnung berechtigt die Festnahme von Personen, wenn sie auf frischer Tat ertappt und so rasch wie möglich der Polizei übergeben werden. Sie erlaubt gar – zwar nur als äusserstes Mittel – Gewaltanwendung, solange sie «verhältnissmässig» ist. 

Das könnte unter Umständen aber auch nach hinten losgehen, wie Jeker fortfährt. «Die Notwehr von Frau Loosli könnte man als Freiheitsberaubung oder Nötigung ansehen. Schliesslich hat der mutmassliche Täter das Haus verlassen wollen.» Ausschlaggebend sei daher die Verhältnismässigkeit der Handlung: War sie den Umständen entsprechend gerechtfertigt? «In den meisten Fällen ist sie das.» Auch im vorliegenden Fall sehe er die Notwendigkeit der Handlung von Frau Loosli gegeben, auch weil sofort die Polizei gerufen wurde.

Grundsätzlich aber hat ein mutmasslicher Täter das Recht, Anklage zu erheben, wenn er verletzt wird. Das könne laut Jeker von Tätlichkeiten bis zu versuchter Körperverletzung reichen. Bei der Notwehr ist also Vorsicht geboten. 

Erleichtert die Beweisführung

Dennoch: Die Polizei scheint den Einsatz des Ehepaars zu begrüssen. «Sie haben nur geschaut und gestaunt», sagt das Paar gegenüber dem Regionalsender Tele M1. Auch in der Medienmitteilung zur Festnahme des mutmasslichen Täters in Trimbach schreibt die Kantonspolizei: «Die Anhaltung der Täterschaft am Tatort erleichtert die Beweisführung im Strafverfahren.» Das klingt nach einer Aufforderung an die Bevölkerung, ihr Privatgrundstück zu verteidigen.

Das sei nicht die Idee hinter der Aussage, sagt Thomas Kummer, Mediensprecher der Kantonspolizei. Vielmehr sei damit gemeint, dass der Täterschaft ein Delikt besser nachgewiesen werden könne, wenn dieser «in flagranti» festgenommen werden kann. Ein gewisses Mass an Zivilcourage werde durch die Polizei aber durchaus begrüsst. Eigenständiges Handeln dürfe laut Kumemr aber niemals dazu führen, dass man sich selber oder Drittpersonen in Gefahr bringt. Im Zweifelsfall rät er, nicht selber aktiv zu werden und unverzüglich die Polizei zu verständigen.

Der mutmassliche Täter war zum Zeitpunkt der Anfrage noch nicht auf freiem Fuss. Die Ermittlungen zum Fall seien noch am Laufen.