
«Ein mittelalterliches Gebilde»: Schriftsteller Alex Capus würde den Kanton Solothurn auflösen
Die Frage kommt unverdächtig daher: «Was würden Sie im Kanton Solothurn verändern?», fragt der Interviewer den Oltner Schriftsteller Alex Capus in der jüngsten Ausgabe des «SO Magazin», das die Solothurner Handelskammer und der Kantonal-Solothurnische Gewerbeverband gemeinsam herausgeben. Doch die Antwort hat es in sich: «Offengestanden würde ich den Kanton Solothurn auflösen. Er ist meiner Meinung nach ein mittelalterliches Gebilde. Der Kanton hat mit den Lebensrealitäten der Menschen nichts zu tun.»
Starker Tobak. Doch das ist noch nicht alles: «Dornach – wohl Dorneck – soll meiner Meinung nach zum Kanton Baselland, Bern oder Jura. Von Oensingen an nach Westen zum Kanton Bern und wir in Gottes Namen zum Kanton Aargau. Ungern, aber das machen wir.» Nun, wer dieses «wir» ist, lässt Capus grosszügig aus. Die Ansage ist klar: Der Kanton soll weg und in einem grösseren Ganzen aufgehen.
Schweiz darf bleiben, muss aber in die EU
Und wie hat es Capus mit der Schweiz? Sollen ihre Gemarchungen ebenfalls von der Landkarte verschwinden? So radikal ist der Schriftsteller dann auch in seinen kühnsten Träumen nicht. Aber Vorstellungen hat er auch über die Zukunft des Landes. Und das tönt dann so: «Nein, ich will die Schweiz nicht auflösen. Aber ich bin sicher, dass es im 21. Jahrhundert keinen Platz mehr hat für nationale Alleingänge und Isolationismus. Das ist vorbei. Wir müssen zusammenarbeiten und das Rahmenabkommen unter Schmerzen annehmen. Die Kooperation mit unseren Nachbarn ist unvermeidlich. Ich befürworte deshalb einen EU-Beitritt.»
Tröstlich für empfindsame Solothurnerinnen und Solothurner: Die Oltnerinnen und Oltner müssen ebenfalls daran glauben – auch wenn das ja keine Rolle mehr spielt, wenn der Kanton zu drei Teilen an die Nachbarn verteilt worden ist. Trotzdem, auf die Frage, was ihn an Olten störe, sagt Capus: «Schon ein bisschen die engen Horizonte, ja das Provinzielle, das manchmal auch einen gewissen Charme haben kann. Oft ist es aber nervtötend.»
Und: «Die Unveränderbarkeit besonders in der Lokalpolitik verschleisst Generation für Generation. Durch ein unglaubliches Beharrungsvermögen wird das Althergebrachte in eine Stagnation versetzt.» Um gleichzeitig zu konzedieren: «Dies gibt natürlich auch eine gewisse Stabilität und ist auch manchmal schön und gut. Doch manchmal dauert es zu lange, bis ein fälliger Wandel vollzogen wird.» Er sei aber inzwischen «aus dem Stadium heraus, mich für alles zu wehren», gibt Capus zu.
In Olten würde es im Kleinen beginnen
Und wie würde Veränderung für Capus in Olten aussehen? «Ich würde den Strassenbauer kommen lassen, mit Kreide Kreise auf die kahlen Strassen einzeichnen, die Stadtgärtnerei kommen lassen, dort den Bitumen aufreissen und Bäume pflanzen. Danach würde ich die Schulen mit mehr Geld besser ausstatten und dringend ein neues Schulhaus bauen. Ich würde Parkbänke aufstellen, damit die alten Leute absitzen können. Und ich würde mit den Steuern ein bisschen raufgehen, damit das alles überhaupt finanziert werden kann.»