Zuerst kommt der Alltag – dann geht es nach Bern

Der Tag nach der Wahl in den Nationalrat ist für sie ein intensiver politischer Arbeitstag: Martina Bircher (Bild: Joel Widmer)
Der Tag nach der Wahl in den Nationalrat ist für sie ein intensiver politischer Arbeitstag: Martina Bircher (Bild: Joel Widmer)
Glückwünsche gab es reichlich am Tag nach der Wahl. Gestern stand jedoch beim neu gewählten SVP-Nationalräten Benjamin Giezendanner die Arbeit im Zentrum. (Bild: egu)
Glückwünsche gab es reichlich am Tag nach der Wahl. Gestern stand jedoch beim neu gewählten SVP-Nationalräten Benjamin Giezendanner die Arbeit im Zentrum. (Bild: egu)

Der Lärm ist ohrenbetäubend: Auf dem Giezendanner-Areal in Rothrist entsteht eine neue Abfüllanlage für chemische Güter. «Es gibt zehn neue Arbeitsplätze», erklärt Geschäftsführer und Mitinhaber Benjamin Giezendanner. Auf dem Weg in sein Büro gratulieren ihm Mitarbeiter zu seiner Wahl. «Im Moment ist viel los», sagt der 37-jährige neu gewählte SVP-Nationalrat. Ab Dezember politisiert Benjamin Giezendanner in Bern. Um sofort loslegen zu können, führt ihn sein Vater ein. SVP-Urgestein Ueli Giezendanner (65) kennt sich nach 28 Jahren in Bundesbern bestens aus. «Von seinem Wissen kann ich nur profitieren», betont Benjamin Giezendanner. Dass er sich gerne in der Verkehrskommission einbringen möchte, liege als Transpörtler auf der Hand. Während er am 5. November als Grossrat zurücktritt, möchte er sich mehr im Aargauer Gewerbeverband engagieren. Als Vizepräsident kann er sich vorstellen, das Präsidium zu übernehmen.

Benjamin Giezendanner setzt Prioritäten

«Im eigenen Unternehmen werde ich mehr Verantwortung delegieren», sagt Benjamin Giezendanner. Eine Geschäftsleitungsassistentin unterstützt ihn künftig geschäftlich und politisch. Zudem hat er einen jungen Studenten angestellt. «Die Zeit, selber zu recherchieren, habe ich nicht mehr, denn das Familienleben darf nicht zu kurz kommen», sagt der zweifache Vater. An die erste Sitzung in Bern begleiten ihn seine Frau Jasmine und die 4-jährige Tochter Sophia. «Sie war die Einzige, die sich über meine Wahl nicht so gefreut hat, weil sie dachte, dass ich nach Bern ziehe.» Dies tut der Rothrister nicht, sondern pendelt künftig mit der Bahn und frischt dabei sein Französisch auf.

Martina Bircher will kein Lobbymandat

Martina Bircher kommt die Treppe hinauf ins Aarburger Rathaus. Der Tag nach der Wahl in den Nationalrat ist für sie ein intensiver politischer Arbeitstag. Den ganzen Nachmittag hat der Gemeinderat für eine Strategiesitzung reserviert. Eine kurze Gratulation der Kollegen an die Neo-Nationalrätin – und schon geht es in die Dossiers. Politischer Alltag, wie ihn die Schafferin Bircher mag. Etwas spezieller ist der Tag aber dennoch. Aus der ganzen Schweiz treffen noch immer Gratulationen ein.

Und die Gedanken sind schon bei der Vorbereitung auf die erste Session im Dezember. «Es ist schon etwas ungewiss, was auf einen zukommt», sagt die SVP-Politikerin. «Man fragt sich auch mal: ‹Pack ich das, kann ich das?›». Sie werde es aber so machen, wie in den vorherigen Mandanten und sich gut in die Dossiers einlesen. Am liebsten würde sie in die Gesundheitskommission. «Aber dann werde ich sicher kein Lobbymandat bei einer Krankenkasse annehmen.»

Im Gemeinderat wird die 35-Jährige bleiben, aus dem Grossrat hingegen zurücktreten. Und mit ihrem Arbeitgeber wird sie schauen müssen, ob sie während der Sessionen reduzieren kann. Und dann stellt sich noch die knifflige Frage der Kinderbetreuung, wenn sie in Bern im Parlament weilen wird. Wie bei vielen anderen jungen Politiker-Familien stehen da neben dem Partner die Grosseltern im Fokus. «Die Eltern meines Partners wohnen in Bern. Das würde ja noch passen», sagt Bircher und lacht.