Kann die SVP dank prominenten Kandidaten ihre Stärke halten?

Bei den Nationalratswahlen im Oktober hat der Bezirk Zofingen vier Sitze «zu verteidigen». SP-Nationalrat Cédric Wermuth wird dies problemlos gelingen. SVP-Kantonalpräsident Thomas Burgherr dürfte die Wiederwahl in die grosse Kammer ebenfalls schaffen, in seinem Schlepptau wohl auch jemand aus dem Trio Benjamin Giezendanner, Martina Bircher und Christian Glur. Die gewählte Person könnte auf dem Sitz des abtretenden Ueli Giezendanner Platz nehmen. Auch bei der FDP tritt mit der Köllikerin Corina Eichenberger eine langjährige Nationalrätin zurück. Chancen auf dieses Mandat darf sich Sabina Freiermuth ausrechnen. Doch sie hat starke Konkurrenz, gerade auch von Frauen aus anderen Bezirken. (zt)

 

BDP: Familiensache

Bei der BDP liegt sicher kein Sitz drin für die Kandidaten aus der Region. Kantonal ist die Frage, ob es Bernhard Guhl schafft, den Sitz zu verteidigen. Nach Kräften unterstützt ihn dabei die Familie Basler aus Kölliken. Natascha Basler kandidiert auf der Hauptliste, ihr Mann Roland auf der Unterliste mit dem Namen «die Dritte». Die BDP hat allgemein einen schweren Stand. Laut Prognosen könnte die Partei bis zu einem Drittel der Wählerinnen und Wähler verlieren. Die Partei hat seit dem Rücktritt von Eveline Widmer-Schlumpf aus dem Bundesrat ihr Zugpferd verloren. (jow)

CVP: Basis-Wahlkampf total

Die CVP setzt im Kanton Aargau auf die Mobilisierung der Basis, um den drohenden Wählerschwund zu bekämpfen. Sie tritt mit der stattlichen Zahl von acht Listen zur Wahl an. Damit kandidieren viele Parteimitglieder selbst. Auf der Liste für die Regionen Aarau und Zofingen stehen mit Robert Weishaupt, Jonathan Bürki und Thomas Ramseyer drei Politiker aus Zofingen. Dazu kommen vier Oftringer: Raphael Zimmerli, Abdelwahad El Hajjar, Daniel Lüthy und Mike Panichella. (jow)

EDU: Geringe Chancen

Die Eidgenössisch-Demokratische Union tritt aus der Region Zofingen mit zwei Kandidierenden zu den Nationalratswahlen an. Einerseits mit Martin Bossert aus Rothrist und andererseits mit Martina Bolliger aus Kirchleerau. Nach Bern dürfte es niemand aus dem Duo schaffen, wie wohl auch niemand von der gesamten EDU-Liste. Die EDU verlor ihren einzigen Sitz bei den Nationalratswahlen 2011. Der bekannteste Kopf der wertkonservativen Partei war Christian Waber; er vertrat die EDU von 1997 bis 2009 im Nationalrat. Sie stellt noch 20 kantonale Parlamentsmitglieder in fünf Kantonen. (jow)

EVP: Alle für Studer

Bei der Evangelischen Volkspartei sind die Kandidaten aus der Region Zofingen wohl Wahlhelfer von Grossrätin Liliane Studer aus Wettingen. Sie sitzt seit 2002 im Grossen Rat. Falls die EVP wieder einen Sitz holt, geht dieser ziemlich sicher an sie – ihr Vater Heiner Studer war von 1999 bis 2007 Nationalrat. Auf der Liste stehen Grossrat Urs Plüss aus Zofingen, Lucien André Baumgaertner aus Strengelbach und Einwohnerrätin Claudia Schürch-Meder aus Zofingen. Auf der Liste EVPplus treten Peter Rytz aus Kölliken und Beat Bachmann aus Brittnau an. Die EVP verfügt im Nationalrat noch über zwei Sitze. Zwischen 1967 und 1995 und zwischen 1999 und 2007 waren es drei Sitze gewesen. (jow)

FDP: Sabina Freiermuth in den Startlöchern

Die Zofingerin Sabina Freiermuth hat sich als FDP-Fraktionspräsidentin im Grossrat in der Affäre um SVP-Regierungsrätin Franziska Roth über die Parteigrenzen hinweg einen Namen gemacht. Überlegt, trotzdem bestimmt und angriffig kritisierte sie Roth. Das brachte ihr auch Medienpräsenz ein, was im Vorfeld des Nationalratswahlkampfes natürlich Gold wert ist. Und die Konstellation ist günstig. Einerseits tritt die langjährige Kölliker Nationalrätin Corina Eichenberger nicht mehr an. Und da es Thierry Burkart in den Ständerat schaffen dürfte, ziehen wohl neben Matthias Jauslin zwei neue FDP-Politiker ins Bundeshaus ein – oder besser gesagt Politikerinnen. Denn neben Freiermuth, die im Wahlkampf in anderen Regionen noch zulegen kann, werden auch Grossrätin Maja Riniker aus Suhr und Grossrätin Jeanine Glarner aus Möriken-Wildegg gute Chancen eingeräumt. Glarner dürfte vom Regierungsratswahlkampf profitieren. Sollte sie es dort nicht schaffen, reicht es vielleicht für den Nationalrat. (jow)

glp: Grossratspräsidium als Trumpf

Aktuell den Grossen Rat zu präsidieren, ist ein Trumpf, der in früheren Wahljahren oft gestochen hat. In dieser glücklichen Ausgangslage befindet sich Renata Siegrist. In ihrer präsidialen Funktion hat sie insbesondere im wählerstarken Ostaargau zahlreiche Auftritte vor potenziellen Wählerinnen und Wählern. Mit auf der Liste ist der Zofinger Stadtrat Dominik Gresch. Einen weniger grossen Bekanntheitsgrad geniesst Thomas Scheuzger aus Staffelbach. Er kandidiert als grünliberaler Unternehmer. Diese Teilliste ist ein cleverer «Marketing»-Schachzug der glp, welcher die bürgerlich-liberale Ausrichtung der Ökopartei unterstreicht. Um neben dem bisherigen Sitz von Beat Flach ein zweites Mandat erringen zu können, ist ein happiger Zuwachs an Wählerinnen und Wählern nötig. Diesen könnte die glp aus dem Reservoir Bürgerlicher schöpfen, welche mit der Klima- und Umweltpolitik ihrer angestammten Parteien unzufrieden sind. (bkr)

Grüne: Frische Wähler müssen her

Auf der Grünen-Liste nehmen vier Kandidierende aus dem Bezirk Zofingen an den Wahlen teil – unter ihnen die kantonsweit bekannten Daniel Hölzle (Grünen-Präsident), Christiane Guyer (Zofinger Stadträtin) und Marin Bossard (Leiter Politik bei Bio-Suisse). Wer von ihnen hat die grössten Wahlchancen? Damit es solche im Fall einer Wiederwahl der bisherigen Nationalrätin Irène Kälin überhaupt geben kann, muss die Partei kräftig an Wählerinnen und Wählern zulegen und einen zweiten Sitz gewinnen. Diesen einer anderen Partei «abjagen»? Für eine Linkspartei im bürgerlichen Aargau ein schwieriges Unterfangen. Ihr Ziel können die Grünen – ohne ihrer Listenpartnerin SP zu schaden– nur erreichen, wenn es ihnen gelingt, Jungwähler und bisher politisch passive Leute für sich zu gewinnen – auf dem Hintergrund der aktuellen Klima-Debatte bestehen dazu durchaus Chancen. Dann aber dürften Irène Kälin und die Badener Stadt- und Grossrätin Ruth Müri den Zofinger Kandidierenden vor der Sonne stehen. (bkr)

SP: Alles dreht sich um Wermuth

Der Neo-Zofinger Cédric Wermuth kann die Wiederwahlparty schon fix einplanen. Den Nationalratssitz verteidigt er sicher. Die Aargauer SP hat mit ihrem Entscheid, auf Wermuth als Ständeratskandidaten zu setzen, auch voll auf Wahlkampf Wermuth gesetzt. Der ehemalige Juso-Präsident hat die Herausforderung angenommen und zeigt eine Kampagne, die hinter vorgehaltener Hand auch im bürgerlichen Lager Neid weckt. Ob ihm das für den Einzug in den Ständerat reicht, bleibt fraglich. Doch die SP-Nationalratsliste wird davon profitieren. Sollte es für einen dritten Sitz reichen, dürfte dieser an die Grossrätin und Parteipräsidentin Gabriela Suter gehen. Aus dem Bezirk Zofingen kandidiert zudem Grossrätin Viviane Hösli auf der SP-Liste mit dem Titel «queer*feministisch!». Sie hilft sicher die linke Flanke abzudecken. Auf der SP-Liste «60+» kandidiert zudem der Uerkner Gemeinderat Markus Bäni und auf der Migrant*innen-Liste Mario Cadinu aus Aarburg. (jow)

SVP: Dreikampf hinter Thomas Burgherr

Der Zustand der Aargauer SVP ist bei diesen Wahlen wohl etwas sinnbildlich für die Krise der SVP. Der erfolgsverwöhnten Partei lief es in den letzten Jahren immer rund. Nun will irgendwie nichts mehr richtig gelingen. Und die Aargauer SVP ist dreifach herausgefordert. Sie tritt nur gerade mit drei Bisherigen an, um ihre sieben Sitze zu verteidigen. Sie hat eine grosse Führungskrise um die nun zurückgetretene Regierungsrätin Franziska Roth hinter sich. Und sie ist mit den negativen Wahlumfragen und der dennoch sehr angriffigen Wahlkampfstrategie der nationalen Parteiführung konfrontiert. Auch wenn die Partei im Aargau einen Sitz verlieren sollte: Ihre bisherigen zwei Mandate im Bezirk Zofingen wird sie wohl verteidigen können. Denn hier hat sie weiterhin starkes Personal.

SVP-Kantonalpräsident Thomas Burgherr wird es wohl dank seinem Bisherigen-Bonus wieder ins Parlament schaffen. Der Wiliberger ist zwar mitverantwortlich für das Schlamassel, in das sich die Partei mit der Nomination von Regierungsrätin Roth geritten hat. Er musste auch Prügel dafür einstecken. Dennoch geht er letztlich – auch dank der grossen Medienpräsenz – wohl unbeschadet aus der Krise. Hauptgrund dafür ist, dass er letztlich im Kampf mit Roth obsiegt hat, da sie den Bettel hingeschmissen hat. Und da bis zum Wahltag nicht definitiv ist, ob man mit dem Manöver Roth einen Regierungssitz verliert – diese Wahlen sind ebenfalls am 20. Oktober – wird Burgherr wohl auch nicht übermässig von der SVP-Liste gestrichen. Zudem ist der Holzbauunternehmer im SVP-Wähler-Milieu als Gewerbler gut verankert.

Neben Burgherr liefern sich die beiden Grossräte Benjamin Giezendanner und Christian Glur sowie Grossrätin Martina Bircher einen Dreikampf. Jemand aus diesem Trio dürfte es nach Bern schaffen, eventuell gar zwei. Die Nase vorn haben momentan wohl Bircher und Giezendanner.

Die umtriebige Bircher hat sich als Aarburger Gemeinderätin national schon einen Ruf als Sozialhilfe-Expertin erarbeitet. Sie kämpft sowohl lokal als auch im Grossrat vehement für eine Reduktion der Sozialhilfe-Kosten, die die Gemeinden belasten. Als Gemeinderätin hat sie sich in Aarburg ein ansprechendes Renommee erarbeitet, als eine, welche sich tief in die Dossiers kniet. Sie will Sozialhilfebezüger mehr fordern, aber auch für eine Integration in den Arbeitsmarkt mehr fördern. Bircher hat auch ein Händchen für den richtigen Zeitpunkt für öffentlichkeitswirksame und populistische Vorstösse. So etwa kürzlich mit dem Vorschlag, die Sozialhilfe bei Familien auf fünf Personen zu begrenzen. Wer mehr Kinder hat, wäre quasi selbst schuld. Damit kommt sie bei der

SVP-Kernwählerschaft sicherlich gut an, auch wenn der Vorstoss möglicherweise mit Grundrechten in Konflikt steht.

Eine breitere Wählerbasis dürfte hingegen Benjamin Giezendanner haben. Der langjährige Grossrat gilt nicht als Hardliner. Er ist auch etwas konzilianter als sein Vater, von dem er den Transportbetrieb übernommen hat. Um Giezendanner, der weit ins FDP-Lager für viele wählbar sein dürfte, ist es derzeit eher ruhig. Das könnte ihm aber zugutekommen, denn so gerät er auch nicht zu sehr in die Negativ-Schlagzeilen seiner Partei. Der Rothrister dürfte von seiner langjährigen Aufbauarbeit profitieren – und natürlich vom Namen seines umtriebigen Vaters.

Bleibt noch Bauer Christian Glur. Der wiederum steht schon überall im Kanton bereit, zumindest auf Plakaten. Der Grossrat aus Glashütten setzt voll auf die Sichtbarkeit und die Verankerung im bäuerlichen Milieu. Auf den ersten Blick scheint er aus dem Bezirk die schlechtesten Karten zu haben. Umso mehr er auf der Liste mit Alois Huber, dem Präsidenten des Bauernverbandes, noch einen prominenten Bauer vor der Nase hat. Doch abschreiben sollte man Glur nicht, denn er hat das Flair für den Wahlkampf vom erfolgreichen Vater geerbt. (jow)