
St-Maurice staunte über die Soland-Chorkunst aus Zofingen
Schon im Juli 2018 gab der Chor unter der Leitung von Ruth Soland am renommierten Festival des Musikdorfs Ernen im Oberwallis ein Konzert. Nun wurde er in die Abtei St-Maurice im Unterwallis eingeladen und fand mit seiner Gesangskultur spontan Anerkennung. So tief das im Jahr 515 gegründete Kloster im Glauben verwurzelt ist, so einzigartig ist das Konzept und Können der Soland-Chorkunst: Sie verbindet künstlerische Qualität mit Nachwuchsförderung.
Schweizer Gesangstalente, zum Beispiel auch an der Kantonsschule Zofingen, vereinigen sich hier mit erfahrenen professionellen Sängerinnen und Sängern. Freude und Interesse am Chorgesang sind das Element, das diese Chorgemeinschaft im Innersten zusammenhält. Daraus entsteht jene Einheit in der Stimmführung, Dynamik und Ausdrucksfähigkeit, die auch diesmal wieder das Publikum begeisterte.
Geistliche Musik im sakralen Raum
Das Kloster St-Maurice lehnt sich an eine Felswand. Mehrmals wurde es durch Felsstürze beschädigt und wieder instand gestellt. Das heutige Aussehen erhielt das Kloster 1614–1624 in der schlichten Schönheit des spätgotischen Stils, was beim Betreten sofort in eine feierliche Stimmung versetzt.
Die gleiche Wirkung entfaltete auch das Konzert. Es begann mit der Cellosuite C-Dur (BWV 1009) von Joh. Seb. Bach, gespielt von Xenia Jankovic. Es ist die brillanteste der sechs Cellosuiten. Das Präludium entfaltet mit nie versiegendem Einfallsreichtum alle Möglichkeiten von variierenden Läufen. Die Solistin versah die folgenden Sätze mit deren typischer Eigenart: andächtig und ruhig die «Sarabande», lebhaft und virtuos die «Gigue». Auffallend war die fein dosierte Spielweise zwischen leise und wieder anschwellend. Der Solandchor widmete seinen ersten Auftritt dem «Ave Maria» von Jean Scarcella. Der Komponist Scarcella studierte Medizin und Musik und trat später ins Kloster St-Maurice ein. Dieses Chorlied leitete drei weitere Werke ein, die sich dem Motto «L’amour sacré» des Konzertes widmen. Das «Ave Maria» forderte die Sopranstimmen mit hohen Lagen heraus, die Männer untermalten sie mit fein abgestimmten Akkorden; erstmals konnte die absolut reine Stimmführung in allen Registern wahrgenommen werden, auch in schwierigsten Kombinationen. Das wohl eindrücklichste und ausdruckvollste und zugleich eigenartigste Werk des Konzertes war «Svyati» (Heilig) für Chor und Solocello von John Tavener. Das Cello gibt darin das Thema an und dieses beschreibt in der altslawischen Kirchensprache den Tod und Abschied von einem lieben Bekannten. Es entwickelt sich ein emotionaler Dialog zwischen Chor und Instrument mit der Ausschöpfung aller musikalischen Möglichkeiten. In einigen Partien begleiten die Männerstimmen leise summend das Cello, dann wieder schwingt der Sopran in hohe Stimmlagen hinauf. Das alles geschieht in engster Vernetzung aller Beteiligten im Zusammenspiel und in unbeschreiblicher Klangschönheit.
Von Herzen kommend und gehend
Nun teilte sich der Solandchor in zwei in allen Registern vollständig besetzte Teile auf. Dies verlangte die Messe für zwei vierstimmige Chöre des Schweizer Komponisten Frank Martin. Wegen der ausserordentlichen Schönheit und emotionalen Wirkung dieser Musik wurde die Messe schnell bekannt. Sie besteht aus den für eine lateinische Messe üblichen Teilen: Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus, Benedictus und Agnus Dei. Frank Martin verwendet darin viele kirchenmusikalische Elemente, auch gregorianische Einflüsse kommen vor. Die vielen Harmonie-, Takt- und Stimmungswechsel sowie lange Partien stellen höchste Anforderungen an die Ausführenden. Dem Solandchor ist es gelungen, die Messe schlicht und zugleich prächtig und strahlend auszulegen. Diese Musik sei vom Ohr tief in das Herz gelangt, stellte ein Zuhörer fest.