
Ehemaliger Zofinger Regionalpolizist patrouilliert jetzt in New Orleans

ZUR PERSON
Urs Brechbühler hat 2012/13 als Polizeiaspirant an der Interkantonalen Polizeischule Hitzkirch das Handwerk für den Polizeiberuf von Grund auf gelernt und die Berufsprüfung erfolgreich abgeschlossen. Am 22. Juli 2013 durfte Brechbühler von Christiane Guyer, Zofinger Stadträtin und Ressortverantwortliche Sicherheit, sowie von der Korpsleitung der Regionalpolizei Zofingen das Zeugnis entgegennehmen. Ab 1. August 2013 war Brechbühler als Polizist bei der Regionalpolizei Zofingen tätig. Seinen letzten Arbeitstag hatte er am 31. Oktober 2017, war dort zu erfahren.
Am 19. Mai 2019 wurde Brechbühlers Arbeit in den USA in der Sendung «Reporter» vorgestellt. Der Titel des Beitrags lautete «Ein Schweizer Cop in New Orleans». (ben)
Vor zwei Jahren trugen Sie die Uniform der Regionalpolizei Zofingen. Nun sind Sie Cop in New Orleans. Ist es eine völlig andere Welt?
Urs Brechbühler: Es ist schwer zu vergleichen. New Orleans ist für Schweizer Verhältnisse eine Grossstadt. Mit der Agglomeration sind wir im Millionenbereich, mit zusätzlich täglich 100 000 Touristen. Die Arbeit ist vielseitiger.
Heisst vielseitiger auch gefährlicher?
Es gibt mehr Gewaltdelikte. In der Schweiz erlebte ich selten einen bewaffneten Raubüberfall. Hier ist dies eine der häufigsten Taten. Jeden dritten Tag registrieren wir ein Tötungsdelikt.
Sie haben in Hitzkirch die Polizeischule absolviert. Wurde Ihnen dies bei der New Orleans Police Training Academy angerechnet?
Jeder Rekrut legte das volle Programm ab. Ich war nicht der einzige, der zuvor Polizist war.
Ist das Training in einer der gefährlichsten Städte der USA härter?
Militärischer. Mit einer hohen Ausfallquote. Das Training beim New Orleans Police Departement (NOPD) muss jeder durchlaufen, unabhängig von seiner vorherigen Tätigkeit. Einer diente 30 Jahre bei der New York State Police, auch er musste da durch.
In einer SRF-Reportage rennen Sie singend in einer Formation durch die Strassen. War das inszeniert?
Das ist authentisches Training.
Wieso haben Sie sich in New Orleans beworben?
Meine Frau ist Amerikanerin und sie hatte Heimweh. Sie studierte hier an der Loyola University. Weil New Orleans Greencard-Holder einstellt, also Ausländer mit Aufenthaltsbewilligung, war es die logische Wahl.
Sind Sie einander in einem Jazz-Club begegnet?
Wir lernten uns in Thailand kennen, als ich bei der Schweizer Botschaft in Sri Lanka und sie in Taiwan arbeitete. Als ich Ferien in Bangkok machte, organisierte sie eine Ausstellung. 2014 besuchten wir ein Jazz-Fest in New Orleans. Ich kam mit Polizisten ins Gespräch und tauschte Uniformabzeichen aus. Einer meinte, ich solle mich bewerben. Ich schmunzelte. Damals war es kein ernsthafter Gedanke.
Gehen Sie noch in Musik-Clubs in Ihrer Wahlheimat?
Der 8. Bezirk mit dem French Quarter und dem Superdome ist mein Einsatzgebiet. Dort nicht. Die kriminellen Leute in dieser Gegend kennen mich und ich sie. Auch in Zivil werde ich als Polizist wahrgenommen. Wenn ich einen Dealer an der Bourbon Street festnehme und anderntags dort privat mit einem Bier gesehen werde, macht sich das nicht gut. Ich würde mich auch einem Risiko aussetzen.
Es gibt auch berittene Truppen in New Orleans. Wie aktiv sind die Polizisten auf Pferden?
New Orleans hat eine der grössten Reiterstaffeln der USA. Das berittene Corps ist wertvoll bei Grossanlässen, wenn sich eine Schlägerei anbahnt oder bei der Verfolgung zu Fuss flüchtender Täter. Pferde sind ein sehr gutes deeskalierendes Mittel.
Wie sind Sie auf Patrouille?
Alleine mit einem Chevy Tahoe.
In einer der gefährlichsten Städte der USA alleine?
Dadurch haben wir eine grössere Präsenz in der Stadt. Aufgrund der hohen Dichte können wir rasch Kollegen unterstützen. Im Ernstfall ist ein Cop keine drei Minuten alleine.
Sie waren bei der KFOR und räumten Minenfelder in Afghanistan. Mögen Sie es, wenn es brenzlig wird?
Ich war ein guter Soldat, zuletzt als Hauptmann bei der Luftwaffe. Vermutlich bin ich auch ein guter Polizist. Für mich stimmt es so, wie es ist.
Ihre Kollegen nennen Sie Bruce Willis. Warum?
Die Frage habe ich nie gestellt. Beim Training ging ich motiviert zur Sache und ich half Kameraden, wenn ich konnte. Den Spitznamen habe ich bestimmt auch dank meiner Frisur. Zudem war ich einer der Ältesten.
Drohungen gegen Beamte nehmen in der Schweiz zu. Wie erlebten Sie das?
Provoziert und geschubst wird man als Polizist in der Schweiz ab und zu. In den USA gilt das als schwere Körperverletzung. Wer einen Polizisten anfasst, geht ins Gefängnis. Gewalt und Drohungen sind hier präsenter, aber die Polizei wird respektiert.
Das erstaunt, angesichts der vielen Gewaltverbrechen.
Die Hemmschwelle ist höher, Polizisten anzugreifen. Ist sie aber überschritten, wird es massiv. Der Angriff erfolgt meist mit einer Waffe. Aber es gibt viele anständige Bürger. Nicht selten wird einem Cop der Kaffee von Fremden bezahlt, die sich bei ihm für seine Arbeit bedanken.
Lieben Sie New Orleans?
Mir gefallen die Kultur und das Essen. Die Leute sind locker drauf. An den Lifestyle hier kann man sich schnell gewöhnen.
Was gefällt Ihnen nicht?
Die 16-Stunden-Schicht am Mardi Gras, dass es bei Regen immer irgendwo eine Überschwemmung gibt und der schlechte Zustand vieler Strassen. Auch fehlen mir manchmal Schnee und gute Schokolade.
Sie wurden bereits zum Polizisten des Monats gekürt. Was haben Sie angestellt?
Keine Ahnung. Vermutlich wird man für gute Arbeit belohnt. Das hat damit zu tun, dass ich die Delikte dank «Community Policing» reduzieren konnte. In der Schweiz ist das bürgernahe Polizeiarbeit und ist Teil der Prüfung. Wir greifen nicht nur restriktiv ein, sondern suchen Lösungen. Mit Bevölkerung, Sozialdiensten und Betroffenen.
Fanden Sie den Traumberuf?
Eigentlich wollte ich Lokführer werden. Weil ich durch Fleiss und Wille Polizist wurde, mit Frau und zwei Söhnen in einem Haus lebe, habe ich uns tatsächlich einen Traum verwirklicht.