Dörrfrüchte der Stiftung «Orte zum Leben» sind der Hit – doch Klienten sollen in den ersten Arbeitsmarkt

Sieben Klientinnen und Klienten sind hier damit beschäftigt, die Früchte zu waschen, schälen, zerkleinern und auf Blechen auszulegen, damit sie im Ofen gedörrt werden können. Die fertigen Ringli werden in Plastiksäcke verpackt, verschweisst und etikettiert – alles nach strengen Hygienevorschriften. So werden sie in den Regalen der Migros stehen. Vor drei Jahren, als das Dörr-Projekt der Stiftung startete, war es noch einzig die Filiale Unterentfelden, die beliefert wurde.

Heute sind die Filialen im Wynecenter Buchs und in Lenzburg dazugekommen. «Wir liefern wöchentlich aus», sagt Abteilungsleiter Alexander Columberg. Je nach Saison und Angebot wechseln die Früchte, gedörrt wird aber alles. Vom Klassiker Apfel über Birnen, Zwetschgen bis zu Kaki oder Mango. Besonders die Exoten würden im Laden sehr gut laufen, sagt Columberg. In der Dörrfrüchte-Werkstatt herrscht eine geschäftige Stimmung, an zwei Strassen arbeiten die Frauen, jeder Handgriff sitzt. «Früchte dörren ist für uns ein zusätzliches Standbein», sagt Columberg. Zudem sei es für die Klienten ein schöner Wiedererkennungswert, wenn sie ihre Produkte im Geschäft sehen würden. Die Zusammenarbeit kam vor drei Jahren dank Jürg Wullschleger, Vater einer Klientin und Fachberater Gemüse und Früchte bei der Migros, zustande.

Die Stiftung Orte zum Leben hat ihren Hauptsitz in Lenzburg und bietet zirka 330 erwachsenen Menschen mit einer Beeinträchtigung einen Platz zum Arbeiten oder Wohnen sowie Bildungs- und Freizeitmöglichkeiten. Doch gerade was das Arbeiten betrifft, sei das Ziel, die Klienten in die Industrie hinauszubringen, sagt Martin Bhend, Geschäftsführer der Stiftung. Sein Wunsch sei, dass seine Klienten direkt in der Industrie arbeiten können. Damit ist Bhend nicht alleine, mit drei anderen Einrichtungen hat «Orte zum Leben» die Jobintegrationsfirma Learco gegründet, die Menschen mit Beeinträchtigungen den direkten Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt erleichtern soll.

Vorurteile aus der Welt schaffen

Im Verteilzentrum der Migros in Suhr führt eine Gruppe der Stiftung auf der Produktionsfläche in einer Halle einen Auftrag aus. Ein Präsentations-Display aus Karton muss zusammengefaltet und mit Guetzli-Packungen gefüllt werden. «Die Migros ist ein wichtiger Partner für die Stiftung geworden», sagt Bhend. Innerhalb des Verteilzentrums sind die auswärts arbeitenden Klienten eine eigenständige Gruppe, die morgens mit einem Bus anreist, ihren Auftrag erledigt und auch den Weg zur Kantine alleine findet. Dario Dosen, Fachmitarbeiter Arbeitsvorbereitung, hat die Kooperation mit der Stiftung initiiert. «Wir haben sehr gute Erfahrungen gemacht», sagt er. «Die Arbeiten werden zu unserer vollen Zufriedenheit ausgeführt.» Und die Klientinnen und Klienten seien zudem schnell im ganzen Verteilzentrum aufgefallen – ihrer guten Stimmung wegen. «Sie kommen stets mit einem Lachen zur Arbeit und fragen immer, wann der nächste Auftrag komme», sagt Dario Dosen. Geeignete Arbeiten fallen immer wieder an und Dario Dosen freut sich, dass dank ihm die Migros ihr soziales Engagement wahrnimmt.

Martin Bhend ist auch zufrieden. «Das ist gelungene Inklusion.» Noch glauben zu viele Arbeitgeber, dass Menschen mit einer Behinderung nicht verlässlich seien oder durch schlechtere Qualität bei der Arbeit auffallen würden. Diese Vorurteile will er aus der Welt schaffen und Menschen mit einer Beeinträchtigung im ersten Arbeitsmarkt integrieren. Auch wenn er so gegen seine eigene Stiftung arbeitet.