
Mit dem Zug quer durch Osteuropa

Wer mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von Murgenthal nach Aarau will, kann gemütlich um zehn vor in die S23 einsteigen und trifft nach nur 28 Minuten Fahrt und ohne Umsteigen um 18 nach in Aarau ein. Dass diese Verbindung heute noch besteht, ist mitunter Fabian Grepper zu verdanken. Vergangenen Sommer empörte sich der heute 20-Jährige darüber, dass die Schweizerischen Bundesbahnen diese Direktverbindung mit dem Fahrplanwechsel 2019 von seinem Wohnort nach Aarau einstellen möchten und lancierte kurzum eine Petition – «mit recht grossem Erfolg», wie Grepper selbst sagt. «Noch heute danken mir wildfremde Menschen für mein Engagement zugunsten dieser Direktverbindung und des öffentlichen Verkehrs.»
Aktuell ist der Maturae – Grepper schloss diesen Sommer die Matura an der Alten Kantonsschule Aarau ab – aber nicht mit der S23 unterwegs, sondern reist mit seinem Interrailpass quer durch Osteuropa. In Ländern wie Tschechien, Polen und der Slowakei will er die verschiedenen osteuropäischen Kulturen kennenlernen und sein gesellschaftspolitisches Interesse stillen. «Ich möchte spüren, wie Osteuropa tickt.» Denn die zunehmend ablehnende Haltung der osteuropäischen Länder gegenüber Europa – «obwohl sie am meisten von Europa profitieren» – findet er merkwürdig. «Die europäische Integration ist für mich etwas Wichtiges», meint Grepper und merkt an, dass er in Europa – als wichtigster und nicht ersetzbaren Handelspartner der Schweiz – eine grosse Chance sieht. Gleichzeitig betont er aber äusserst bestimmt, dass er nicht für den Beitritt in die Europäische Union sei und verrät damit seine politische Position.
Herausfinden, was die Menschen bedrückt
Dass ihn die Einsamkeit auf der fünf bis sechs Wochen andauernden Reise überkäme – Grepper bereist Osteuropa ganz alleine – fürchtet der 20-Jährige nicht. «Ich bin ein sehr offener Mensch und knüpfe schnell Kontakte.» Es sei ja gerade sein Ziel, das Gespräch mit fremden Menschen zu suchen und auch zu führen. «Nur so kann ich herausfinden, was die osteuropäischen Menschen bedrückt und sie bewegt.» Des Weiteren dürfte er gar keine Zeit für Einsamkeit haben. So hat Grepper, der seit Mitte Mai diesen Jahres Social Media Manager der FDP Aargau ist, auch auf seiner Interrail-Tour genügend Arbeiten für die Partei zu erledigen. «Als Social Media Manager trage ich die Verantwortung für den Auftritt der FDP Aargau in den Sozialen Medien und muss diese ständig überwachen.» Eine in der heutigen Zeit unverzichtbare Aufgabe – insbesondere in einem nationalen Wahljahr wie diesem.
Auch Fabian Grepper wird im Herbst um einen der 16 Nationalratssitze des Kantons Aargau kämpfen. «Ich bin auf der Liste der Jungfreisinnigen», sagt der Jungpolitiker, merkt aber an, dass er sich keine grossen Hoffnungen auf einen Wahlsieg mache. «Es geht mir mehr um die Erfahrung, an einer Wahl teilzunehmen», führt Grepper seine Intention der Wahlteilnahme aus. Dies sei insbesondere hinsichtlich den Grossratswahlen vom kommenden Jahr wichtig, bei welchen Grepper ins Aargauer Kantonsparlament einziehen möchte.
Obwohl er seit Kindesbeinen an ein politischer Mensch sei: «Zuhause haben wir schon immer über tagespolitische Themen gesprochen», habe er kein Zielmandat. «Als Kind habe ich zwar in jedes Freundebuch Bundesrat als Wunschberuf reingeschrieben; dies ist heute aber nicht mehr so.» Vielmehr als um ein konkretes Amt gehe es ihm darum, die Zukunft aktiv mitzugestalten und gegenüber der Gesellschaft eine Verantwortung zu übernehmen; «ihr etwas Gutes zu tun.» Denn «als Eigenverantwortung sehe ich nicht nur die Verantwortung gegenüber einem selbst, sondern auch jene gegenüber der Gesellschaft», so Grepper.
Hauptsache, er kann etwas bewegen und verändern
Diese Verantwortung könne er aber auch in der Privatwirtschaft wahrnehmen. So beabsichtigt Grepper, der die Matura mit dem Schwerpunkt in den Wirtschaftswissenschaften absolvierte, an der Universität St. Gallen Betriebswirtschaft oder Internationale Beziehungen zu studieren. «Der genaue Studiengang ist noch offen – an der Universität St. Gallen muss man sich erst nach einem Jahr entscheiden; das erste Jahr ist für alle gleich.»
Nach abgeschlossenem Studium möchte er dann in der Unternehmensberatung, spezifischer in der Unternehmensstrukturierung Fuss fassen: «Wenn ein Unternehmen in strukturellen oder finanziellen Schwierigkeiten steckt, möchte ich dieses wieder flottmachen.» So könne er etwas bewegen und hoffentlich «etwas Gutes tun».
In welchem Tätigkeitsfeld Fabian Grepper in Zukunft Verantwortung übernehmen wird und ob sein Kindheitswunsch nach dem Amt des Bundesrates doch Realität wird, zeigt sich in der weiteren Zukunft des jungen Mannes. Eines Mannes, der mit der Petition für die Aufrechterhaltung der Direktverbindung Murgenthal-Aarau bereits bewies, dass er Verantwortung übernehmen kann.