
Gesamtrevision Nutzungsplanung: Alle können erstmals online mitwirken
Reaktionen zum laufenden Mitwirkungsverfahren
«Ich hoffe, dass alle Quartiere gleichbehandelt werden»
Bewusst wurde an der Information nicht ins Detail der einzelnen Pläne gegangen. So konnten sich die rund hundert Anwesenden an den fünf Posten mit Kommissionsmitgliedern oder Mitarbeitern des Raumplanungsbüros austauschen. «Das Vorgehen finde ich sehr gut, weil die Bevölkerung von Anfang an einbezogen wird – und es nun mal so ist, dass viele Augen mehr sehen», lobte Alexander Pauli. Dies bestätigte auch Raumplaner Oliver Tschudin: «Es kann durchaus sein, dass Fehler entdeckt werden.» Auch das Ehepaar Margrit und Benjamin Frey findet es positiv zu wissen, wo und was in der Gemeinde geplant ist. «Die bessere Ausnützung von Grundstücken ist im Grundsatz gut, wenn dies auch verständlicherweise nicht bei allen Betroffenen auf Freude stösst», sagte Robert Bobst und meinte: «Ich hoffe, dass alle Quartiere gleichbehandelt werden, was mir nicht so erscheint. Deshalb sollten alle ihre Bedenken und Anregungen deponieren, damit das Mitwirkungsverfahren seinen Namen verdient.» Monica La Vista wird eine Stellungnahme einreichen. Vor einem Jahr ist sie mit ihrer Familie in ein Einfamilienhaus am Flurweg eingezogen. Die geplante Umzonung ihres Quartiers von der Wohnzone W2 in W3 weckt Sorgen. «Wir haben uns bewusst für dieses gemütliche Quartier mit gleich hohen Einfamilienhäusern entschieden.» Gemeinderat Hans Rudolf Sägesser vermochte zu relativieren, indem er aufzeigte, dass in den nächsten 15 Jahren keine Veränderungen anstehen würden. «Im ersten Moment finden Eigentümer die Veränderung der Wohnzone nicht toll, sie ermöglicht aber bei einer Sanierung zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, der vermietet werden kann und damit die Sanierung amortisiert», gab Raumplaner Tschudin zu bedenken und Gemeinderat Sägesser betonte: «Es ist noch nichts beschlossen und wir sind darauf angewiesen, dass nicht nur Betroffene uns ihre Sorgen, Anregungen und Ideen mitteilen.»
Hochhäuser wie das EO in Oftringen mit seinen 67 Metern soll es in Rothrist nicht geben. Dennoch kann ein mehrstöckiges Gebäude als Akzent entstehen. So, wie beispielsweise das Wohn- und Pflegezentrum Luegenacher, dass mit einer Höhe von 32 Metern das höchste Wohngebäude in der Gemeinde ist. «Sollte es einen Investor für ein Hochhaus geben, der zudem in der dafür explizit vorgesehen Bauzone alle Auflagen erfüllt, gilt die maximale Höhe von 38 Metern», sagte Gemeinderat Hans Rudolf Sägesser im Gemeindesaal Breiten. Hier waren alle Interessierten eingeladen, um sich über die laufende Gesamtrevision Nutzungsplanung der Gemeinde Rothrist zu informieren und wie sie zur Mitgestaltung beitragen können. «Vom Grundeigentümer über den Mieter bis zum Kind, jede Idee, Anregung und Kritik ist willkommen», sagte Sägesser und betonte: «Der Gemeinderat will, dass sich Rothrist als lebenswerte Gemeinde und auch als Wirtschaftsstandort optimal weiterentwickeln kann.»
Über 11 800 Einwohner bis 2040
Im Zentrum stehe dabei, dass bei der Siedlungsentwicklung neuer Wohn- und Arbeitsraum an verkehrsmässig gut erschlossenen Lagen entstehe. Denn gemäss kantonalen Prognosen wird mehr Wohnraum benötigt. So soll die heute rund 9160 Einwohner zählende Gemeinde bis im Jahr 2040 auf etwa 11 810 Einwohner anwachsen. «Rothrist soll eine lebenswerte Gemeinde mit Grünflächen und einladenden Freiräumen bleiben, in der aber gleichzeitig zeitgemässe, urbane Lebensformen möglich sind», sagte Sägesser und betonte: «Deshalb liegt unser Augenmerk darauf, dass bestehende Quartiere ihren Charakter vorwiegend behalten.» Eine bauliche Verdichtung werde in den Zentrumszonen Bahnhof, Dörfli sowie im Areal Breiten angestrebt. «Wir wollen auch attraktiv als Wirtschaftsstandort sein, denn von einem soliden Wirtschaftswachstum profitieren die Gemeinde und die Einwohner.» Der Gemeinderat strebe an, dass sich das Gebiet nördlich des Bahnhofs rund um das Strebel-Areal zu einem attraktiven Standort für gewerbliche Betriebe und Dienstleistungen entwickle. Dazu brauche es verbindliche Instrumente wie Bauzonenplan, Kulturlandplan und Bau- und Nutzungsordnung (BNO). Letztere gilt es gemäss Bundesgesetz alle 15 Jahre zu überprüfen und anzupassen. Die heute in Rothrist gültige BNO stammt aus der letzten Gesamtrevision, die 1995 startete und 2003 vom Grossen Rat genehmigt wurde. Läuft alles rund, ist vorgesehen, dass im November 2020 die Gemeindeversammlung über die revidierte BNO sowie den Bauzonen- und Kulturlandplan befindet. Davor muss im Sommer 2020 die öffentliche Auflage der Ortsplanung erfolgt sein. Diese hängt von der Zustimmung des Gemeinderates sowie des Kantons ab. Der erste Schritt ist die nun laufende, öffentliche Mitwirkung. «Wir suchen bewusst das Gespräch im Vorfeld», unterstrich Gemeinderat Sägesser. Ziel sei es, dass die revidierte Ortsplanung bei der Verabschiedung in der Rothrister Bevölkerung möglichst breit abgestützt ist.
E-Mitwirkung Novum im Aargau
«Rothrist ist die erste Gemeinde im Kanton Aargau, die beim Mitwirkungsverfahren möglich macht, die Stellungnahme online zu erfassen», sagte Oliver Tschudin, Architekt, Raumplaner und Mitglied der Geschäftsleitung der Planar AG für Raumentwicklung. Das Zürcher Büro hat diverse Gemeinden bei der Raumplanung unterstützt und stand in den letzten zwei Jahren der neunköpfigen Rothrister Kommission zur Seite. So ist es nun bis 19. August an der Rothrister Bevölkerung sowie an Parteien und Verbänden, ihre Stellungnahmen zur Ortsplanrevision abzugeben. Zur gewohnten Auflage im Gemeindehaus sind erstmals alle Dokumente auf der Website www.ortsplanung-rothrist.ch zu finden. «Mit einem Klick können Sie sich einmalig online registrieren und andere Personen zur gemeinsamen Einsicht und Erfassung der Stellungnahme im Team einladen», erklärte Josua Schwegler von der Planar AG. Dabei unterstrich er die zeit- und ressourcensparende Auswertung der digitalen Eingaben: «Dadurch hat die Verwaltung mehr Zeit für die Bearbeitung von individuellen Anliegen.»
Mehr Infos unter www.ortsplanung-rothrist.ch