
«Der Leib von Jesus Christus wird heute zu Brot und Wein»
Während wir heute in der Region Zofingen – wie im übrigen Berner Aargau– unserer Arbeit nachgehen müssen, begehen die katholischen Kantone, aber auch das Zurzibiet, Freiamt, Fricktal und die Grafschaft Baden den Feiertag Fronleichnam – dem seit dem Konzil von Trient (1545–1563) der bittere Beigeschmack einer antiprotestantischen Demonstration anhaftet.
Der Reihe nach. «Die Kantone können höchstens acht Feiertage im Jahr den Sonntagen gleichstellen», heisst es im eidgenössischen Arbeitsgesetz. Weil es mehr als acht kirchliche Feiertage gibt, entschloss man sich im Aargau zur «Splitting»-Lösung: Den Katholiken sind Fronleichnam und Allerheiligen wichtiger, den Reformierten Oster- und Pfingstmontag. Letzteres heisst nun aber nicht, dass man in den katholischen Gebieten an diesen Montagen arbeiten müsste – der freie Pfingst- und Ostermontag ist da quasi ein Gewohnheitsrecht. Firmen und Verwaltungen sind geschlossen und entlöhnen ihre Angestellten aber.
Heute an Fronleichnam sind in den katholischen Orten zwar Ladengeschäfte und Gemeindeverwaltungen zu, die Post arbeitet jedoch und die vor 30 Jahren eingestellte katholische Zeitung «Aargauer Volksblatt» erschien jeweils. Wer frei hat – das ist auch in Baden-Württemberg der Fall – nutzt den Tag sehr oft, um in Basel, Brugg oder Zofingen «shoppen» zu gehen. Ein Tag, den die Ladenbesitzer in diesen Städten nicht missen möchten.
Der Name «Fronleichnam» stammt von «fron» (Herr), und «lichnam» (Leib) ab, weist also auf die Elemente der Eucharistie (das Abendmahl) hin. 1264 nahm Papst Urban IV. dieses Fest ins Kirchenjahr auf, 1317 bestimmte Papst Johannes XXII. den zweiten Donnerstag nach Pfingsten zum Festtag. Was wird gefeiert? Ein katholischer Kollege sagt: «Der Leib von Jesus Christus wird heute zu Brot und Wein.»
Gegenreformation
Wichtig wurde das Fest und die mit ihm verbundene Prozession erst nach dem Konzil von Trient, und zwar als eine antiprotestantische Demonstration der katholischen Auffassung, dass allein die römisch-katholische Kirche die Verfügung über die Eucharistie habe. Dazu muss man wissen, dass der deutsche Reformator Martin Luther Fronleichnam 1527 als «allerschädlichstes Jahresfest» bezeichnet hatte. Ihm fehle die biblische Grundlegung, weshalb die Prozessionen in den Augen Luthers Gotteslästerung waren.
Prozession
Seine Beliebtheit verdankt dieser Festtag vor allem der reich geschmückten Prozession, bei der die Elemente der Eucharistie durch die Strassen getragen werden. Ein Priester trägt bei der Prozession hoch erhoben die Monstranz, welche Hostien enthält – die Gemeinde geht hinterher. Mit unter dem «Himmel» genannten Baldachin wird der komplette Kirchenschatz der jeweiligen Gemeinde mitgetragen; Kleinodien aus Gold und Silber von grossem materiellem, aber auch von unschätzbarem kulturhistorischem Wert. An im Freien aufgebauten Altären macht die Prozession auf ihrem Zug durch die Gemeinde halt, es werden Fürbitten gebetet und der Priester erteilt den Teilnehmerinnen und Teilnehmern seinen Segen. Der Zug endet in der Kirche, wo ein feierlicher Gottesdienst begangen wird. Übrigens gibt es nicht nur für Fussgänger Fronleichnamsprozessionen. Am bayrischen Chiemsee und in Köln finden Schiffsprozessionen statt. Und im Freiamt wird Jahr für Jahr eine Art Prozession per Töff organisiert.