Positive Schlagzeilen erwünscht: Das Ländiweg-Fest ist ein Experiment

Wie viele kommen werden? Reno Sami, Co-Geschäftsleiter der Suchthilfe Olten Ost und Mitorganisator, zuckt mit den Schultern. «Das ist schwierig zu sagen», meint er. Der Ort gelte in den Augen einer breiteren Öffentlichkeit als so etwas wie ein Schandfleck. «Eigentlich möchten wir ihn normalisieren», sagt Sami «und zu Begegnungen einladen.» Ort? Richtig: Die Rede ist da vom Ländiweg, der immer wieder mal in die Schlagzeilen gerät: Beschwerden über Drogendeals oder unflätiges Benehmen kommen in regelmässigen Abständen aufs Tapet, vor allem in der warmen Jahreszeit.

Gute Schlagzeilen

Nun soll der Ländiweg positiv Schlagzeilen machen: Das gleichnamige Fest steht an. Wenn es gut läuft, so kann sich Sami durchaus eine Zweitauflage vorstellen. Aber erst hält er fest: «Die Lokalität ist für einen Festbetrieb natürlich nicht unbedingt geeignet.» Deshalb wurde auch die Bahnhofterrasse ins Festgelände einbezogen.

Man habe sich lange überlegt, was überhaupt auf der langen Weggeraden möglich ist. «Viel mehr als ein Koffermarkt liegt dort tatsächlich nicht drin», bilanziert Sami heiter. Also her mit dem Koffermarkt.

Der Ländiwegmauer lang zieht sich an diesem Samstag ein kunterbunter Kuriositätenmarkt. «Alle haben die Möglichkeit, ihren eigenen Verkaufsstand zu betreiben. Alles, was in einem oder maximal zwei Koffern Platz hat, darf dort verkauft werden: Selbst gemachte Leckereien, Kunst, Antiquitäten, Kleider, Schmuck, Getränke, Basteleien, Second-Hand-Artikel, Zeichnungen und und, und.» Die Anmeldungszahlen seien gut, aber «es hat schon noch Platz für weitere Anbieter», sagt Sami.

Im Rahmen seiner Tätigkeit hat der Co-Geschäftsleiter vor noch nicht allzu langer Zeit Fabian Florin in der Ostschweiz angetroffen. Einer, der durch die Niederungen der Drogensucht gegangen ist und seit knapp zehn Jahren «clean» ist, wie man in der Branche so sagt. Heute als international gefragter Graffitikünstler unterwegs, war der Churer sofort bereit, am Ländiweg-Fest in Olten mitzumachen, wie Sami sagt. «Seine Geschichte ist eine mit Happy End», so Sami. Florin gilt als Leuchtturm in der Szene, als einer, der seine Passion jenseits des Drogenkonsums gefunden hat. Sicher ein aufmunterndes Zeichen für jene, die grundsätzlich mit der Suchthilfe in Kontakt kommen.

Auch für alle andern. Sami jedenfalls ist beeindruckt von der Entwicklung des Bündners. Florin sorgt in Olten für den Streetart-Effekt am Fest. «Wer jetzt seine Skizzen bei uns einreicht, hat die Möglichkeit, mit Florin zusammenzuarbeiten», sagt Sami. «Wer etwas Glück hat, dessen Arbeit wählt er aus.»

Sami findet, das Fest habe sich gut organisieren lassen. Überall hilfsbereite Hände. Dominik Muheim, erfolgreicher Poetry Slammer, moderiert durch den Tag, performt an verschiedenen Standorten durchs Fest, wobei der geschaffene «Speakers Corner» allen die Möglichkeit gibt, ihren Beitrag zu präsentieren. Und die Künstlerin Andrea Nottaris präsentiert ihr Bild «Nachtisch» als passende Kulisse für Kaffee und Kuchen. «Damit wir gemeinsam den Nachtisch geniessen können, sind wir auf die Hilfe von Festbesuchern angewiesen. Bringen Sie Ihre selbst gemachten Wunderwerke oder auch gekauften Süssigkeiten mit. Wir freuen uns auf ein vielseitiges Dessertbuffet», rührt Sami die Werbetrommel für die Aktion.

Darüber hinaus präsentieren Amateur-Models auf der Bahnhofterrasse um 13.30 Uhr viel Style mit Mode aus dem Secondhand-Fundus der Caritas Solothurn.» Und wer schliesslich gerne, im Fall der Fälle, für ein Weilchen einen kühleren Ort aufsuchen möchte, der kann sich einer Führung durch den Aaretunnel anschliessen. Fünf Franken kostet der kühle Spass, die Teilnehmerzahl ist beschränkt.

Samstag, 15. Juni 2019, 11 bis 16 Uhr; bei schlechter Witterung in der Winkelunterführung. laendiwegfest.ch