
Podiumsdiskussion: Das Bauchgefühle als Klippe für Fusionen

Nein, eine «Arena», in welcher Gegnerinnen und Befürworter von Gemeindefusionen möglichst aggressiv aufeinanderprallen, war der Anlass der SP im Zofinger Bürgersaal gewollt nicht. Auf dem Podium waren Leute, die dem Titel der Veranstaltung «Gemeindefusionen – agieren oder parieren» eigentlich nur agieren abgewinnen können.
Den Auftakt machte Landammann Urs Hofmann, Chef des Departements des Innern eines Kantons, der Gemeindefusionen nicht erzwingt, aber finanziell fördert. In seinem Referat zeigte er anhand von Fusionsvorschlägen – welche Peter Gehler, Präsident Wirtschaft Region Zofingen (wrz) vor einiger Zeit gemacht hat – auf, um welche Summen es geht. Würden sich Aarburg, Brittnau, Oftringen und Zofingen zusammenschliessen, fliessen 22,9 Millionen Franken. Bei einer Fusion von Bottenwil, Kirchleerau, Kölliken, Moosleerau, Reitnau, Safenwil, Staffelbach, Uerkheim und Wiliberg (mit 166 Einwohnern die kleinste Gemeinde im Kanton) gäbe es 24,2 Millionen.
Aufstieg in die Nationalliga A
Was spricht aus Sicht von Landammann Hofmann für Fusionen? Hier sind bessere Dienstleistungen pro Kopf zu günstigeren Preisen zu nennen, aber auch die Besetzung der verschiedenen Ämter würde erleichtert; gerade in diesem Punkt haben immer mehr Gemeinden ihre liebe Mühe. Ein kritischer Punkt auf dem Weg zur Fusion ist für Hofmann zu wenig Transparenz. Eine neue Adresse oder Schulstandorte sind brennende Themen: «Kommunikation mit der Bevölkerung ist ein zentraler Erfolgsfaktor.»
Dies bestätigte ihm anschliessend auf dem Podium Roger Lehner, ehemaliger Gemeindeammann von Attelwil – heute ein Ortsteil von Reitnau – und Hans-Ruedi Hottiger, Stadtammann der Zentrumsgemeinde Zofingen. Bevor diese jedoch von Diskussionsleiter Lukas Fankhauser – Präsident der Zofinger Schulpflege – das Wort bekamen, sah sich «Fusions-Turbo» Gehler in die Zange genommen. Fankhauser wollte wissen, wie man sich fühlt, wenn man Motor hinter einer derzeit blockierten Idee ist. Gehler erinnerte an die Chancen, an den Bürgernutzen einer «Stadt Region Zofingen». Die würde 50 000 Einwohner zählen, also so gross sein «wie Thun und in der Nationalliga A spielen» – und zwar auf allen Ebenen.
Gabriela Suter ist Präsidentin der SP-Kantonalpartei, Grossrätin und – wichtig – im «Zukunftsraum Aarau» engagiert. In dessen Rahmen wird die Fusion Aaraus mit den beiden Entfelden, Suhr und Densbüren geprüft. Zentral ist für Suter die politische Integration der kleineren Partnerinnen. Einwohnerräte, sagt sie, können auch – wie der Grosse Rat – in Wahlkreisen gewählt werden. So bekommen die kleinen Fusionsgemeinden zugewiesene Sitzquoten. Nicht untergehen, von einer grösseren Partnerin geschluckt werden, das ist auch für Roger Lehner ein wichtiger Punkt. «Man muss sich in der neuen Gemeinde wohlfühlen können.» Für die Attelwiler sei das insofern einfacher gewesen, da sie mit Reitnau gemeinsame Vereine haben – die Feuerwehren waren bereits zusammengelegt. Aber, praktisch in letzter Minute, sei ein gewisser Widerstand der Ortsbürger aufgekommen. Sie fürchteten, in Zukunft nicht mehr stolze Attelwiler, sondern Reitnauer zu sein. Diese «weichen» Faktoren sind auch für Hans-Ruedi Hottiger eine grosse Hürde auf dem Weg zu einem Gemeindezusammenschluss. Die Lösung? Für Hottiger mit Schalk in den Augen, aber nicht unernst: «Im Vorfeld einer Fusion gemeinsame Feste feiern.»
Dazu meinte Urs Hofmann in seinem Referat: «Unsere Gemeinden wurden durch Napoleon als reine Verwaltungseinheiten geschaffen. Schön, wie sich in deren Grenzen ein Zusammengehörigkeitsgefühl und Traditionen entwickelt haben.» Diese bleiben in den Ortsteilen erhalten – und bereichern die neugebildete Gemeinde.