Magnetische Menschen

Bestimmt haben Sie auch schon an einem Bahnhof oder einem Flughafen auf jemanden gewartet. An den grösseren SBB-Bahnhöfen gibt es ja sogar offizielle Treffpunkte. Stehe ich bei einem solchen, fühle ich mich jeweils wie ein Magnet. Ein Magnet unter vielen anderen um mich herum. Alles Magnete, welche darauf warten, dass irgendwann jener andere Magnet erscheint, der sie anzieht. Ist es dann so weit, hört man förmlich dieses «Zack» – und die beiden Magnete laufen gemeinsam weg. Spannend zu beobachten ist nicht nur, wie sie sich anziehen, sondern auch, wie verschieden sie dies tun. Bei den einen gibt es eine Umarmung, bei den anderen drei Küsschen. Gewisse Magnete küssen sich leidenschaftlicher, während sich andere lediglich die Hand reichen. Gewisse Magnete finden sich vor ihrer gegenseitigen Anziehung minutenlang nicht. Sie rufen sich an. Und bemerken sich erst, wenn sie die Stimme des anderen auch ohne Telefon hören können. Natürlich gibt es an jedem Treffpunkt auch diese besonders witzigen Magnete, welche sich von hinten an den anderen Magneten anschleichen und ihm mit den Händen die Augen verdecken. Die Art und Weise, wie sich die Magnete gegenseitig anziehen, ist also unterschiedlich. Doch eines haben sie gemeinsam. Irgendwann liegt immer dieses «Zack» in der Luft –und die Magnete setzen ihren Weg gemeinsam fort.

Eine gute Methode, sich die Wartezeit an einem Treffpunkt zu vertreiben, besteht darin, zu raten, auf welche Magnete die anwesenden Personen warten. Während ich kürzlich bei einem etwa 13 Jahre alten Jungen fest davon ausging, dass bald sein Kollege erscheinen würde, kam stattdessen ein Mann Mitte 40. Ach so, dann steht wohl wieder einmal das berühmt berüchtigte «jedes zweite Wochenende» an. Der Mann fragt ihn etwas über das Mami. Und auch dann macht es «Zack». Die beiden Magnete ziehen von dannen.